1a. Kirchenordnung 1555
etzlich pastores im predigambt gantz laß7, auch uff
ire predigen nichts oder aber ser wenig studirenn
und darnach uff die feier- und andere predigdage uß
den deutschen postillen8 ohn alles judicium und un-
terscheit herfurprengen, wes sie von ungefehr behal-
ten und sie gut duncket, und also irem ambt der
gebuere nit vurstehen, hierumb und zuverkomung
solcher faulheit und mangels ordnen und wollen wir,
das alle und jede pastores |19| alle und jede ihre pre-
digen, die sie hinfurter zwischen den synodis thun
werden, in schriften verfassen und concipiren, das
auch der superintendens beiwesen unsers befelcha-
bers von einem jeden pfarhern seiner gethanen pre-
digen concepta uff den visitationibus erforderen, die
besichtigen und urtheilen, auch, so er unfleis darin
spuren wurde, denselbigen kirchenthiener darumb
zu redde stellen und gegen die negste visitation fleis-
siger concepta zuuberlifferen befellen oder gewertig
sein solle, das mhan solchs an uns werde gelangen
lassen und ihnen nit alleine zu spott, sonder zu un-
gnade und in andere straffen brengen werde.
[4.] Von predigern und irer annemunge
Nachdem sich vilmols zudregt, das nach abgang der
voriger, auch aus mangel der inlendischen prediger,
[man] etwa frembde gesellen, so unbekant, auch ei-
ner mit disem, ein ander mit einem anderen feel,
laster oder secten behafftet, zu kirchendieneren an-
nemen muß, welche, so sie angenommen, in kleine
zeit mher zerstoren, dan vil frommer darnach |20| [in]
dester grosser zeit wider auffrichten unnd bessern
mogen, hierumb, und so sich solcher fall begeben
wurde, ordnen, setzen unnd wollen wir, so mhan ei-
nen frembden oder auslendigen prediger zum predig-
ambt zulassen und annemen muß, das derselbig
frembde prediger uffzuziehen und zur possession der
vacirenden pfar nit zugelassen werden soll, er habe
dan von den orten, da er vor gewesen ist, beide, sei-
nes ehrlichen und zuchtigen lebens und auch der
lehr guete und gewisse urkund unnd zeugnisse.
7 Lasch, nachlässig.
8 Vgl. Martin Luthers Kirchenpostille von 1522 (Advents-
und Weihnachtspostille) sowie die Hauspostille von
1544, WA 10/1, WA 52.
Damit mhan auch wissen moge, ob er gesonder
oder ungesonder lehr sei, soll er in seiner lehr und
glauben woll und fleissig examinirt werden.
Auch zuerkundigen, ob er zu solchem ambt dien-
lich und annemblich sei, so soll er ein offentlichen
sermon, ja, so argkwon vorhanden, das er allein eine
predig, dorin er bewant were, zuthun wiste, zwoe
oder mher sermones thun, und zu befindung solchs
arckwons soll ihme der superintendens (wovor er
ides mhal predigen soll) materiam anzeugen und ar-
gumentum geben. |21|
Dem allem nach, so an seinem testimonio, lehr,
leben und kunst kein mangel vorhanden, deshalb er
pillich solte und mochte verworffen und reiciirt wer-
den, soll er per impositionem manuum bestettigt
und confirmirt werden. So aber die vitia und men-
gel, die sich in synodis und visitationibus befinden
werden, geburlich nit solten abgeschafft, auch durch
den weg ordenlicher und gebuerlicher straffe ferner
verhuet und ufgehalten werden, wurde zuletzst an-
ders nichts dan mera licentia, dardurch man je len-
ger, je erger und schnoder9 wirdet, erfolgen. Hier-
umb und zu verhuetung desselbigen sehen wir vor
gut an, das unser befelchaber, den wir dem superin-
tendenten und visitatori zuordnen werden, alle vi-
tia, mengel und gebrechen, die sich im synodo, in
visitatione und sonst begeben und zudragen, anho-
re, unnd uns dieselbigen nach gehaltenem synodo
und visitatione vermelde, auch von uns bescheits
erwarte, wie und welcher gestalt solche mengel und
vitia verbuesset und gestraffet werden sollen. |22|
[5.] Wovon der uncost, der auff den synodum,
dergleichen uff die visitationes, lauffen wirdet, solle
genommen und bezalet werdenn
Erstlich und sovil den uncosten, der uff den syn-
odum gehen wirdet, belangen thut, ordnen und set-
zen wir, das der von den gefellen der bruderschaff-
ten, dergleichen vom einkommen des kalandts10
solle entrichtet werden. Unnd im fall, das einig ein-
9 Erger und schnoder = schlimmer und verächtlicher.
10 Kalandsbruderschaften waren zur Fürsorge für Arme
und Kranke vorwiegend in Mittel- und Norddeutsch-
land gegründet worden. In Laasphe bestand ebenfalls ein
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etzlich pastores im predigambt gantz laß7, auch uff
ire predigen nichts oder aber ser wenig studirenn
und darnach uff die feier- und andere predigdage uß
den deutschen postillen8 ohn alles judicium und un-
terscheit herfurprengen, wes sie von ungefehr behal-
ten und sie gut duncket, und also irem ambt der
gebuere nit vurstehen, hierumb und zuverkomung
solcher faulheit und mangels ordnen und wollen wir,
das alle und jede pastores |19| alle und jede ihre pre-
digen, die sie hinfurter zwischen den synodis thun
werden, in schriften verfassen und concipiren, das
auch der superintendens beiwesen unsers befelcha-
bers von einem jeden pfarhern seiner gethanen pre-
digen concepta uff den visitationibus erforderen, die
besichtigen und urtheilen, auch, so er unfleis darin
spuren wurde, denselbigen kirchenthiener darumb
zu redde stellen und gegen die negste visitation fleis-
siger concepta zuuberlifferen befellen oder gewertig
sein solle, das mhan solchs an uns werde gelangen
lassen und ihnen nit alleine zu spott, sonder zu un-
gnade und in andere straffen brengen werde.
[4.] Von predigern und irer annemunge
Nachdem sich vilmols zudregt, das nach abgang der
voriger, auch aus mangel der inlendischen prediger,
[man] etwa frembde gesellen, so unbekant, auch ei-
ner mit disem, ein ander mit einem anderen feel,
laster oder secten behafftet, zu kirchendieneren an-
nemen muß, welche, so sie angenommen, in kleine
zeit mher zerstoren, dan vil frommer darnach |20| [in]
dester grosser zeit wider auffrichten unnd bessern
mogen, hierumb, und so sich solcher fall begeben
wurde, ordnen, setzen unnd wollen wir, so mhan ei-
nen frembden oder auslendigen prediger zum predig-
ambt zulassen und annemen muß, das derselbig
frembde prediger uffzuziehen und zur possession der
vacirenden pfar nit zugelassen werden soll, er habe
dan von den orten, da er vor gewesen ist, beide, sei-
nes ehrlichen und zuchtigen lebens und auch der
lehr guete und gewisse urkund unnd zeugnisse.
7 Lasch, nachlässig.
8 Vgl. Martin Luthers Kirchenpostille von 1522 (Advents-
und Weihnachtspostille) sowie die Hauspostille von
1544, WA 10/1, WA 52.
Damit mhan auch wissen moge, ob er gesonder
oder ungesonder lehr sei, soll er in seiner lehr und
glauben woll und fleissig examinirt werden.
Auch zuerkundigen, ob er zu solchem ambt dien-
lich und annemblich sei, so soll er ein offentlichen
sermon, ja, so argkwon vorhanden, das er allein eine
predig, dorin er bewant were, zuthun wiste, zwoe
oder mher sermones thun, und zu befindung solchs
arckwons soll ihme der superintendens (wovor er
ides mhal predigen soll) materiam anzeugen und ar-
gumentum geben. |21|
Dem allem nach, so an seinem testimonio, lehr,
leben und kunst kein mangel vorhanden, deshalb er
pillich solte und mochte verworffen und reiciirt wer-
den, soll er per impositionem manuum bestettigt
und confirmirt werden. So aber die vitia und men-
gel, die sich in synodis und visitationibus befinden
werden, geburlich nit solten abgeschafft, auch durch
den weg ordenlicher und gebuerlicher straffe ferner
verhuet und ufgehalten werden, wurde zuletzst an-
ders nichts dan mera licentia, dardurch man je len-
ger, je erger und schnoder9 wirdet, erfolgen. Hier-
umb und zu verhuetung desselbigen sehen wir vor
gut an, das unser befelchaber, den wir dem superin-
tendenten und visitatori zuordnen werden, alle vi-
tia, mengel und gebrechen, die sich im synodo, in
visitatione und sonst begeben und zudragen, anho-
re, unnd uns dieselbigen nach gehaltenem synodo
und visitatione vermelde, auch von uns bescheits
erwarte, wie und welcher gestalt solche mengel und
vitia verbuesset und gestraffet werden sollen. |22|
[5.] Wovon der uncost, der auff den synodum,
dergleichen uff die visitationes, lauffen wirdet, solle
genommen und bezalet werdenn
Erstlich und sovil den uncosten, der uff den syn-
odum gehen wirdet, belangen thut, ordnen und set-
zen wir, das der von den gefellen der bruderschaff-
ten, dergleichen vom einkommen des kalandts10
solle entrichtet werden. Unnd im fall, das einig ein-
9 Erger und schnoder = schlimmer und verächtlicher.
10 Kalandsbruderschaften waren zur Fürsorge für Arme
und Kranke vorwiegend in Mittel- und Norddeutsch-
land gegründet worden. In Laasphe bestand ebenfalls ein
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