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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0103
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1a. Kirchenordnung 1555

das es in einem lande, ja in einer kirchen, anderst
dan in der andern ist gehalten worden, mercklich
gestossen und geergert, und das also die jenigen, die
erstlich dem evangelio etwas zugethan gewesen,
auch mit der zeit zu volliger erkentnis der warheit
kommen weren, umb solcher mißordnong und un-
gleicheit |26| willen der evangelischen lehr (nicht
ohne mercklichen schadden und nachteil) nit allein
abfellig, sonder auch zuletzst uffs eusserst zugegen
werden seint, hierumb und dieweil die evangelischen
lehr in dissenn landen noch frisch und ungep[f]lant-
zet, und die leuth darin noch nicht, wiewol notig
were, erbauhet, und also sich uß solcher ungleich-
formigen kirchenordnongen im anfang leichtlich und
mher ergern dan erbauhen und bessern mochten,
sonderlich aber zuverhutung unnotiger ergernussen,
sollen alle pfarher und ministry der kirchen sich der
ordnong15, so wir ihnen ehemals uberschickt (allein
das jenig, in dem laut disser unser ordnong ander
form und maß gegeben wirdt, usgenomen), gleich,
sonderlich, so vil die festa belangt, eß einer wie der
ander, und entlich keiner anderst dan der ander in
der kirchen ordnongen halten und vornemen.
[1.] Von dem inleitten der gewesenen
kintbetterin16
Das inleiten der gewesen kintbetterin |27| belangen-
de, befinden wir allerlei mißbrauch, den wir aber
hiemit gentzlich abgeschafft und uffgehaben unnd
demnach allen und jeden kirchenthienern und sel-
sorgern obgerurter unser graveschafft Witgenstein
und dorin gehoriger ambt, stett, flecken unnd pfar-
ren ernstlich ufferlegt unnd befollen haben wollen,
das sie in dem die alten papistische ceremonien
gentzlich fallen unnd dissen alten boesen brauch mit
einer christlichen vermhanonge und unterweisonge
erstatten und verbessern sollen, dogegen soll den
15 Nicht überliefert, sie entstand vermutlich um 1552, siehe
oben, S. 61.
16 Die Wiedereinführung der Wöchnerinnen in die Gemein-
de (Aussegnung) basiert auf Lev 12,1-8. Vgl. DRW VII,
Sp. 815f. Siehe auch die Bestimmungen in der Waldecker
Predigerordnung für Korbach von 1545, Sehling,
EKO IX, S. 217 Anm. 7, und in der Pfalz-Neuburger
Kirchenordnung von 1543, Sehling, EKO XIII, S. 56

ministris an den orten, da es noch breuchlich ist, ir
alte recht wie vor gefallen und werden, angesehen,
das mhan zu underhaltung der kirchenthiener
nhunmher nist oder ser wenig steuret, derhalb
mhan, wes von alters her kommen ist, desto genau-
her behalten muß.
[2.] Vom gotteskasten und kastameisteren, auch von
insamlen und auspendong der ingesamleten
almosenn
Also unnd wiewol ein gemeiner gotlich |28| befelch,
das sich ein jeder christ der bruderlichen lib erinnern
unnd die armen sich bepholen lossen sein solle17,
doch und insonderheit achten wir uns dragender ob-
rigkeit halb, die sich vor andern der armen annemen
soll, pflichtig unnd schuldig sein, durch gute an-
richtonge dis christlichen werck hogstes unsers
vermogens zubefordern und die in christlicher libe
erkalten gemuth zu pruderlicher libe hinwider zu-
entzunden.
Bephelen derhalb vorß erste allen unnd jeden
obg[enannten] kirchenthienern ernstlich unnd wol-
len, das sie bei allen und jeden iren predigen die un-
derthanen uß Gottis wort und mit allem vleisse an-
halten und sie vermanen sollen, das irer jeder nach
gelegenheit seins vermogens den haußarmen18 und
gebrechlichen elenden mitdeilen, helffen und steuren
wolle.
Domit aber im schein des armuts die almosen
andern nit dan den rechten und wharen armen ge-
hantreicht werden, so ordnen und wollen wir, das
von nun an in allen unsern obg. kirchen gemeine
gottes-|29| kasten mit zweien verenderten19 schlos-
sen unnd schlusseln uffgerichtet und gemacht, auch
aus jeder pfarkirchen uß den sechs senioren, die dan
in ider pfar erwelet sollen werden, zwen zu kasten-
meistern angesetzt und dieselbigen mit eiden beladen
Anm. 32f. sowie in den Erläuterungspunkten zur Nas-
sau-Weilburger Kirchenordnung von 1617, Seliling,
EKO X, S. 351 Anm. 26.
17 Vgl. Mt 19,21; 25,34-40; Mk 10,21; Lk 18,22.
18 Den heimischen Bedürftigen, die in einer Stadt oder ei-
nem Territorium ansässig waren.
19 Unterschiedlichen.

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