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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0140
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Wittgenstein

bester gelegenheit, unnd obs im auch auff benante
zeit ungelegen, soll er sie uff andere und bequemere
zeit vorbescheiden, damitt solchs ja nit verbleibe.
| 82v |
14. Des herren nachtmahl belangend, soll ein je-
der, so zu seinen verstendlichen jaren kommen, sich
dessen nach christlicher einsatzung und gewonheit
gebrauchen.
15. Unnd ob woll in dem kein zihl oder zeit ge-
setzt, wöllen wir doch meniglich bey irer selbst heil
und ewiger wolfarth trewlich ermahnet haben, sich
aller christlichen ubungen unnd bevorab dahin zu-
befleissigen.
16. Wenn die herrschafft pflegt das nachtmahl in
der gemein zugebrauchen, das sie alßdann sich auch
darbey finden und ohn unvermeidliche verhinde-
rung nit absondern lassen.
17. Welches alles bey vielen gottseligen in löbli-
chem brauch, nicht allein zu christlicher ordnung
dienlich, sondern auch zu anleitung des gemeinen
hauffen gantz nütz- und notwendig ist.
18. Dann wir auch endlich in unserm dienst nie-
mand zuhalten gemeint, so sich inn dem und der-
gleichen ergerlich und ohnchristlich erzeigen würde.
Zum vierdten
19. Wöllen wir in crafft dieser unser ordnung bey
höchster ungnad verbotten haben alle gotteslöste-
rung, schwören, fluchen und alles, was sonsten Got-
tes gebotten zuwider, zu unehr und verachtung sei-
nes namens dienen mag. | 83r |
20. Nachdem aber das leichtfertig schwören und
schändlicher mißbrauch göttliches namens, seiner
heiligen sacramenten, marter und wunden so weit
im schwang, das solchs mehrertheils fur kein sünde
oder schande gehalten, wöllen wir hiemit, bevorab

7 Beim Zutrinken wurden wechselseitig Toaste auf die Ge-
sundheit ausgebracht. Hierbei kam es zum Wetttrinken,
da es als Ehrenpflicht galt, die Trinksprüche der anderen
Teilnehmer zu erwidern, Tlusty, B. Ann, Bacchus
und die bürgerliche Ordnung. Die Kultur des Trinkens
im frühneuzeitlichen Augsburg (Studien zur Geschichte
des Bayerischen Schwaben 34), Augsburg 2005, S. 106-

die alten und verstendigen bey irenn eiden, damit
sie Gott zuförderst und der obrigkeit verpflicht,
ernstlich vermahnet haben, dasselbig gentzlich zu
meiden, auff das sie hernach und sonderlich von we-
gen des schedlichen ergerniß, dadurch die unver-
nünfftige jugendt in gleiche laster gefurt, nicht
schwere rechenschafft thun müssen.
21. Die jungen, so noch under der ruten, sol ein
jeder die seinen mit unnachlessiger straff von sol-
chem und dergleichen lastern abhalten und zu guter
zucht und erbarkeit gewehnen, welche darin seumig,
wöllen wir eines mit dem andern nicht vergessen.
22. Dieweil auch von volsauffen und sonderlich
auß dem uberschwenglichen, uberflüssigen und be-
stialischen gegen die natur zutrincken unnd gleich
oder bescheid fordern7, viel böser laster, schande,
unzucht, uneinigkeit, schlegerey und alles böses her-
fleust, darumb wöllen und ordnenn wir, das unsere
diener in und ausser unserm hoiff desselbigen uber-
messigen zutrinckens, volsauffens und bescheid for-
derns sich bey unser ungnade enthalten unnd mes-
sigenn.
23. Auch soll sich ein jeder, er sey vom addel,
reisig8 oder nicht, bey ungnediger straff meiden, ei-
nigem weibsbilde, die sey, was standts sie wölle, auff
unsern heusern unehrlich oder verdechtiger weise
nachzugehen, viel weniger unzüchtige werck noch
auch unzüchtige reden mit ihme zupflegen, | 83v | bey
unnachlessiger, ungnediger straff, zu beidenn theilen
auffzulegen.
24. Es soll auch ein jeder hoiffdiener bey seinen
pflichten schüldig sein, die uberfahrer9 itztgemelter
puncten uns oder den beampten sampt allenn umb-
stenden begangener mißhandlung anzuzeigen, damit
einer gleich dem andern zu gepürlicher straff ge-
bracht und in dem kein gunst der partheilicheit ge-
übt werde.

112; Lutz, Elmar, Trinken und Zutrinken in der
Rechtsgeschichte, in: Ebel, Friedrich (Hg.), Ferdinan-
dina. Festschrift für Ferdinand Elsener, Tübingen 1973,
S. 56-67.
8 Auf der Durchreise.
9 Übertreter.

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