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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 2. Teilband = Baden-Württemberg, 4): Reutlingen, Ulm, Esslingen, Giengen, Biberach, Ravensburg, Wimpfen, Leutkirch, Bopfingen, Aalen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.30657#0523
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10. Konkordie und Kirchenordnung 1578

trew verhaißen, zugesagt, trewlich und auffrecht zu-
laisten unnd zuhalten, namblich wa jemandts wer,
es sey mann oder weibß personen, so ainen under
unns ettwas von dem andern sagen und clagen wur-
de, das allßdann der, dem geklagt württ, sein colle-
gam auß christlicher lieb, sovil ime gebürt, verthä-
dingen, versprechen und der anntwurten wöll. Im
fall aber, das er unndersagens und warnens notturff-
tig, von ainem ding (so seiner person inn lehr und
leben übel anstüende) abzesteen, soll derselbig die
straff unnd freundtlichen vermanens seines mitt-
bruders christenlich auffnemen unnd denselbigen
manngel verbeßern.
Zum zechenden, wa ainer auf der canntzel inn
der predig ettwas reden oder fürgeben wurde, wöl-
ches der annder darfür hellt, das es göttlichem wortt
zuwider sein mecht, soll sollchs nit offennlich auf
der canntzel vor der gantzen gemain, sonnder pri-
vatim inn dem convent vorhin | von dem anndern
darumb angeredt unnd ains beßern verstandts, den
er darinnen mecht gehabt haben, von ime freundt-
lich gewißen werden.
Zum ailfften, dieweil auch kaine erbawung der
kirchen nimmer mehr kan erhalten oder gehoffet
werden, wa aineri ain ding unrecht haist unnd
strafft, wölches der annder wölte helffen verthädi-
gen, derwegen sollen unnd wollen wir unns deßen
auch befleißen, das wir von allen sachen, die reli-
gion, glauben unnd christenliche zucht belangendt,
ain gleichfermig iuditium haben unnd alles das, so
zu fride unnd ainigkait nit allain unnserer person
halben, sonnder der ganntzen kirchen dienen mag,
inn allweg fürnemen unnd alle unruehe, damit die
oberkait mechte beschwerdt werden, mit fleiß ver-
hüetten.
Zum zwelfften, so werden die verordtneten
kirchenherren unnd fürgesezten unnsrer religion
jalle monnatj fürterhin ain convent halten, darzu wir

i B: ein kürchendiener und prediger.
j-j B: alle vierthel jahr oder so offt es die notturfft erfor-
dert.
k-k B: ausser dergleichen conventen.
l B: fürnemmen, weysen.

auch, wa sy es begeren wurden, erscheinen sollen
unnd wellen, da ain jeder, was der kirchen fürfallen,
so zuverbeßern sein wurde, proponieren unnd für-
bringen mag. Wa aber kzwischen dem monatk was
vorhannden sein wurde, das zusamenzukomen von
nötten, sollen die verordtneten kirchenherren auf
unnser ansprechen unnd begern ain sonnder convent
halten, unnd so die sach so wichtig sein wurde, mö-
gen sy anndere eherliche, fürneme und verstendige
personen unnsrer kirchen unnd religion irres gefal-
lens auch dartzu erbitten unnd zu inen ziehen, alda
wir allerlay nottwendige sachen, die unnsere kür-
chen täglich fürfallen mechten, freundtlich fürbrin-
gen wöllen, dieweil wir alle | zugleich diser kirchen
vermeg unnserer bestallungen fürgesetzt sind, die
selbige herd mit rainem gotteswortt unnd ganntzen
geprauch der hailligen sacramenta zuwaiden20, auch
sambtlich unnd sonnderlich für unnsere zuhörrer am
jüngsten unnd großen tag werden unnserm erlößer
Jhesu Christo rechenschafft geben müeßen21. Unnd
soll inn den conventen alles, was zuverschwigen ist,
verschwigen und behalten, auch sonnst alles unnder
unns christlich, brüederlich unnd auffrecht, was zu
Gottes ehr unnd auffbawung unnserer kirchen, auch
zu frid unnd ainigkait diennstlich unnd nottwendig,
gehandelt werden.
Das wir nun solchs alles unnd was verner disen ob-
geschribnen puncten unnd arttickheln (ob schon
sollchs nit außtruckhenlich hierinn vermeldt) sonn-
sten ehenlich unnd gemäß, trewlich unnd ungevar-
lich, so war unns Gott helf, halten wöllen, haben
wir, prediger unnd kirchendiener der evangelischen
kirchen alhie zu Ravenspurg, ain jeder sein aigen
gewonnlich pettschirr22 hiefürgetruckhtt, darzu
auch aignen hannden unnd namen unnderschriben
inn gegenwürttigkait unnd beysein der edlen, ve-
sten, ernvesten, hochgelertenl unnd ernnhafften

20 Vgl. Joh 21,15-17; Apg 20,28; 1Petr 5,2.
21 Vgl. Mt 12,36; Röm 14,12.
22 Petschaft, Siegelstempel, vgl. DRW X, Sp. 628;
Grimm, DWb 13, Sp. 1579.

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