6. Hofordnung 1570
6. Hofordnunga
1. Januar 1570
Haußordnung unser, Ludwigs1 von Seyn, graven zu Witgenstein unnd herrn zu Homburg etc., Gott dem
allmechtigen zu lob und ehrenn und gemeiner unser haußhaltung zu guttem, auch zu erhaltung friedens und
einigkeit zwischen unserm hoffgesinde, uff heut dato, den ersten Ianuarii im jar nach der geburt Christi
fünfftzehenhundert und siebentzig auffgericht, ernewert und in gegenwertigkeit alle unsers hoffgesindts
publicirt, verkündigt und verlesenn
[...]2 | 81v |
Zum dritten
7. Dieweil vor allen dingen unnd erstlich das reich
Gottes gesucht werden muß3, so wöllen unnd ordnen
wir, einem jeglichen, jung unnd alt, ernstlichen be-
vehlende, das sie zu allen zeitten, inn sonderheit
aber auff die sonn- und feyertage, wenn das wort
Gottes gepredigt, unverhindert aller dinge das wort
des herren zuhören, seinem göttlichen gebott und
bevehl mit empsigem vleiß zugeleben sich bearbei-
ten, dardurch ihr leben gebessert, in guten christli-
chenn zucht und wandel gericht, ihren diensten de-
sto trewlicher nachkommen unnd solchs Gott dem
allmechtigen zu lob und ehren, ihnen selbst zu wol-
fart unnd heil, uns und unser hoffhaltung zu guttem
gedeyen möge.
8. Unnd damit demselben also gelebt, sollen un-
sere beampten darauff sehen, das under verrichtung
gottesdiensts und predigen niemands durch ander
unnötige verhinderung darvon abgehaltenn oder
auch selbst zu gesuchter entschüldigung vorwende,
viel weniger bey zechen oder in wirtsheusern sich
finden lasse.
9. Sondern, damit alle ursach abgeschnitten, sol-
lenn hinfuro zu feiertagen die thor mittler zeit ver-
schlossen, auch küchen und keller zu gehalten wer-
denn. | 82r |
10. Wie gleichsfals bey den wirten versehung ge-
schehen soll, das keinem ausserhalb außlendigen
wanderten4 und krancken in zeit der predig und ver-
richtung christlicher kirchenhendell essen und
drincken gegeben werden.
11. Da aber jemands hiergegen handeln oder in
predig und andern kirchenubungen sich träg, un-
fleissig und zu selten mahlen erzeigenn würde, wol-
len wir inen der gebur unnd mit ernst darumb an-
sehenn.
12. Damit auch in sonderheit das junge gesinde,
so noch unter der ruten5 ist, inn gutter zucht und
gottesforcht erzogen werde, so sollen nicht allein un-
sere beampten, sondern auch ein jeder, als marstäl-
ler, koch, keller etc., auff die, so inen bevohlen sind,
ein ernstlichs auffsehens haben und dieselbigen da-
hin halten, das sie die gemeine kinderpredig nit mut-
willig verseumenn, sondern den catechismum vleis-
sig lernen und sich also darinn uben, damit sie auch
mit andern guten bericht und bescheidt davonn zu-
gebenn wissenn.
13. Derhalb, auff das solchs in stetige vleissige
ubung gebracht unnd erhalten [werde], sollen sie
hinfuro auffs wenigst zweymal im jare, als christ-
mess6 und ostern, sich vor dem kirchendiener zur
zeit erzeigen, durch denselben underweisen und ver-
hören lassenn, es geschehe dann gleich in der kirchen
öffentlichen oder sunst im hause, nach des pfarherrn
a Textvorlage (Handschrift): Amtsgericht Bad Berleburg
Codex O Nr. 1, fol. 80r-93r. Abdruck: Hartnack,
Landrecht, S. 59-68.
1 Ludwig I. von Wittgenstein (reg. 1558-1605), siehe
oben, S. 63.
2 Die ersten beiden Abschnitte enthalten Regelungen zu
Anstellung und Treueid der Hofbediensteten sowie zum
Burgfrieden.
3 Mt 6,33.
4 Fremden Durchreisenden.
5 Elterlichen Vormundschaft.
6 Weihnachten.
121
6. Hofordnunga
1. Januar 1570
Haußordnung unser, Ludwigs1 von Seyn, graven zu Witgenstein unnd herrn zu Homburg etc., Gott dem
allmechtigen zu lob und ehrenn und gemeiner unser haußhaltung zu guttem, auch zu erhaltung friedens und
einigkeit zwischen unserm hoffgesinde, uff heut dato, den ersten Ianuarii im jar nach der geburt Christi
fünfftzehenhundert und siebentzig auffgericht, ernewert und in gegenwertigkeit alle unsers hoffgesindts
publicirt, verkündigt und verlesenn
[...]2 | 81v |
Zum dritten
7. Dieweil vor allen dingen unnd erstlich das reich
Gottes gesucht werden muß3, so wöllen unnd ordnen
wir, einem jeglichen, jung unnd alt, ernstlichen be-
vehlende, das sie zu allen zeitten, inn sonderheit
aber auff die sonn- und feyertage, wenn das wort
Gottes gepredigt, unverhindert aller dinge das wort
des herren zuhören, seinem göttlichen gebott und
bevehl mit empsigem vleiß zugeleben sich bearbei-
ten, dardurch ihr leben gebessert, in guten christli-
chenn zucht und wandel gericht, ihren diensten de-
sto trewlicher nachkommen unnd solchs Gott dem
allmechtigen zu lob und ehren, ihnen selbst zu wol-
fart unnd heil, uns und unser hoffhaltung zu guttem
gedeyen möge.
8. Unnd damit demselben also gelebt, sollen un-
sere beampten darauff sehen, das under verrichtung
gottesdiensts und predigen niemands durch ander
unnötige verhinderung darvon abgehaltenn oder
auch selbst zu gesuchter entschüldigung vorwende,
viel weniger bey zechen oder in wirtsheusern sich
finden lasse.
9. Sondern, damit alle ursach abgeschnitten, sol-
lenn hinfuro zu feiertagen die thor mittler zeit ver-
schlossen, auch küchen und keller zu gehalten wer-
denn. | 82r |
10. Wie gleichsfals bey den wirten versehung ge-
schehen soll, das keinem ausserhalb außlendigen
wanderten4 und krancken in zeit der predig und ver-
richtung christlicher kirchenhendell essen und
drincken gegeben werden.
11. Da aber jemands hiergegen handeln oder in
predig und andern kirchenubungen sich träg, un-
fleissig und zu selten mahlen erzeigenn würde, wol-
len wir inen der gebur unnd mit ernst darumb an-
sehenn.
12. Damit auch in sonderheit das junge gesinde,
so noch unter der ruten5 ist, inn gutter zucht und
gottesforcht erzogen werde, so sollen nicht allein un-
sere beampten, sondern auch ein jeder, als marstäl-
ler, koch, keller etc., auff die, so inen bevohlen sind,
ein ernstlichs auffsehens haben und dieselbigen da-
hin halten, das sie die gemeine kinderpredig nit mut-
willig verseumenn, sondern den catechismum vleis-
sig lernen und sich also darinn uben, damit sie auch
mit andern guten bericht und bescheidt davonn zu-
gebenn wissenn.
13. Derhalb, auff das solchs in stetige vleissige
ubung gebracht unnd erhalten [werde], sollen sie
hinfuro auffs wenigst zweymal im jare, als christ-
mess6 und ostern, sich vor dem kirchendiener zur
zeit erzeigen, durch denselben underweisen und ver-
hören lassenn, es geschehe dann gleich in der kirchen
öffentlichen oder sunst im hause, nach des pfarherrn
a Textvorlage (Handschrift): Amtsgericht Bad Berleburg
Codex O Nr. 1, fol. 80r-93r. Abdruck: Hartnack,
Landrecht, S. 59-68.
1 Ludwig I. von Wittgenstein (reg. 1558-1605), siehe
oben, S. 63.
2 Die ersten beiden Abschnitte enthalten Regelungen zu
Anstellung und Treueid der Hofbediensteten sowie zum
Burgfrieden.
3 Mt 6,33.
4 Fremden Durchreisenden.
5 Elterlichen Vormundschaft.
6 Weihnachten.
121