Giengen an der Brenz
1463 aus dem benachbarten Hermaringen nach Giengen gekommen waren11, sowie mehrere Kapellen berei-
chert.12
2. Einführung der Reformation 1531-1548
Unter dem Einfluss der mächtigen Nachbarstadt Ulm wurde in der Kapelle des Heilig-Geist-Spitals ver-
mutlich seit 1528 evangelisch gepredigt.13 Aus der reformatorischen Bewegung in der Reichsstadt traten die
vier Bürger Sixt Tuchhöffter, Peter Pfundstain, Jakob Widenmann Keßler und Mathis Kneuelin14 hervor.
Am 5. Januar 1529 überreichten sie dem Rat eine umfangreiche Bittschrift, in der sie die Anstellung eines
evangelischen Predigers forderten.15 Die 1420 gestiftete Prädikatur in der Giengener Marienpfarrkirche
wurde zwar vom Rat besetzt, der Pfarrer musste dem vorgeschlagenden Kandidaten jedoch zustimmen. Auf
das Gesuch der vier Bürger hin einigten sich Rat und Pfarrer auf den evangelischen Prediger Martin Rauber.
Dieser stammte aus Nellingen, war zuvor Kaplan in Esslingen gewesen16 und predigte die neue Lehre in
Giengen zunächst bis zum Sommer 1531.17 Anschließend übernahm Kaspar Pfeiffelmann18 das Predigtamt.
Aufgrund der Quellenarmut und der erst 1534 einsetzenden Ratsprotokolle lassen sich die reformatorischen
Aktivitäten in der Reichsstadt erst mit diesem Jahr deutlicher fassen. Da Pfeiffelmann in seinen Predigten
gegen die Altgläubigen polemisiert hatte, wurde Rauber am 29. Juni 1534 als Prediger nach Giengen zurück-
erbeten.19 Er knüpfte seine Rückkehr jedoch unter anderem an die Bedingung, sein Amt ausschließlich nach
der evangelischen Lehre auszurichten.20 Hiermit war der Rat vor die religionspolitische Entscheidung
gestellt, denn bis zu Raubers Rückkehr scheint er neben der Zulassung evangelischer Prediger keine aktiven
Schritte zur Einführung der Reformation unternommen zu haben. Seit 1534 setzte sich der Magistrat
schließlich deutlicher für die Reformation in Giegen ein, nicht zuletzt auch aufgrund der veränderten poli-
tischen Verhältnisse: Herzog Ulrich von Württemberg war im Mai 1534 aus dem Exil in Mömpelgard
zurückgekehrt und hatte noch im selben Jahr begonnen, die Reformation in Württemberg einzuführen.21
An Ostern 1534 wurden in Giengen erste Reformen vorgenommen: Der katholische Brauch, in der
Karwoche mit Ratschen zu lärmen, wurde untersagt und stattdessen auf das Läuten der Glocken gedrun-
gen. Im Frühjahr 1535 wurde die Neuordnungen einiger Festtage beschlossen: Es stand jedermann frei, den
Georgstag (23. April) zu feiern, die Glocken sollten jedoch künftig wie an einem Werktag läuten.22 Die
Kreuzprozession am Markustag (25. April) wurde ebenso eingestellt wie diejenigen an Himmelfahrt, in der
Kreuzwoche und an Fronleichnam.23 Auch die Jahrtagsmessen wurden nicht mehr gefeiert.24
11 Zimmermann, Klosterbuch, S. 247.
12 Die seit 1275 in Giengen belegte Deutschordenskom-
mende bestand nur bis Mitte des 15. Jahrhunderts, vgl.
Militzer, Deutschordenskommende, S. 31-38.
13 Chronik der Stadt Giengen, S. 6.
14 StadtA Giengen Fasz. 59, Nr. 3; vgl. Chronik der Stadt
Giengen, S. 6.
15 StadtA Giengen LO-A-F, Nr. 87/1; vgl. Andler, Refor-
mation, S. 97-100; Magenau, Beschreibung, S. 61;
Stadtkirche Giengen, S. 15f.
16 Chronik der Stadt Giengen, S. 6. Wann genau Rauber
nach Giengen kam, ist nicht bekannt. Andler, Refor-
mation, S. 100 Anm. 2 nennt 1529 als Jahr seiner Anstel-
lung. Magenau, Beschreibung, S. 79 gibt 1531 an. Zu
Rauber siehe Arend, Rauber, S. 425-439; Cramer,
Pfarrerbuch III, Nr. 315; Schröder, Kirchenregiment,
S. 400; Magenau, Beschreibung, S. 62f., 79; Stadtkir-
che Giengen, S. 16-18 und S. 76.
17 Danach trat er bis 1534 in die Dienste Ulms, Arend,
Rauber, S. 427f.
18 Zu Pfeiffelmann siehe Cramer, Pfarrerbuch III,
Nr. 302; Stadtkirche Giengen, S. 76.
19 Andler, Reformation, S. 104; Stadtkirche Giengen,
S. 16.
20 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 25b, fol. 28b.
21 Vgl. Sehling, EKO XVI, S. 18 mit weiterführender
Literatur.
22 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 68a, 79a.
23 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 80a, 182a, 85a;
vgl. ebd., fol. 30a.
24 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 137a.
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1463 aus dem benachbarten Hermaringen nach Giengen gekommen waren11, sowie mehrere Kapellen berei-
chert.12
2. Einführung der Reformation 1531-1548
Unter dem Einfluss der mächtigen Nachbarstadt Ulm wurde in der Kapelle des Heilig-Geist-Spitals ver-
mutlich seit 1528 evangelisch gepredigt.13 Aus der reformatorischen Bewegung in der Reichsstadt traten die
vier Bürger Sixt Tuchhöffter, Peter Pfundstain, Jakob Widenmann Keßler und Mathis Kneuelin14 hervor.
Am 5. Januar 1529 überreichten sie dem Rat eine umfangreiche Bittschrift, in der sie die Anstellung eines
evangelischen Predigers forderten.15 Die 1420 gestiftete Prädikatur in der Giengener Marienpfarrkirche
wurde zwar vom Rat besetzt, der Pfarrer musste dem vorgeschlagenden Kandidaten jedoch zustimmen. Auf
das Gesuch der vier Bürger hin einigten sich Rat und Pfarrer auf den evangelischen Prediger Martin Rauber.
Dieser stammte aus Nellingen, war zuvor Kaplan in Esslingen gewesen16 und predigte die neue Lehre in
Giengen zunächst bis zum Sommer 1531.17 Anschließend übernahm Kaspar Pfeiffelmann18 das Predigtamt.
Aufgrund der Quellenarmut und der erst 1534 einsetzenden Ratsprotokolle lassen sich die reformatorischen
Aktivitäten in der Reichsstadt erst mit diesem Jahr deutlicher fassen. Da Pfeiffelmann in seinen Predigten
gegen die Altgläubigen polemisiert hatte, wurde Rauber am 29. Juni 1534 als Prediger nach Giengen zurück-
erbeten.19 Er knüpfte seine Rückkehr jedoch unter anderem an die Bedingung, sein Amt ausschließlich nach
der evangelischen Lehre auszurichten.20 Hiermit war der Rat vor die religionspolitische Entscheidung
gestellt, denn bis zu Raubers Rückkehr scheint er neben der Zulassung evangelischer Prediger keine aktiven
Schritte zur Einführung der Reformation unternommen zu haben. Seit 1534 setzte sich der Magistrat
schließlich deutlicher für die Reformation in Giegen ein, nicht zuletzt auch aufgrund der veränderten poli-
tischen Verhältnisse: Herzog Ulrich von Württemberg war im Mai 1534 aus dem Exil in Mömpelgard
zurückgekehrt und hatte noch im selben Jahr begonnen, die Reformation in Württemberg einzuführen.21
An Ostern 1534 wurden in Giengen erste Reformen vorgenommen: Der katholische Brauch, in der
Karwoche mit Ratschen zu lärmen, wurde untersagt und stattdessen auf das Läuten der Glocken gedrun-
gen. Im Frühjahr 1535 wurde die Neuordnungen einiger Festtage beschlossen: Es stand jedermann frei, den
Georgstag (23. April) zu feiern, die Glocken sollten jedoch künftig wie an einem Werktag läuten.22 Die
Kreuzprozession am Markustag (25. April) wurde ebenso eingestellt wie diejenigen an Himmelfahrt, in der
Kreuzwoche und an Fronleichnam.23 Auch die Jahrtagsmessen wurden nicht mehr gefeiert.24
11 Zimmermann, Klosterbuch, S. 247.
12 Die seit 1275 in Giengen belegte Deutschordenskom-
mende bestand nur bis Mitte des 15. Jahrhunderts, vgl.
Militzer, Deutschordenskommende, S. 31-38.
13 Chronik der Stadt Giengen, S. 6.
14 StadtA Giengen Fasz. 59, Nr. 3; vgl. Chronik der Stadt
Giengen, S. 6.
15 StadtA Giengen LO-A-F, Nr. 87/1; vgl. Andler, Refor-
mation, S. 97-100; Magenau, Beschreibung, S. 61;
Stadtkirche Giengen, S. 15f.
16 Chronik der Stadt Giengen, S. 6. Wann genau Rauber
nach Giengen kam, ist nicht bekannt. Andler, Refor-
mation, S. 100 Anm. 2 nennt 1529 als Jahr seiner Anstel-
lung. Magenau, Beschreibung, S. 79 gibt 1531 an. Zu
Rauber siehe Arend, Rauber, S. 425-439; Cramer,
Pfarrerbuch III, Nr. 315; Schröder, Kirchenregiment,
S. 400; Magenau, Beschreibung, S. 62f., 79; Stadtkir-
che Giengen, S. 16-18 und S. 76.
17 Danach trat er bis 1534 in die Dienste Ulms, Arend,
Rauber, S. 427f.
18 Zu Pfeiffelmann siehe Cramer, Pfarrerbuch III,
Nr. 302; Stadtkirche Giengen, S. 76.
19 Andler, Reformation, S. 104; Stadtkirche Giengen,
S. 16.
20 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 25b, fol. 28b.
21 Vgl. Sehling, EKO XVI, S. 18 mit weiterführender
Literatur.
22 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 68a, 79a.
23 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 80a, 182a, 85a;
vgl. ebd., fol. 30a.
24 StadtA Giengen, Ratsprotokolle I, fol. 137a.
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