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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0175
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Einleitung

Jahre lang studierte Uden dort Theologie und hielt sich im Hause Martin Luthers auf, kehrte anschließend
zurück, woraufhin ihm Wilhelm II. die Vikarie der Heilig-Geist-Kapelle sowie das Lehen des Liebfrauen-
altars an der Bonifatiuskirche in Moers übertrug.16 Hatte der Graf seine Sympathien für Luthers Lehre
bisher nur im privaten Rahmen gepflegt, so war die Besetzung der beiden Kaplaneien mit einem ausgewie-
senen Lutheraner ein deutlich sichtbares Zeichen seiner evangelischen Gesinnung und der Ausgangspunkt
für die Reformationseinführung in der Grafschaft.
Wilhelms Initiativen der folgenden Jahre standen in Zusammenhang mit der Entwicklung in Kurköln,
denn durch den 1542 unternommenen Versuch des Kölner Erzbischofs und Schwagers Wilhelms II., die
Reformation im Erzstift einzuführen, konnte er selbst die evangelischen Neuerungen in seinem kleinen
Land gewissermaßen im Schatten des mächtigen Nachbarn durchführen.17 Willkommener Anlass für erste
Eingriffe in die kirchlichen Verhältnisse war eine Auseinandersetzung, die 1542 zwischen dem Prior und den
Brüdern des Karmeliterklosters in Moers ausgetragen wurde. Diesen Streit, bei dem es um den Vorwurf der
Verschwendung und schlechten Verwaltung des Klosterguts ging, machte sich Wilhelm II. zu Nutze, um
Maßnahmen gegen den Kultus in der Klosterkirche und das Ordensleben zu ergreifen. Er ließ Messfeiern
nur noch hinter verschlossenen Türen zu, untersagte den Salve Regina-Gesang sowie die Aufnahme von
Novizen und entsandte sieben lutherische Prediger in den Konvent. Die altgläubigen Zeremonien wurden
fortan zurückgedrängt und in der Klosterkirche evangelische Gottesdienste gefeiert. Daneben zog Graf
Wilhelm Teile des klösterlichen Vermögens ein, um daraus evangelische Pfarrer und Prediger zu finanzieren.
In den Konventsgebäuden kamen die Pfarrer und Prediger der Grafschaft seit dieser Zeit vier Mal jährlich
zusammen, um sich über die Vereinheitlichung der Zeremonien und die Inhalte ihrer Predigten auszutau-
schen. Diese Pfarrkonvente sind die Vorläufer der Synoden, die 1581 in der Moerser Kirchenordnung ange-
ordnet wurden.18
Auch in der zur Grafschaft gehörigen Herrschaft Krefeld breitete sich die evangelische Bewegung aus.
In der Stadt Krefeld forderte die Gemeinde Anfang der 1530er Jahre das Wahlrecht für ihren Pfarrer und
dessen Residenz.19 Eine wichtige Quelle für die Krefelder Reformationsgeschichte ist das von dem altgläu-
bigen Pfarrer Johann Schue geführte Tagebuch für die Zeit von Anfang Oktober 1543 bis Mai 1545, das
auch Auszüge aus Briefen und obrigkeitlichen Anordnungen enthält.20 Schue berichtet, dass er im Oktober
1543 angewiesen worden sei, die ihm seit je her zustehenden Stolgebühren, Opfer- und Präsenzgelder nicht
mehr selbst einzunehmen, sondern in eine Armenkiste zu legen, die von sechs Personen beaufsichtigt wür-
de.21 Mit dieser Maßnahme rüttelte Graf Wilhelm II. an der überkommenen Einkünftestruktur des Pfarr-
klerus und stellte gleichzeitig die Weichen für eine obrigkeitlich organisierte Armenfürsorge: Anstelle milder

16 Keussen, Urkundenbuch Crefeld 3, Nr. 5236, 5237. Vgl.
Daebel, Reformation, S. 69; Mast, Wie wurde die Graf-
schaft Moers evangelisch, S. 16; Rotscheidt, Wie
wurde die Grafschaft Moers evangelisch, S. 6f.
17 Daebel, Reformation, S. 92f., 116; Die Vorläufer der
Reformation, S. 30-37; Kuropka, Wilhelm, S. 65.
18 Daebel, Reformation, S. 73-79; ders., Synode Moers,
S. 20; Becker, Moers im Zeitalter, S. 169-171; Faulen-
bach, Hermann, Graf zu Neuenahr, S. 79; Mast,
Geschichte der Kreissynode, S. 5.
19 Buschbell, Geschichte, S. 74-76; Knipping, Reforma-
tionsgeschichte, S. 94-96, 137-139; Daebel, Reforma-
tion, S. 80-82.
20 „Eyn vertzellong etligher pünten tzo Creyfelt gehandelt
myt dem pastoer und regiment syner kyrchen tzo Crey-
felt“, LAV NRW R, Steinfeld, Akten Nr. 219, fol.
247r-270v. Abdruck in: Knipping, Reformations-

geschichte, S. 99-142, paraphrasiert bei Deisel, Krefeld,
S. 15-30, erwähnt bei Daebel, Reformation, S. 78f., 82f.,
84, 92, Abbildung ebd., S. 83.
21 „Item tzom eyrsten synt pastoer syn accidentalia genoe-
men myt dem offer und den vicariis eyr presens und dat
yn eyn kyst geworffen durch sess werreltlige menner, und
dyt iss vurgelesen der gemeynden nae der myssen yn der
kyrchen und der gemeynden verboeden, sy sulden dem
pastoer neyt geven, und darnae iss dat selbige myr und
mynen vicariis op mynem wedemhoeff oech vurgehalden
yn bywesen des werrentlighe gerichtz als vur eyn ge-
tzuych, und dyt bewel iss gescheit allet van wegen onses
gnedigen hern van Moers etc. Ich han des befels eyn uys-
schrift begert, myr iss geantwort, ych suld eyn uysschrift
haven: ich han sy aeffer neyt kregen“, Knipping, Refor-
mationsgeschichte, S. 99. Vgl. Daebel, Reformation,
S. 78f., 84, 91f.; Rembert, Einführung, S. 36.

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