Einleitung
ten stützen sollten, war die Kirchenleitung von Elementen oberdeutscher Theologie geprägt, indem sechs
Älteste („seniores“) den Gotteskasten verwalteten und an der Kirchenzucht beteiligt waren.32
Am 4. November 1555 wurde die Ordnung der Wittgensteiner Pfarrerschaft durch zwei gräfliche
Beamte präsentiert und von der überwiegenden Mehrheit sowie von den beiden Schulmeistern in Berleburg
und Laasphe unterschrieben und damit angenommen. In der Liste der Unterschriften fehlen zwar diejeni-
gen der Pfarrer aus Birkelbach und Weidenhausen, diese Gemeinden wurden aber ebenfalls evangelisch.33
Neben dem Original der Ordnung mit den eigenhändigen Signaturen der Pfarrer und Schulmeister sind
drei zeitgenössische Abschriften bzw. Entwürfe ohne Unterschriften überliefert.34 Bei einem der Entwiirfe
finden sich zwei Schreiben Graf Ludwigs I., mit denen er die Pfarrer zunächst auf den 29. Oktober 1555 zur
Synode nach Laasphe einlud, den Termin aber anschließend auf den 13. November (Nr. lb) verlegte.35 Im
Hinblick auf die einzuberufende Synode wurden die Rentmeister instruiert, der Versammlung beizuwohnen
und den Wert der Kirchenschätze sowie der Paramente - im Hinblick auf deren späteren Verkauf - zu
verzeichnen. Ferner sollte allen Rentmeistern ein Exemplar der Kirchenordnung als Handhabe für ihre
Amtsführung übergeben werden (Nr. lc).
3. Fortsetzung der Reformation unter Ludwig I. (1558-1605)
Graf Wilhelm d.Ä. regierte die 1551 wiedervereinigte Grafschaft Wittgenstein bis 1557 gemeinsam mit
seinem Sohn Wilhelm d.J. Als dieser 1558 starb, trat er zurück und sein jüngster Sohn Ludwig36 (1532-
1605) übernahm die alleinige Herrschaft. Dass Ludwig der Grafschaft nicht nur als evangelischer Landes-
herr vorstehen sollte, sondern auch der maßgebliche Gestalter der Reformation in Wittgenstein werden
würde, war zunächst nicht absehbar. Ludwig war der jüngste von vier Brüdern und gemeinsam mit Georg
und Bernhard für den geistlichen Stand ausersehen. 1545 hatte er die Universität in Löwen bezogen und
sich 1548 zum Studium der Rechtswissenschaften nach Paris, später nach Orléans und Padua begeben.
Zwischen 1551 und 1553 hielt er sich in der Grafschaft Wittgenstein auf, trat dann aber eine ausgedehnte
Reise durch Europa an, während der er 1555 auch ein Jahr lang als Kämmerer an der päpstlichen Kurie in
Rom tätig war. 1557 stand er als Offizier in spanisch-niederländischen Diensten und kämpfte gemeinsam
mit seinem Bruder Wilhelm d. J. gegen König Heinrich II. von Frankreich. Nachdem Wilhelm d. J. in dieser
Schlacht gefallen war, trat Wilhelm d.Ä. von der Regierung zurück und ernannte Ludwig zu seinem Nach-
32 Kroh, Wiederentdeckung, S. 27-29; Hinsberg, Kir-
chengemeinde Berleburg, S. 19; ders., Sayn-Wittgenstein-
Berleburg, S. 123. Die Annahme von Stupperich, Hes-
sens Anteil, S. 159, dass der Wittgensteiner Ordnung „die
hessische Kirchenordnung von 1539“ (Ziegenhainer
Zuchtordnung oder Kasseler Kirchenordnung?) sowie
Bucers Kölnische Reformation von 1543 als Vorlage
gedient haben, ist hingegen nicht stichhaltig.
33 Burkardt, Kirchenordnung, S. 68f.; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 189; Schröer, Reforma-
tion 1, S. 212f.
34 Siehe unten, S. 79 Anm. a. Einem der drei Abschrif-
ten/Entwürfe fehlt der erste Abschnitt im Kapitel „Von
der Kirchenordnung“ bis einschließlich des Kapitels zu
den Kindbetterinnen.
35 FA Berleburg, Akten K 25.
36 Zu Ludwig I. siehe Pampus, Ludwig, S. 26-46; Bur-
kardt, Art. Sayn-Wittgenstein, Sp. 1190-1196; ders.,
Grafschaft Wittgenstein, S. 477f.; Burkardt/Lückel,
Das Fürstliche Haus, S. 5f.; Press, Calvinismus; Newe-
ling, Ludwig, S. 223-235; Cuno, Ludwig der Ältere von
Sayn, S. 44-61; ders., Ludwig der Ältere, der fromme, S.
624-626; Bauer, Reformation Wittgenstein, S. 34-43;
Kroh, Wiederentdeckung, S. 30-32; Herbers, Beiträge,
S. 110-112; Menk, Politische Kultur, S. 73-75; ders.,
Territorialstaat. S. 194 Anm. 39; Heckmann, Ge-
schichte, S. 37-45; ders., Ludwig der Ältere, S. 23-28;
ders., Reformation, S. 20f.; Hinsberg, Sayn-Wittgen-
stein-Berleburg, S. 127-148. Zu Ludwigs besonderen Ver-
diensten zählt, dass er dem aus dem wittgensteinischen
Diedenshausen stammenden Johannes Althusius, der
einer der bedeutendsten Juristen und Staatsrechtler wer-
den sollte, das Studium finanzierte, Burkardt u.a., Kir-
chen des Kirchenkreises, S. 24; Menk, Althusius, S. 9-39;
Bildheim, Staatstheorien, S. 63-84.
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ten stützen sollten, war die Kirchenleitung von Elementen oberdeutscher Theologie geprägt, indem sechs
Älteste („seniores“) den Gotteskasten verwalteten und an der Kirchenzucht beteiligt waren.32
Am 4. November 1555 wurde die Ordnung der Wittgensteiner Pfarrerschaft durch zwei gräfliche
Beamte präsentiert und von der überwiegenden Mehrheit sowie von den beiden Schulmeistern in Berleburg
und Laasphe unterschrieben und damit angenommen. In der Liste der Unterschriften fehlen zwar diejeni-
gen der Pfarrer aus Birkelbach und Weidenhausen, diese Gemeinden wurden aber ebenfalls evangelisch.33
Neben dem Original der Ordnung mit den eigenhändigen Signaturen der Pfarrer und Schulmeister sind
drei zeitgenössische Abschriften bzw. Entwürfe ohne Unterschriften überliefert.34 Bei einem der Entwiirfe
finden sich zwei Schreiben Graf Ludwigs I., mit denen er die Pfarrer zunächst auf den 29. Oktober 1555 zur
Synode nach Laasphe einlud, den Termin aber anschließend auf den 13. November (Nr. lb) verlegte.35 Im
Hinblick auf die einzuberufende Synode wurden die Rentmeister instruiert, der Versammlung beizuwohnen
und den Wert der Kirchenschätze sowie der Paramente - im Hinblick auf deren späteren Verkauf - zu
verzeichnen. Ferner sollte allen Rentmeistern ein Exemplar der Kirchenordnung als Handhabe für ihre
Amtsführung übergeben werden (Nr. lc).
3. Fortsetzung der Reformation unter Ludwig I. (1558-1605)
Graf Wilhelm d.Ä. regierte die 1551 wiedervereinigte Grafschaft Wittgenstein bis 1557 gemeinsam mit
seinem Sohn Wilhelm d.J. Als dieser 1558 starb, trat er zurück und sein jüngster Sohn Ludwig36 (1532-
1605) übernahm die alleinige Herrschaft. Dass Ludwig der Grafschaft nicht nur als evangelischer Landes-
herr vorstehen sollte, sondern auch der maßgebliche Gestalter der Reformation in Wittgenstein werden
würde, war zunächst nicht absehbar. Ludwig war der jüngste von vier Brüdern und gemeinsam mit Georg
und Bernhard für den geistlichen Stand ausersehen. 1545 hatte er die Universität in Löwen bezogen und
sich 1548 zum Studium der Rechtswissenschaften nach Paris, später nach Orléans und Padua begeben.
Zwischen 1551 und 1553 hielt er sich in der Grafschaft Wittgenstein auf, trat dann aber eine ausgedehnte
Reise durch Europa an, während der er 1555 auch ein Jahr lang als Kämmerer an der päpstlichen Kurie in
Rom tätig war. 1557 stand er als Offizier in spanisch-niederländischen Diensten und kämpfte gemeinsam
mit seinem Bruder Wilhelm d. J. gegen König Heinrich II. von Frankreich. Nachdem Wilhelm d. J. in dieser
Schlacht gefallen war, trat Wilhelm d.Ä. von der Regierung zurück und ernannte Ludwig zu seinem Nach-
32 Kroh, Wiederentdeckung, S. 27-29; Hinsberg, Kir-
chengemeinde Berleburg, S. 19; ders., Sayn-Wittgenstein-
Berleburg, S. 123. Die Annahme von Stupperich, Hes-
sens Anteil, S. 159, dass der Wittgensteiner Ordnung „die
hessische Kirchenordnung von 1539“ (Ziegenhainer
Zuchtordnung oder Kasseler Kirchenordnung?) sowie
Bucers Kölnische Reformation von 1543 als Vorlage
gedient haben, ist hingegen nicht stichhaltig.
33 Burkardt, Kirchenordnung, S. 68f.; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 189; Schröer, Reforma-
tion 1, S. 212f.
34 Siehe unten, S. 79 Anm. a. Einem der drei Abschrif-
ten/Entwürfe fehlt der erste Abschnitt im Kapitel „Von
der Kirchenordnung“ bis einschließlich des Kapitels zu
den Kindbetterinnen.
35 FA Berleburg, Akten K 25.
36 Zu Ludwig I. siehe Pampus, Ludwig, S. 26-46; Bur-
kardt, Art. Sayn-Wittgenstein, Sp. 1190-1196; ders.,
Grafschaft Wittgenstein, S. 477f.; Burkardt/Lückel,
Das Fürstliche Haus, S. 5f.; Press, Calvinismus; Newe-
ling, Ludwig, S. 223-235; Cuno, Ludwig der Ältere von
Sayn, S. 44-61; ders., Ludwig der Ältere, der fromme, S.
624-626; Bauer, Reformation Wittgenstein, S. 34-43;
Kroh, Wiederentdeckung, S. 30-32; Herbers, Beiträge,
S. 110-112; Menk, Politische Kultur, S. 73-75; ders.,
Territorialstaat. S. 194 Anm. 39; Heckmann, Ge-
schichte, S. 37-45; ders., Ludwig der Ältere, S. 23-28;
ders., Reformation, S. 20f.; Hinsberg, Sayn-Wittgen-
stein-Berleburg, S. 127-148. Zu Ludwigs besonderen Ver-
diensten zählt, dass er dem aus dem wittgensteinischen
Diedenshausen stammenden Johannes Althusius, der
einer der bedeutendsten Juristen und Staatsrechtler wer-
den sollte, das Studium finanzierte, Burkardt u.a., Kir-
chen des Kirchenkreises, S. 24; Menk, Althusius, S. 9-39;
Bildheim, Staatstheorien, S. 63-84.
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