Die Grafschaft Wittgenstein
8. Eheordnung Juli 1579 (Text S. 127)
Die Eheordnung, die mit „Collectanea, zu einer ehe ordnung gehörig“ überschrieben ist, regelt zahlreiche
Materien des Miteinanders der Geschlechter. Neben dem Eheschluss an sich und der Reglementierung des
Tanzens bei Hochzeitsfeiern befasst sich die Ordnung auch mit Tauffeiern, Spinnstuben, Fastnachtsbräu-
chen, Unzucht, Ehebruch und Feiertagsheiligung.71
Der einleitende Abschnitt erwähnt, dass die Ordnung „hiermitt wiederhohlet“ werde, sie geht also auf
ein älteres Ordnungswerk zurück, das jedoch nicht erhalten ist.72 In der Eheordnung von 1579, die innerhalb
des Wittgensteiner Landrechts überliefert ist, sind einige Blätter in der unteren Hälfte abgerissen. Nach der
Notiz auf einer Vacatseite zu Beginn des Codex wurden diese Fehlstellen 1946 mit Hilfe anderer Akten
rekonstruiert.73 Die modernen Ergänzungen enthalten jedoch einige unsinnige Lesarten, die in unserem
Abdruck - soweit möglich - stillschweigend korrigiert wurden.74
9. Mandate zu Pfarrgütern und Gottesdiensten 1584
9a. Mandat, die Pfarrgüter zu schiitzen 5. Juni 1584 (Text S. 131)
9b. Mandat zu Gottesdiensten, Katechismusunterricht und Pfarrgiitern 24. Oktober 1584 (Text S. 133)
Am 5. Juni beauftragte Ludwig von Wittgenstein die Rentmeister und Schultheißen in Berleburg, Witt-
genstein und Richstein, ein besonderes Augenmerk auf die Pfarrgiiter zu haben. Die Kirchendiener hatten
dariiber geklagt, dass ihre Äcker und Wiesen immer wieder verwiistet worden seien und dass sie folglich sich
selbst und ihre Familien nicht ernähren und letztlich ihr Pfarramt nicht versehen könnten. Die Empfänger
des Mandats sollten die Täter strafen und kiinftigen Schandtaten wehren (Nr. 9a).
Im Oktober 1584 erließ Graf Ludwig ein weiteres Mandat, das an alle Pfarrer der Grafschaft gerichtet
war (Nr. 9b). Hiermit antwortete er auf die bei der letzten Synode beratenen Themen: Die Ältesten und
„policeygeschwornen“ sollten Listen der Personen anlegen, die nicht in den sonntäglichen Gottesdiensten
erschienen waren. Die Säumigen sollten vorgeladen werden und 6 Pfennig Strafe zahlen. Ferner sollten die
Ältesten darauf achten, dass die Kinder regelmäßig die Katechismusgottesdienste besuchten. Ein weiterer
Punkt betrifft die Einkünfte der Kirchendiener. Ein Mandat gleichen Inhalts ging unter demselben Datum
auch an die Rentmeister und Schultheißen jedes Amts in der Grafschaft.75
10. Synodalprotokoll 17. März 1585 (Text S. 134)
Neben den Zusammenkünften der Wittgensteiner Pfarrer und Prediger gewannen auch die von Johann VI.
von Nassau-Dillenburg Ende der 1570er Jahre einberufenen Synoden für die Grafschaft Wittgenstein
immer größere Bedeutung, zumal der Nassauer Graf den Plan einer mit den benachbarten Territorien
Wittgenstein, Solms-Braunfels und Wied übereinstimmenden reformierten Kirchenleitung verfolgte.76 Der
tionsgeschichte, S. 190; Schröer, Reformation 1, S. 453;
Herbers, Beiträge, S. 111; Kroh, Wiederentdeckung,
S. 57; Kohl, Zeitalter der Glaubenskämpfe, S. 522.
71 Zum Inhalt siehe Herbers, Beiträge, S. 122f.
72 Hartnack, Landrecht, S. 16 meint, dass die ältere Ord-
nung von 1573 stamme, und verweist auf Bauer, Refor-
mation Wittgenstein, S. 60ff., der jedoch keinen Beleg
angibt. Die von Bauer zitierten Stellen aus der vermeint-
lichen Eheordnung von 1573 entsprechen wörtlich denje-
nigen der Ordnung von 1579 - einschließlich des ange-
hängten Mandats zum Ungehorsam gegen die Eltern - ,
so dass fraglich scheint, ob es sich bei der von Bauer
zitierten Ordnung um die ältere Eheordnung handelt.
73 „Restauriert und handschriftlich ergänzt im Jahre 1946
durch Marie von Morsbach, Restaurator des Kupferstich-
kabinetts in Düsseldorf“.
74 Vgl. Hartnack, Landrecht, S. 55 Anm. *.
75 FA Berleburg, Akten K 12.
76 Dieses Bemühen wurde durch die Verschwägerung der
vier Territorien begünstigt. „Insbesondere waren die ver-
wandtschaftlichen Beziehungen der Kinder Graf Ludwigs
[von Wittgenstein] zum nassau-dillenburgischen Grafen-
70
8. Eheordnung Juli 1579 (Text S. 127)
Die Eheordnung, die mit „Collectanea, zu einer ehe ordnung gehörig“ überschrieben ist, regelt zahlreiche
Materien des Miteinanders der Geschlechter. Neben dem Eheschluss an sich und der Reglementierung des
Tanzens bei Hochzeitsfeiern befasst sich die Ordnung auch mit Tauffeiern, Spinnstuben, Fastnachtsbräu-
chen, Unzucht, Ehebruch und Feiertagsheiligung.71
Der einleitende Abschnitt erwähnt, dass die Ordnung „hiermitt wiederhohlet“ werde, sie geht also auf
ein älteres Ordnungswerk zurück, das jedoch nicht erhalten ist.72 In der Eheordnung von 1579, die innerhalb
des Wittgensteiner Landrechts überliefert ist, sind einige Blätter in der unteren Hälfte abgerissen. Nach der
Notiz auf einer Vacatseite zu Beginn des Codex wurden diese Fehlstellen 1946 mit Hilfe anderer Akten
rekonstruiert.73 Die modernen Ergänzungen enthalten jedoch einige unsinnige Lesarten, die in unserem
Abdruck - soweit möglich - stillschweigend korrigiert wurden.74
9. Mandate zu Pfarrgütern und Gottesdiensten 1584
9a. Mandat, die Pfarrgüter zu schiitzen 5. Juni 1584 (Text S. 131)
9b. Mandat zu Gottesdiensten, Katechismusunterricht und Pfarrgiitern 24. Oktober 1584 (Text S. 133)
Am 5. Juni beauftragte Ludwig von Wittgenstein die Rentmeister und Schultheißen in Berleburg, Witt-
genstein und Richstein, ein besonderes Augenmerk auf die Pfarrgiiter zu haben. Die Kirchendiener hatten
dariiber geklagt, dass ihre Äcker und Wiesen immer wieder verwiistet worden seien und dass sie folglich sich
selbst und ihre Familien nicht ernähren und letztlich ihr Pfarramt nicht versehen könnten. Die Empfänger
des Mandats sollten die Täter strafen und kiinftigen Schandtaten wehren (Nr. 9a).
Im Oktober 1584 erließ Graf Ludwig ein weiteres Mandat, das an alle Pfarrer der Grafschaft gerichtet
war (Nr. 9b). Hiermit antwortete er auf die bei der letzten Synode beratenen Themen: Die Ältesten und
„policeygeschwornen“ sollten Listen der Personen anlegen, die nicht in den sonntäglichen Gottesdiensten
erschienen waren. Die Säumigen sollten vorgeladen werden und 6 Pfennig Strafe zahlen. Ferner sollten die
Ältesten darauf achten, dass die Kinder regelmäßig die Katechismusgottesdienste besuchten. Ein weiterer
Punkt betrifft die Einkünfte der Kirchendiener. Ein Mandat gleichen Inhalts ging unter demselben Datum
auch an die Rentmeister und Schultheißen jedes Amts in der Grafschaft.75
10. Synodalprotokoll 17. März 1585 (Text S. 134)
Neben den Zusammenkünften der Wittgensteiner Pfarrer und Prediger gewannen auch die von Johann VI.
von Nassau-Dillenburg Ende der 1570er Jahre einberufenen Synoden für die Grafschaft Wittgenstein
immer größere Bedeutung, zumal der Nassauer Graf den Plan einer mit den benachbarten Territorien
Wittgenstein, Solms-Braunfels und Wied übereinstimmenden reformierten Kirchenleitung verfolgte.76 Der
tionsgeschichte, S. 190; Schröer, Reformation 1, S. 453;
Herbers, Beiträge, S. 111; Kroh, Wiederentdeckung,
S. 57; Kohl, Zeitalter der Glaubenskämpfe, S. 522.
71 Zum Inhalt siehe Herbers, Beiträge, S. 122f.
72 Hartnack, Landrecht, S. 16 meint, dass die ältere Ord-
nung von 1573 stamme, und verweist auf Bauer, Refor-
mation Wittgenstein, S. 60ff., der jedoch keinen Beleg
angibt. Die von Bauer zitierten Stellen aus der vermeint-
lichen Eheordnung von 1573 entsprechen wörtlich denje-
nigen der Ordnung von 1579 - einschließlich des ange-
hängten Mandats zum Ungehorsam gegen die Eltern - ,
so dass fraglich scheint, ob es sich bei der von Bauer
zitierten Ordnung um die ältere Eheordnung handelt.
73 „Restauriert und handschriftlich ergänzt im Jahre 1946
durch Marie von Morsbach, Restaurator des Kupferstich-
kabinetts in Düsseldorf“.
74 Vgl. Hartnack, Landrecht, S. 55 Anm. *.
75 FA Berleburg, Akten K 12.
76 Dieses Bemühen wurde durch die Verschwägerung der
vier Territorien begünstigt. „Insbesondere waren die ver-
wandtschaftlichen Beziehungen der Kinder Graf Ludwigs
[von Wittgenstein] zum nassau-dillenburgischen Grafen-
70