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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0179
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Einleitung

Bessemich Christian Keurchen als Pfarrer installieren, der ja bereits seit 1561 als Prediger in Krefeld
amtiere.45 Neben diesem Protest gegenüber dem Kloster Meer wandte sich Graf Hermann am 20. Januar
1565 auch an die Abtei Steinfeld, der Meer unterstand, und forderte, den Mönch binnen 14 Tagen abzu-
setzen, „domitt das einfaltige volck nicht zweierley gelertt und inn irrige wegh gefhurt“ werde.46 Bessemich
blieb noch bis zum 5. März in Krefeld, danach stellte Graf Hermann seinen Kandidaten, Christian Keur-
chen, als Pfarrer an. Mit diesem Akt kam die Reformation in Krefeld zu einem gewissen Abschluss, da
fortan evangelische Pfarrer an der Pfarrkirche eingesetzt wurden.47
Hermann von Neuenahr hatte sich gegenüber dem Kloster Meer auf sein im Augsburger Religionsfrie-
den von 1555 festgeschriebenes ius reformandi berufen. Auch bei einer Reihe weiterer Pfarrkirchen in seiner
Grafschaft48 ging er nicht gewaltsam gegen die altgläubigen Patronatsherren vor, sondern setzte sich gewis-
sermaßen auf dem Verhandlungsweg über deren Besetzungsrechte hinweg.
3. Mandat zur Umwandlung des Karmeliterklosters in eine Schule [Mitte November 1573] (Text S. 171)
Bereits 1542 hatte Wilhelm von Neuenahr deutliche Eingriffe in das Konventsleben und die Güter des
Karmeliterklosters in Moers unternommen. Das von ihm erlassene Verbot, Novizen aufzunehmen,49 führte
zwar zur Verkleinerung des Konvents, langfristig blieb das Kloster jedoch - nicht zuletzt infolge der Resti-
tution während des Augsburger Interims - als altgläubige Institution bestehen.50
Im April 1567 ging Hermann von Neuenahr erneut massiv gegen die Karmeliter vor. Ebenso wie sein
Vater machte auch er sich eine Auseinandersetzung innerhalb des Konvents zunutze und ließ die Brüder bis
auf einen einzigen unter einem Vorwand gefangen nehmen und verwies sie am 19. Juli der Stadt, woraufhin
sie sich ins Karmeliterkloster nach Geldern begaben.51
1573 erließ Graf Hermann ein Mandat, in dem er sich auf sein ius reformandi berief: Da nur noch ein
Mönch im Karmeliterkloster lebe, könne der Großteil der klösterlichen Einkünfte „in alios pios usus“, und
zwar zur Finanzierung einer Schule, verwendet werden. Anknüpfend an Luthers Forderung, die Klöster
ihrer ursprünglichen Bestimmung nach wieder zu Ausbildungsstätten zu machen, sollte im Moerser Kar-
meliterkloster eine evangelische Schule „zu pflantzung und erhaltungh gottliches worts“ eingerichtet wer-
den.52
Das Mandat zur Umwandlung des Klosters ist als nicht datiertes Konzept überliefert. Aus Zusätzen von
jüngerer Hand am Schluss des Texts sowie aus einem Schreiben53 des Karmeliterprovinzials Johannes Mace-
rius von der Geel an den Kölner Erzbischof Salentin von Isenburg geht hervor, dass Graf Hermann den
einzigen verbliebenen Klosterbruder um Martini 1573 darüber informierte, das Kloster in eine Schule
umwandeln zu wollen. Die Antwort des Erzbischofs stammt vom 5. Dezember 1573,54 Hermanns Schreiben
ist also wohl die Mitteilung von Mitte November.
Obwohl das Kloster seit Ende 1573 verlassen war, verfolgte Graf Hermann erst 1578 seinen Plan einer
Schulgründung weiter. Mitte dieses Jahres beauftragte er Heinrich Geldorp, den ehemaligen Rektor des

45 Keussen, Geschichte, Anhang, S. XXXIVf.
46 Zu weiteren Briefen im Zusammenhang mit der Pfarrstel-
lenbesetzung von 1564/65 siehe Keussen, Urkundenbuch
Crefeld 4, Nr. 572Sf., 5732; Knipping, Reformations-
geschichte, S. 141f.; Henrichs, Geschichte, S. 184; Dei-
sel, Krefeld, S. 41f.; Buschbell, Geschichte, S. 104f.;
Mast, Wie wurde die Grafschaft Moers evangelisch,
S. 19.
47 Daebel, Reformation, S. 147f.; Rembert, Einführung,
S. 69f.
48 In Moers, Baerl, Hochemmerich und Friemersheim, Dae-
bel, Reformation, S. 152; Bockmühl, P., Hermann und

Walburgis von Nuenar und der Abt Heinrich V. von Wer-
den, in: MRKG 4 (1910), S. 193-203.
49 Siehe oben, S. 156.
50 Daebel, Reformation, S. 76f.
51 Ebd., S. 156f.; Becker, Moers im Zeitalter, S. 178.
52 Hirschberg, Geschichte, S. 87-89.
53 LAV NRW R, Oranien-Moers, Akten, Nr. 105, fol. 6r-8r,
undatiert. Abdruck bei Ottsen, Geschichte I, S. 272f.
54 LAV NRW R, Oranien-Moers, Akten, Nr. 105, fol. 4.
Abdruck (sprachlich modernisiert) bei Ottsen,
Geschichte I, S. 273f.

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