3. Kirchenordnung [1565]
3. Kirchenordnunga
[1565]
Kirchen ordnung | 47v leer, 48r |
Paulus, der heilige apostel, als er von etlichen stüc-
ken der kirchenzucht den Corinthern bericht ge-
than, schleust und gibt ein gemeine regul, nach wel-
cher alle handlung der eusserlichen administration
der kirchen unnd des gantzen ampts unsers herrn
Jesu Christi gerichtet und angestalt werden soll,
welche ist, das alles ehrlich und ordentlich soll zuge-
hen1.
Wiewol nun, warinn erbarkeit und ordnung be-
stehe und gehalten werden, von gottseligen leuten
gnugsam ist erkleret, unnd demnach nützliche, auch
fleissige kirchenordnung sein gestalt unnd an tag ge-
ben worden, das einige anordnung zuthun gantz und
unvonnöten und nichts bessers kan troffen werden,
dieweil doch die gelegenheit eines jeden orts und
menschen mit sampt andern umbstenden, welche
fleissig anzusehen und zubetrachten, jeder zeit et-
was erfordern und sicherheit2 bey allen in diesen
letzten zeitenn einschleicht, wurd nicht undienlich,
sondern gantz nütz und nötig sein, ein form, nach
welcher die leute gewehnet unnd alles verrichtet
werde, vorzuschreiben. Unnd bestehet dieselbige
vornemlich in dreien stücken: |48v|
I. Erstlich, das man ersuche und beruffe, so viel
immer möglich, tügliche und geschickte personen zu
einem jedern ampt, welches Gott in seiner gemein
hat und braucht.
II. Zum andern, das ein jeder sein ampt recht
erkenne und darinn trew und fleissig sey.
III. Zum dritten, das fleiß und gehorsam zu für-
a Textvorlage (Handschrift): Amtsgericht Bad Berleburg
Codex O Nr. 1, fol. 47r-67v. Abdrucke: Hartnack,
Landrecht, S. 43-54; Bauer, Reformation Wittgen-
stein, S. 112-126.
1 1Kor 14,40.
dern, auch zu erhaltenn, fleissigst auffsehens ge-
schehe. | 49r |
Von dem pastor, wie der zu erwelen
Wann ein pastor absterben oder abziehen würde,
soll man erstlich nach gelegenheit der zeit und sa-
chen mit ihm oder den seinen umb den abzug oder
nachlaß friedlich handeln.
Es will auch der wolgeborne unser gnediger
herr3 der verstorbenen pastorum widfrawen auß
gnaden von gemeinen frondiensten [befreien], wonen
und sitzen lassen, so lang sie unbestattet4 bleiben.
Unnd so ein newer diener einer gemein vorzusetzen,
soll erstlich die gemein Gott umb einen geschickten,
gottsfürchtigen lerer zubitten fleissig vermanet und
darnach mit vorwissen unsers gnedigen herren ein
solcher mann ersucht und beruffen werden, welcher
ein gut testimonium seines lebens und wandels, auch
seiner lehr und geschicklichkeit von gottseligen und
glaubwirdigen leuten aufflegenn kündte. Darnach
soll man denselbigen auch öffentlich predigen las-
sen, das man verhöre, ob er zum lehrampt tüglich.
Zum dritten soll der superintendens, wenn nit etwa
ein conventus pastorum, dahin es möchte verzogenn
werden, vorhanden, zween oder drey der andern pa-
stor zu und bey sich nemen und den vorgestelten
examiniren, zu erfaren, was er von den | 49v | articuln
christlicher lehr und glaubens5 wisse und halte,
welch examen zu Lasphe oder Berleburg geschehen
2 Unbekümmertheit, Sorglosigkeit, Grimm, DWb 16,
Sp. 727.
3 Ludwig I. von Wittgenstein (reg. 1558-1605), siehe
oben, S. 63.
4 Unverheiratet.
5 Vgl. Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSELK S. 42f.
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3. Kirchenordnunga
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Kirchen ordnung | 47v leer, 48r |
Paulus, der heilige apostel, als er von etlichen stüc-
ken der kirchenzucht den Corinthern bericht ge-
than, schleust und gibt ein gemeine regul, nach wel-
cher alle handlung der eusserlichen administration
der kirchen unnd des gantzen ampts unsers herrn
Jesu Christi gerichtet und angestalt werden soll,
welche ist, das alles ehrlich und ordentlich soll zuge-
hen1.
Wiewol nun, warinn erbarkeit und ordnung be-
stehe und gehalten werden, von gottseligen leuten
gnugsam ist erkleret, unnd demnach nützliche, auch
fleissige kirchenordnung sein gestalt unnd an tag ge-
ben worden, das einige anordnung zuthun gantz und
unvonnöten und nichts bessers kan troffen werden,
dieweil doch die gelegenheit eines jeden orts und
menschen mit sampt andern umbstenden, welche
fleissig anzusehen und zubetrachten, jeder zeit et-
was erfordern und sicherheit2 bey allen in diesen
letzten zeitenn einschleicht, wurd nicht undienlich,
sondern gantz nütz und nötig sein, ein form, nach
welcher die leute gewehnet unnd alles verrichtet
werde, vorzuschreiben. Unnd bestehet dieselbige
vornemlich in dreien stücken: |48v|
I. Erstlich, das man ersuche und beruffe, so viel
immer möglich, tügliche und geschickte personen zu
einem jedern ampt, welches Gott in seiner gemein
hat und braucht.
II. Zum andern, das ein jeder sein ampt recht
erkenne und darinn trew und fleissig sey.
III. Zum dritten, das fleiß und gehorsam zu für-
a Textvorlage (Handschrift): Amtsgericht Bad Berleburg
Codex O Nr. 1, fol. 47r-67v. Abdrucke: Hartnack,
Landrecht, S. 43-54; Bauer, Reformation Wittgen-
stein, S. 112-126.
1 1Kor 14,40.
dern, auch zu erhaltenn, fleissigst auffsehens ge-
schehe. | 49r |
Von dem pastor, wie der zu erwelen
Wann ein pastor absterben oder abziehen würde,
soll man erstlich nach gelegenheit der zeit und sa-
chen mit ihm oder den seinen umb den abzug oder
nachlaß friedlich handeln.
Es will auch der wolgeborne unser gnediger
herr3 der verstorbenen pastorum widfrawen auß
gnaden von gemeinen frondiensten [befreien], wonen
und sitzen lassen, so lang sie unbestattet4 bleiben.
Unnd so ein newer diener einer gemein vorzusetzen,
soll erstlich die gemein Gott umb einen geschickten,
gottsfürchtigen lerer zubitten fleissig vermanet und
darnach mit vorwissen unsers gnedigen herren ein
solcher mann ersucht und beruffen werden, welcher
ein gut testimonium seines lebens und wandels, auch
seiner lehr und geschicklichkeit von gottseligen und
glaubwirdigen leuten aufflegenn kündte. Darnach
soll man denselbigen auch öffentlich predigen las-
sen, das man verhöre, ob er zum lehrampt tüglich.
Zum dritten soll der superintendens, wenn nit etwa
ein conventus pastorum, dahin es möchte verzogenn
werden, vorhanden, zween oder drey der andern pa-
stor zu und bey sich nemen und den vorgestelten
examiniren, zu erfaren, was er von den | 49v | articuln
christlicher lehr und glaubens5 wisse und halte,
welch examen zu Lasphe oder Berleburg geschehen
2 Unbekümmertheit, Sorglosigkeit, Grimm, DWb 16,
Sp. 727.
3 Ludwig I. von Wittgenstein (reg. 1558-1605), siehe
oben, S. 63.
4 Unverheiratet.
5 Vgl. Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSELK S. 42f.
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