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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0116
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Wittgenstein

De synodo
Den synodum belangend, soll järlich ein conventus
ministrorum angesetzt werden zur gelegensten zeit,
als ungefehrlich umb Pfingsten. Und dieweil die ge-
genwertigkeit unsers gnedigen herrn8 zur fürderung
derer dinge, so im synodo sollen tractirt werden,
sehr nütz- und notwendig angesehen wird, wöllen
ihre gnaden den ministris den synodum in irer gna-
den hauß Berleburg9 oder Witgenstein10 zuhalten
vergönnen und den kosten mittheilen. Es soll aber
der superintendens vierzehen tage auffs wenigst zu-
vor einem jeden ministro ein thema oder quaestion
de materia theologica vorschreiben und uberschic-
ken, welches er auffs kürtzest und klerest tractiren
und im synodo recitiren soll, darauß die andern et-
was nützlichs lernen unnd behalten können. Dar-
nach soll ein jeder pastor anzeigen, was er fur man-
gel oder gebrechen wisse oder habe, sein ampt und
der kirchen wolfart belangendt. Unnd endlich soll
censura morum geschehen, und was man ergerlichs
oder unordlichs weiß, ein jeder vonn dem andern
anzeigen und sich darumb underreden und straffen
lassenn.
De visitatione
Inn der visitation, welche auch järlich ein mal ge-
halten soll werdenn, soll man besehen und fragen,
wie der kirchen ordnung nachgesetzt werde, was die
ministri fur ein regiment und leben furen, wie sich
die gemeine sampt der jugent zum predigampt und
catechismo11 schicke, auch, wie die schulen versehen
werden. Man soll auch |36v| daselbst die kirchen-
rechnung anhören und einnemen, und wo andere
kirchenmeyster oder seniores zubestellen von nöten,
dieselbigen ansetzen unnd ordenen mit rath des pa-
storis und anderer verstendiger leute.
Man soll auch besehen, wie der armen stewr uff-
gehaben12, verrechnet und außgetheilet werde, und
endlich, wie die pfarren und kirchenbewe geschaffen
unnd wie den kirchendienern ir lohn und besoldung
8 Siehe oben, Anm. 1.
9 In der Residenz Berleburg.
10 Im Schloss Wittgenstein bei Laasphe.

gegeben. Dieweil aber solches alles nicht besser zu-
sehen noch zu erfaren ist, dann auff die sontage, soll
der visitator die sache also anstellen, das er jedes jar
ein igliche kirche auff einen gelegenen sontag besu-
che, welchen er dem pastori acht tage zuvor zu-
schreiben, und der pastor solchs der gemein verkün-
digen soll und das volck vermanen, das, wer der
kirchen oder iren dienern etwas schüldig, dasselb
bezale, damit er nicht in straff des ungehorsams fal-
le. Und soll der rentmeister eines jeden orts selbst
bey der visitation sein und alle obgemelte stücke
neben dem visitatori seines besten vermögens ver-
richten helffen und in sonderheit die kirchen rech-
nung anhören, die bezalung alles hinderstands mit
ernst foddern, auch das stipendiaten gelt selbst ein-
foddern, entpfangen und unserm gnedigen herrn
lieffern und verrechnen, damit er also von jederm
auff der visitation gehandeltem bericht zu thun wis-
se. Im fall er aber anderer geschefften verhinderung
halber demselbigen in eigner person nicht außwar-
ten köndte, alß dann einen andern tüglichen an sei-
ne stadt darzu verordnen.
De excommunicatione et disciplina
So viel die ruge der öffentlichen laster belangt, als
ehebruch, hu-| 37r | rerey, diebstal, fluchen und der-
gleichen, dieweil solche laster nicht besser mögen er-
kündiget, verhindert und gestraffet werden dann
durch der oberkeit gericht und gerechtigkeit, soll
solchs irer macht und gewalt bevolen bleiben. Doch
soll der pastor, in des kirchspel grosse und offentli-
che laster begangen worden, auch die geistliche ge-
rechtigkeit zuüben befelh und gewalt haben allso,
das er die jenigen, so offentliche ergerniß angerich-
tet, fur die eltesten foddere und sie auß Gottes wort
zum ersten ernstlich umb die begangene sünden
straffen, inen auch die christliche gemeinschafft ab-
sage. So sie aber besserung verheissen und zusagenn
und zeichen einer waren buß uber kurtz oder lang
von sich geben, soll man sie mit freuden und sanfft-
mütigkeit wieder auffnemen und auffrichten. Welche
11 Katechismusunterricht.
12 Eingesammelt.

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