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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0119
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2. Kirchenordnung 1563

sie aber nicht ehelichen wolte, soll er dem kinde zu
seiner erziehung zwentzig reddergülden32 verbürgen
und bezalen, davonn des kindes mutter alle jar einen
gülden pension auffheben und das kindt davon, biß
es zu seinen jaren kompt, auffziehen soll. Were aber
des kindts vatter gesinnet, das kindt selbst zu sich
zunemen und auffzuziehen, soll er der mutter die jar
uber, so lange sie es geseuget und bey sich erhalten,
vor jedes jar einen thaler geben und nicht eher zu
underhaltung des kindes gelassen werden, er ver-
schreibe dann dem kinde zehen daler, wenn es be-
statet33 soll werden, zuerlegen. Wo aber das kindt
verstürbe, soll dasselbe gelt nach der oberkeit rath

und der personen gelegenheit den eltern zu-
gleich34 heim fallen.
Ferner ist verordnet, da jemand zum andern mal
solch laster begehen würde, das der soll mit dupler
straffe gestraffet und, so er zum dritten mal kömpt,
des landes vertrieben werdenn. |40r| Mit den adul-
teris ist etwas scherpffers zuhandeln also, das sie ge-
fenglich angenommen unnd vors halßgericht gestel-
let und uber die that erkennet werden. Die scheffen
aber, so ihnen zweiffel vorfelt, sollen hierüber raths
pflegen etc., damit diß laster geschewet und ge-
fürchtet werde. |40v|

Ordnung der kirchen gesenge und ceremonien neben der administration der heiligen sacramenten, nach
welcher [sich] die ministri ecclesiarum das jar uber an den hohen festen und sontagen eintrechtiglich richten
sollen, damit nicht durch mancherley35 weise der kirchen action entweder das volck geergert oder ander
unrath und unordnung einreisse

Den sonabend umb zwo uhr soll man gewönlicher
weise die vesper leuten und dieselbige, wo schulen
sein, mit dem Veni sancte deutsch36 anfangen, einen
kurtzen lateinischen psalmen mit der gebürlichen
antiphon darauff singen und darnach den hymnum,
zu dem fest und der zeit gehörig, sampt dem ma-
gnificat. Inn diesen sollen sich die jenigen, so da ge-
dencken, den nachfolgenden sontag zum abendmal
des herren zugehen, sich [!] in die kirche versamlen,
eine kurtze vermanung vom rechten brauch und
christlicher vorbereytung anhören, welche einem je-
den alten und verstend[ig]en in sonderheit vorzu-
tragenn, wie itzt zu Lasphe gebreuchlich, und man
darüber ein kurtze und gewisse form hat. Unnd wo
man |41r| diesen underricht in gemein thun muste,
vielleicht umb der menge willen, soll man sich doch
einen jeden in sonderheit vorm altar anzeigen las-
sen, ob vielleicht jemand da were, der in sonderheit
zu vermanen oder zu bereden oder zu trösten were.
Das junge gesinde aber, als knechte unnd mägde,
soll man kurtzlich examiniren, ob sie auch die fünff
32 Rädergulden, niederrheinische Rechenmünze von 24 Rä-
dergroschen oder -albus, Grimm, DWb 14, Sp. 48;
Schrötter, Wörterbuch, S. 229f.
33 Verheiratet, Grimm, DWb 1, Sp. 1658
34 Gleicherweise.
35 Unterschiedliche.

heubtstück der christlichen lehr erzelen können,
und was ihnen der pastor im catechismo zulernen
befolhen hat, dardurch die jugent zu grösserem fleiß
erwecket werde.
Inn den dörffern soll man umb dieselbe stunde
und zeit auch die vesper leuten und erstlich einen
deutschen psalmen singen oder, wo man umb der
hülff willen kein gesenge halten köndte, uber ein
kleines ein signum mit der glocken geben, anzuzei-
gen, das der pastor warte, ob jemand erscheinen und
sich anzeigen wolle. Unnd soll mit den erscheinen-
den gehandelt werden gleicher maß, wie droben ver-
meldet. Unnd damit sich das volck desto besser hin-
zu schicken köndte, were es nicht undienlich, das ein
jeder minister seiner kirchen gelegenheit nach das
abendmal in vierzehen tagen oder jedenn monat ein
mal ansetze, nach dem er wenig oder viel volcks in
seiner gemein hette, und solchs dann acht tage zu-
vor verkündigt und das volck zur communion damit
anreitzete und vermanete.
Des sontags soll man die früe metten zu Lasphe
36 Luther: Komm, Heiliger Geist, Herre Gott, AWA 4,
Nr. 15.
37 Die fünf Hauptstücke des Katechismus sind die zentra-
len Lehrinhalte von Glaubensbekenntnis, der beiden Sa-
kramente Taufe und Abendmahl, des Dekalogs und des
Vaterunsers.

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