Die Grafschaft Moers
niger Patron der Krefelder Pfarrkirche wurde und schließlich die Inkorporation des Pfarrbenefiziums
erreichte. Das Kloster Meer unterstand der Prämonstratenserabtei Steinfeld in der Eifel.7
2. Die Einführung der Reformation unter Wilhelm II. (1538-1552)
Graf Wilhelm II. von Neuenahr (um 1497-1552)8 war 1519 durch seine Ehe mit Anna von Wied in den
Besitz der Grafschaft Moers gelangt. Er war humanistisch gebildet und bezeichnete sich 1532 als Anhänger
von Luthers Lehre.9 Durch seinen irenischen, konzilianten Charakter wurde er zum gefragten Ratgeber
sowohl alt- wie neugläubiger Stände: Für den Kaiser verhandelte er zwischen 1531 und 1546 mehrfach mit
dem Schmalkaldischen Bund, 1540 beim Hagenauer Religionsgespräch sowie 1543 hinsichtlich des Venloer
Vertrags. Als Schwager des Kölner Erzbischofs Hermanns von Wied und dessen Gefolgsmann reiste Wil-
helm 1529 und 1530 zu den Reichstagsversammlungen nach Speyer und Augsburg sowie 1542 nach Brüssel
zur Regentin der Niederlande. 1543 beriet er Hermann von Wied bezüglich des Reformationsversuchs im
Erzstift.10 Neben diesen diplomatischen Einsätzen für Kaiser und Erzbischof stand Wilhelm II. in den
1530er Jahren auch in Diensten Herzog Johann Friedrichs von Sachsen, in dessen Auftrag er Mitglieder für
den Schmalkaldischen Bund zu gewinnen suchte.11 Der Graf von Neuenahr galt also bei Vertretern beider
konfessioneller Lager als Vertrauensmann, er selbst war reichstreu und versuchte, zwischen Alt- und Neu-
gläubigen zu vermitteln.
Die Anfänge der evangelischen Bewegung12 in der Grafschaft Moers wurden vermutlich von den Ent-
wicklungen im nahegelegenen Wesel sowie in den Niederlanden beeinflusst: Um 1527 kam der niederlän-
dische Prediger Hermann Staprade († 1536)13 nach Moers. Seine Theologie stand den Wassenberger Prä-
dikanten nahe, die eine symbolische, an Zwinglis Lehre orientierte Abendmahlsauffassung sowie die
Erwachsenentaufe vertraten. Staprade und andere Prediger verbreiteten die neue Lehre in der Grafschaft,
und Wilhelm II. ließ sie gewähren. Nach sechsjährigem Aufenthalt ging Staprade nach Münster, wo er sich
den Täufern anschloss und Pfarrer an St. Lamberti wurde. Sein Nachfolger in Moers wurde 1534 der aus
Köln stammende Dr. Gerhard Westerburg, der ebenfalls Anhänger der Täuferbewegung war und von Wil-
helm II. noch im gleichen Jahr ausgewiesen wurde.14
Obwohl sich der Graf in seinen Briefen zu Luthers Lehre bekannte, konnte er aufgrund seiner Position
als kaiserlicher Rat und im Hinblick auf sein altgläubiges Umfeld die Reformation in der Grafschaft Moers
nicht offiziell einführen. 1536 entsandte er jedoch seinen Hofprediger Johann Uden15 nach Wittenberg. Zwei
7 Buschbell, Geschichte, S. 17-28; Knipping, Reforma-
tionsgeschichte, S. 92-95.
8 Zu Wilhelm II. von Neuenahr siehe Henrichs,
Geschichte, S. 127-166; Altgelt, Geschichte, S. 85-92;
Barkhausen, Grafen von Neuenahr-Moers, S. 111-117;
Kuropka, Wilhelm, S. 43f.; Hirschberg, Geschichte,
S. 70-76; Daebel, Reformation, S. 54-62, S. 52 Anm. 60;
Kloosterhuis, Erasmusjünger, S. 638-640.
9 Keussen, Urkundenbuch Crefeld 3, Nr. 5155 (22. März
1532); Cornelius, Briefwechsel (1874), S. 129-133;
Barkhausen, Grafen von Neuenahr-Moers, S. 112;
Daebel, Reformation, S. 61; Kuropka, Wilhelm,
S. 62-65.
10 Daebel, Reformation, S. 45; Kuropka, Wilhelm, S. 51;
Faulenbach, Hermann von Neuenahr, S. 106-108.
11 Cornelius, Briefwechsel (1874), S. 129-158; (1878),
S. 109-136; Kuropka, Wilhelm, S. 51-62; Daebel,
Reformation, S. 56-61; Becker, Moers im Zeitalter,
S. 167f.; Mast, Wie wurde die Grafschaft Moers evan-
gelisch, S. 14; Barkhausen, Grafen von Neuenahr-
Moers, S. 111-117; Rotscheidt, Wie wurde die Graf-
schaft evangelisch, S. 5f.; Redlich, Staat und Kirche,
S. 99; Hirschberg, Geschichte, S. 70-74.
12 Die Quellenlage ist dürftig, da das städtische Archiv in
Moers beim Stadtbrand 1599 zerstört wurde. Einige Fak-
ten lassen sich jedoch aus verstreuten Nachrichten in
anderen Archiven erschließen. Eine intensive Auswertung
dieser Bestände liegt in der vorzüglichen Studie von Dae-
bel, Reformation, vor.
13 Zu Staprade siehe Daebel, Reformation, S. 63-65; Rot-
scheidt, Wie wurde die Grafschaft Moers evangelisch,
S. 9.
14 Daebel, Reformation, S. 63-65; Mast, Wiedertäufer,
S. 80f.; Becker, Moers im Zeitalter, S. 166f.
15 Zu Uden siehe Daebel, Reformation, S. 66f.
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niger Patron der Krefelder Pfarrkirche wurde und schließlich die Inkorporation des Pfarrbenefiziums
erreichte. Das Kloster Meer unterstand der Prämonstratenserabtei Steinfeld in der Eifel.7
2. Die Einführung der Reformation unter Wilhelm II. (1538-1552)
Graf Wilhelm II. von Neuenahr (um 1497-1552)8 war 1519 durch seine Ehe mit Anna von Wied in den
Besitz der Grafschaft Moers gelangt. Er war humanistisch gebildet und bezeichnete sich 1532 als Anhänger
von Luthers Lehre.9 Durch seinen irenischen, konzilianten Charakter wurde er zum gefragten Ratgeber
sowohl alt- wie neugläubiger Stände: Für den Kaiser verhandelte er zwischen 1531 und 1546 mehrfach mit
dem Schmalkaldischen Bund, 1540 beim Hagenauer Religionsgespräch sowie 1543 hinsichtlich des Venloer
Vertrags. Als Schwager des Kölner Erzbischofs Hermanns von Wied und dessen Gefolgsmann reiste Wil-
helm 1529 und 1530 zu den Reichstagsversammlungen nach Speyer und Augsburg sowie 1542 nach Brüssel
zur Regentin der Niederlande. 1543 beriet er Hermann von Wied bezüglich des Reformationsversuchs im
Erzstift.10 Neben diesen diplomatischen Einsätzen für Kaiser und Erzbischof stand Wilhelm II. in den
1530er Jahren auch in Diensten Herzog Johann Friedrichs von Sachsen, in dessen Auftrag er Mitglieder für
den Schmalkaldischen Bund zu gewinnen suchte.11 Der Graf von Neuenahr galt also bei Vertretern beider
konfessioneller Lager als Vertrauensmann, er selbst war reichstreu und versuchte, zwischen Alt- und Neu-
gläubigen zu vermitteln.
Die Anfänge der evangelischen Bewegung12 in der Grafschaft Moers wurden vermutlich von den Ent-
wicklungen im nahegelegenen Wesel sowie in den Niederlanden beeinflusst: Um 1527 kam der niederlän-
dische Prediger Hermann Staprade († 1536)13 nach Moers. Seine Theologie stand den Wassenberger Prä-
dikanten nahe, die eine symbolische, an Zwinglis Lehre orientierte Abendmahlsauffassung sowie die
Erwachsenentaufe vertraten. Staprade und andere Prediger verbreiteten die neue Lehre in der Grafschaft,
und Wilhelm II. ließ sie gewähren. Nach sechsjährigem Aufenthalt ging Staprade nach Münster, wo er sich
den Täufern anschloss und Pfarrer an St. Lamberti wurde. Sein Nachfolger in Moers wurde 1534 der aus
Köln stammende Dr. Gerhard Westerburg, der ebenfalls Anhänger der Täuferbewegung war und von Wil-
helm II. noch im gleichen Jahr ausgewiesen wurde.14
Obwohl sich der Graf in seinen Briefen zu Luthers Lehre bekannte, konnte er aufgrund seiner Position
als kaiserlicher Rat und im Hinblick auf sein altgläubiges Umfeld die Reformation in der Grafschaft Moers
nicht offiziell einführen. 1536 entsandte er jedoch seinen Hofprediger Johann Uden15 nach Wittenberg. Zwei
7 Buschbell, Geschichte, S. 17-28; Knipping, Reforma-
tionsgeschichte, S. 92-95.
8 Zu Wilhelm II. von Neuenahr siehe Henrichs,
Geschichte, S. 127-166; Altgelt, Geschichte, S. 85-92;
Barkhausen, Grafen von Neuenahr-Moers, S. 111-117;
Kuropka, Wilhelm, S. 43f.; Hirschberg, Geschichte,
S. 70-76; Daebel, Reformation, S. 54-62, S. 52 Anm. 60;
Kloosterhuis, Erasmusjünger, S. 638-640.
9 Keussen, Urkundenbuch Crefeld 3, Nr. 5155 (22. März
1532); Cornelius, Briefwechsel (1874), S. 129-133;
Barkhausen, Grafen von Neuenahr-Moers, S. 112;
Daebel, Reformation, S. 61; Kuropka, Wilhelm,
S. 62-65.
10 Daebel, Reformation, S. 45; Kuropka, Wilhelm, S. 51;
Faulenbach, Hermann von Neuenahr, S. 106-108.
11 Cornelius, Briefwechsel (1874), S. 129-158; (1878),
S. 109-136; Kuropka, Wilhelm, S. 51-62; Daebel,
Reformation, S. 56-61; Becker, Moers im Zeitalter,
S. 167f.; Mast, Wie wurde die Grafschaft Moers evan-
gelisch, S. 14; Barkhausen, Grafen von Neuenahr-
Moers, S. 111-117; Rotscheidt, Wie wurde die Graf-
schaft evangelisch, S. 5f.; Redlich, Staat und Kirche,
S. 99; Hirschberg, Geschichte, S. 70-74.
12 Die Quellenlage ist dürftig, da das städtische Archiv in
Moers beim Stadtbrand 1599 zerstört wurde. Einige Fak-
ten lassen sich jedoch aus verstreuten Nachrichten in
anderen Archiven erschließen. Eine intensive Auswertung
dieser Bestände liegt in der vorzüglichen Studie von Dae-
bel, Reformation, vor.
13 Zu Staprade siehe Daebel, Reformation, S. 63-65; Rot-
scheidt, Wie wurde die Grafschaft Moers evangelisch,
S. 9.
14 Daebel, Reformation, S. 63-65; Mast, Wiedertäufer,
S. 80f.; Becker, Moers im Zeitalter, S. 166f.
15 Zu Uden siehe Daebel, Reformation, S. 66f.
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