Die Grafschaft Moers
Duisburger Gymnasiums, der seit 1572 in der Grafschaft Moers tätig war, ein Gutachten über die Rechts-
grundlage einer Umwandlung des Klosters zu erstellen. Die Ausarbeitung zog sich offenbar in die Länge,
denn als Hermann am 2. Dezember 1578 starb, lag Geldorps Urteil noch nicht vor. Dieser widmete das
Gutachten schließlich Hermanns Nachfolger Adolf von Neuenahr, der das Moerser Gymnasium illustre, das
spätere Gymnasium Adolfinum, 1581/82 eröffnete.55
4. Polizeiordnung 15. Mai 1574 / 2. September 1580 / 1. Mai 1581 (Text S. 173)
Vinzenz von Moers (reg. 1448-1493) hatte 1460 eine Polizeiordnung für die Grafschaft erlassen.56 Sie ist von
jüngerer Hand überschrieben mit „Alte ordnung der graveschaft Mörß, in den kirchen außzuruffen“. Der
Graf hatte darin Regelungen zu „gotz dynst, hilgen dagen und priestern“ sowie zu Taufen und Eheschlie-
ßungen festgehalten.57 Im 16. Jahrhundert knüpften die Grafen von Neuenahr in gewisser Weise an diese
Ordnung an, denn Hermann erließ am 15. Mai 1574 eine Polizeiordnung, aus der sein Nachfolger Adolf von
Neuenahr-Alpen am 2. September 1580 zahlreiche Punkte in den Kirchspielen verlesen ließ.
Das Original der 1574 erlassenen Ordnung ist nicht erhalten, ihr Inhalt lässt sich lediglich aus den 1580
durch Graf Adolf verkündeten Punkten erschießen. Ob die ältere Fassung umfangreicher als die daraus
entnommenen „gebott und befehl“ war, lässt sich demnach nicht feststellen. Die 1580 verlesene Ordnung
umfasst 43 Artikel, darunter solche zu Sonntagsheiligung, Sexualmoral, Luxus, Aberglauben, Täuferkon-
ventikeln und Armenfürsorge.58
Mit den Polizeiordnungen nahmen die Grafen Einfluss auf die Disziplinierung ihrer Landeskinder. Die
Ordnung von 1574 steht im Zusammenhang mit der Neustrukturierung von Verwaltung und Rechtswesen
im Zuge der frühneuzeitlichen Territorialstaatsbildung. Daneben signalisiert sie möglicherweise bereits Graf
Hermanns Hinwendung zur reformierten Lehre.59 Ungefähr ein halbes Jahr, nachdem Graf Adolf die Ord-
nung seines Vaters bestätigt hatte, erließ er am 1. Mai 1581 eine weitere Polizeiordnung. Sie umfasst die
ersten 38 Artikel der Vorgängerfassung, die von dieser nur in einigen Details abweicht.
Graf Hermann von Neuenahr hatte die Reformation in seinem Herrschaftsbereich eingeführt und eine
zentral organisierte Kirchenleitung geschaffen, an deren Spitze er selbst als Landesherr stand. Ihm war
lediglich ein Kircheninspektor unterstellt, einer kirchenleitenden Behörde bedurfte es in der kleinen Graf-
schaft nicht. Die Pfarrer traten regelmäßig zu Konventen zusammen, um sich über ihre Amtspraxis aus-
zutauschen. Graf Hermann schuf ferner die Grundlagen für eine landesherrliche Armenfürsorge, indem er in
den Kirchspielen Armenkästen errichten ließ, aus denen die Bedürftigen zentral versorgt wurden.60
Während Hermanns Regierungszeit war die Grafschaft Moers zu einem lutherischen Land geworden,
das sich innerhalb seines katholischen Umfelds behauptete. Ende der 1560er Jahre näherte sich der Graf
stärker dem reformierten Bekenntnis an, wie aus seinen Briefen an Matthias Flacius Illyricus, Johann VI.
von Nassau-Dillenburg, Wilhelm von Oranien und Heinrich Geldorp hervorgeht.61 Deutliches Zeichen sei-
nes konfessionellen Wandels ist die Aufnahme reformierter Glaubensflüchtlinge. Nachdem der Herzog von
Alba 1567 die Statthalterschaft in den Niederlanden übernommen hatte und die Protestanten verfolgen
55 Faulenbach, Heinrich Geldorps Gutachten, S. 9-15;
ders., Hermann von Neuenahr, S. 118-120; Steckel,
Horst, Heinrich Geldorp: Armenhaus oder Schule?, in:
Gymnasium Adolfinum, S. 16-21; Becker, Moers im
Zeitalter, S. 255, 262-265; Daebel, Reformation,
S. 155-160. Zum Adolfinum siehe unten, S. 164.
56 LAV NRW R, Oranien-Moers Nr. 78, darin Nr. 1.
57 Wensky, Moers im Mittelalter, S. 108-116; Busch-
bell, Geschichte, S. 45-51.
58 Daebel, Reformation, S. 161-163, 203; ders., Synode
Moers, S. 35, 47-53, 127, 203.
59 Becker, Moers im Zeitalter, S. 231-233, 252f.
60 Daebel, Reformation, S. 153, 161.
61 Goeters, J. F. Gerhard, Ein Brief des Grafen Her-
mann von Neuenahr an den lutherischen Theologen Mat-
thias Flacius Illyricus, in: MEKGR 9 (1960), S. 54-58;
Daebel, Reformation, S. 182-189. Vgl. Goeters, Ent-
stehung, S. 134; Barkhausen, Grafen von Neuenahr-
Moers, S. 118.
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Duisburger Gymnasiums, der seit 1572 in der Grafschaft Moers tätig war, ein Gutachten über die Rechts-
grundlage einer Umwandlung des Klosters zu erstellen. Die Ausarbeitung zog sich offenbar in die Länge,
denn als Hermann am 2. Dezember 1578 starb, lag Geldorps Urteil noch nicht vor. Dieser widmete das
Gutachten schließlich Hermanns Nachfolger Adolf von Neuenahr, der das Moerser Gymnasium illustre, das
spätere Gymnasium Adolfinum, 1581/82 eröffnete.55
4. Polizeiordnung 15. Mai 1574 / 2. September 1580 / 1. Mai 1581 (Text S. 173)
Vinzenz von Moers (reg. 1448-1493) hatte 1460 eine Polizeiordnung für die Grafschaft erlassen.56 Sie ist von
jüngerer Hand überschrieben mit „Alte ordnung der graveschaft Mörß, in den kirchen außzuruffen“. Der
Graf hatte darin Regelungen zu „gotz dynst, hilgen dagen und priestern“ sowie zu Taufen und Eheschlie-
ßungen festgehalten.57 Im 16. Jahrhundert knüpften die Grafen von Neuenahr in gewisser Weise an diese
Ordnung an, denn Hermann erließ am 15. Mai 1574 eine Polizeiordnung, aus der sein Nachfolger Adolf von
Neuenahr-Alpen am 2. September 1580 zahlreiche Punkte in den Kirchspielen verlesen ließ.
Das Original der 1574 erlassenen Ordnung ist nicht erhalten, ihr Inhalt lässt sich lediglich aus den 1580
durch Graf Adolf verkündeten Punkten erschießen. Ob die ältere Fassung umfangreicher als die daraus
entnommenen „gebott und befehl“ war, lässt sich demnach nicht feststellen. Die 1580 verlesene Ordnung
umfasst 43 Artikel, darunter solche zu Sonntagsheiligung, Sexualmoral, Luxus, Aberglauben, Täuferkon-
ventikeln und Armenfürsorge.58
Mit den Polizeiordnungen nahmen die Grafen Einfluss auf die Disziplinierung ihrer Landeskinder. Die
Ordnung von 1574 steht im Zusammenhang mit der Neustrukturierung von Verwaltung und Rechtswesen
im Zuge der frühneuzeitlichen Territorialstaatsbildung. Daneben signalisiert sie möglicherweise bereits Graf
Hermanns Hinwendung zur reformierten Lehre.59 Ungefähr ein halbes Jahr, nachdem Graf Adolf die Ord-
nung seines Vaters bestätigt hatte, erließ er am 1. Mai 1581 eine weitere Polizeiordnung. Sie umfasst die
ersten 38 Artikel der Vorgängerfassung, die von dieser nur in einigen Details abweicht.
Graf Hermann von Neuenahr hatte die Reformation in seinem Herrschaftsbereich eingeführt und eine
zentral organisierte Kirchenleitung geschaffen, an deren Spitze er selbst als Landesherr stand. Ihm war
lediglich ein Kircheninspektor unterstellt, einer kirchenleitenden Behörde bedurfte es in der kleinen Graf-
schaft nicht. Die Pfarrer traten regelmäßig zu Konventen zusammen, um sich über ihre Amtspraxis aus-
zutauschen. Graf Hermann schuf ferner die Grundlagen für eine landesherrliche Armenfürsorge, indem er in
den Kirchspielen Armenkästen errichten ließ, aus denen die Bedürftigen zentral versorgt wurden.60
Während Hermanns Regierungszeit war die Grafschaft Moers zu einem lutherischen Land geworden,
das sich innerhalb seines katholischen Umfelds behauptete. Ende der 1560er Jahre näherte sich der Graf
stärker dem reformierten Bekenntnis an, wie aus seinen Briefen an Matthias Flacius Illyricus, Johann VI.
von Nassau-Dillenburg, Wilhelm von Oranien und Heinrich Geldorp hervorgeht.61 Deutliches Zeichen sei-
nes konfessionellen Wandels ist die Aufnahme reformierter Glaubensflüchtlinge. Nachdem der Herzog von
Alba 1567 die Statthalterschaft in den Niederlanden übernommen hatte und die Protestanten verfolgen
55 Faulenbach, Heinrich Geldorps Gutachten, S. 9-15;
ders., Hermann von Neuenahr, S. 118-120; Steckel,
Horst, Heinrich Geldorp: Armenhaus oder Schule?, in:
Gymnasium Adolfinum, S. 16-21; Becker, Moers im
Zeitalter, S. 255, 262-265; Daebel, Reformation,
S. 155-160. Zum Adolfinum siehe unten, S. 164.
56 LAV NRW R, Oranien-Moers Nr. 78, darin Nr. 1.
57 Wensky, Moers im Mittelalter, S. 108-116; Busch-
bell, Geschichte, S. 45-51.
58 Daebel, Reformation, S. 161-163, 203; ders., Synode
Moers, S. 35, 47-53, 127, 203.
59 Becker, Moers im Zeitalter, S. 231-233, 252f.
60 Daebel, Reformation, S. 153, 161.
61 Goeters, J. F. Gerhard, Ein Brief des Grafen Her-
mann von Neuenahr an den lutherischen Theologen Mat-
thias Flacius Illyricus, in: MEKGR 9 (1960), S. 54-58;
Daebel, Reformation, S. 182-189. Vgl. Goeters, Ent-
stehung, S. 134; Barkhausen, Grafen von Neuenahr-
Moers, S. 118.
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