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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0104
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Wittgenstein

werden, das sie alles das jenig, so in den kasten ge-
fellet, in angesicht der gantzen kirchen in die uff-
gerichte gottiskasten inschutten sollen und dorin
kein untreu brauchen wollen. Es sollen auch die ka-
stenmeister der schlussel einen und der pfarher den
andern in guter, sicherer gewarsame halten. Und
sollen dieselbige kasten, so offt es noth, durch die
obg. personen eins mhals eroffnet und, wes dorin
befonden, durch die kastenmeister, beiseins des su-
perintendentis und uff den dorffen in gegenwertig-
keit des pastors mit rathe der senioren, welche der
armen und gebrechlichen wissens haben, ußgegeben
und under die armen distribuirt werden.
Wen sich auch hochtzeiten und andere derglei-
chen | 30 | ehrliche und zuchtige geselschafften bege-
ben, soll einer uß den kastenmeistern, und je einer
umb den andern, domit sich keiner der vilheit zu-
beschweren habe, mit einer almosenbuxen (die dan
durch ein ide fabrick darzu forderlich gemacht wer-
den soll) erscheinen, die hochzeitsleuth unnd -gest
der armen, elenden gebrechligkeit erinnern und umb
Gottes willen ihnen das heilig almus mitzudeilen
bitten, und wes er also insamlet, das alles soll obg.
massen getreulich zum gottiskasten reponirt und
hinwider ußgedeilt werden.
So auch einigerlei inkommens bei unnd hinder
den kirchen oder sonst, das zuo mißbrauch were an-
gelegt gewesen, uber kurtz oder lang mocht befon-
denn werden, dasselbig soll jederzeit zubehube20 des
gotteskasten und den armen zu gute ingezogen und
obg. massen ußgedeilt werdenn.
[3.] Von der kirchenzucht und disciplin | 31 |
Und dweil an dem nit weniger gelegen sein will, das
ein ordentlich und christlich wesen und zucht gehegt
und erhalten dan angerichtet werde, so auch die
menschlichen gemuther ohne regulen und ordnon-
gen von bosen nit leichtlich abzuhalten seint, hier-
umb so ordnen und wollen wir, das in allen obg. un-
sern kirchen die rechte und whare geistliche zucht,
so in ausschlißsong der unbuesfertigen beruhedt, zu
20 Zum Nutzen.
21 Siehe oben, Anm. 15.
22 Einsehen, erkennen.

widerpringung und besserong der boesen und zu-
erhaltong der gueten und frommen widerumb ufge-
richtet und fleissig gehalten werde. Domit aber die
ermelte kirchenzucht desto mher und besser gehal-
ten, sollen neben den pfarhern sechs ehrliche senio-
res genomen und erwelet werden, welche sampt und
neben den pfarhern uff allerlei unzucht und laster
vleissig uffmerckens haben und solche befondene
sunden und laster uff den visitationibus vordragen
und anbringen sollen. Wes nhun furter zuerhaltong
solcher kirchenzucht vonnothen, das soll aus den
uberschickten kirchen- | 32 | ordnongen (davon oben
meldung beschehen ist21) genommen und ferner in
das werck gebrocht werden.
[4.] Wie man prediger und pfarherren bekommen
und dieselbigen underhalten solle
Wir achten, es sei niemants so unverstendig, der bei
sich selbs nicht abnemen22 mage, so mhan pfarher
und prediger nicht haben oder bekommen mocht,
welche als instrumenta et organa dasjenige, so vor
und nach verordnet und gesetzt ist, dreiben, leren
und verrichten, das alsdhan alle satzong und ord-
nong unnutz, vergeblich und ohn frucht sein wer-
den, derhalb dan von nothen, so mhan christliche
predigen hoeren will, das mhan zuvor prediger und
pfarher habe, die auch geburlichen underhalte, wel-
che dem volck und gemeinden christlich predigen
unnd lehren mogen.
Dieweil aber offentlich am dage, das zu dissen
zeiten niemants oder aber ser wenig | 33 | leuthe also
gesinnet sein, den predicanten steur und hilff zu
thun, das sie ihrer bucher unnd studien desto bas
wharten23 unnd vleissiger predigen mochten, ja, und
dweil vil leuth also gesinnet, das sie die predigen, die
sie doch umbsonst und vergeblich24 haben mochten,
ungern hoeren, zugeschweigen, das sie etwas uß dem
irem zu underhaltung der prediger geben und steu-
ren solten, und also die pfarher und prediger zu dis-
sen zeiten und hinforter nicht krigen mogen, wes sie
zuvor und von alters her nit sollen haben, so erfor-
23 Nachgehen können.
24 Unentgeltlich, Grimm, DWb 25, Sp. 390.

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