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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0183
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Einleitung

Inhalte sind jedoch in der Kirchenratsordnung von 1564 niedergelegt,75 die Badius nicht heranzog. Trotz
mancher Übereinstimmungen mit dem kurpfälzischen Vorbild ist Badius’ Kirchenordnung für die Graf-
schaft Moers eine eigenständige Arbeit.76
Die Moerser Kirchenordnung ist nicht im Original, sondern lediglich in zwei Abschriften im Histori-
schen Archiv der Stadt Köln überliefert.77 Beide sind auf neuhochdeutsch verfasst, die Schreiberhände
stammen aus dem 16. Jahrhundert.78 Keine der Fassungen trägt einen Titel, der sie eindeutig der Grafschaft
Moers zuweist. Stattdessen steht auf beiden der Begriff „Ringenberg“ beim Titel, womit das zum Herzog-
tum Kleve gehörige Schloss Ringenberg bei Wesel gemeint ist. Die Grafschaft Moers war das einzige evan-
gelische Territorium am Niederrhein, und auf dieses Vorbild griff die reformierte Schlosskirchengemeinde
von Ringenberg offenbar zurück. Nachdem das Herzogtum Kleve 1598 von spanischen Truppen besetzt
worden war, gelangte die Kirchenordnung um 1599 nach Köln.
Gerhard Goeters konnte aufgrund inhaltlicher Kriterien zeigen, dass es sich bei der „Ringenberger“
letztlich um die Moerser Kirchenordnung von 1581 handelt: Zum einen verweist die Abfolge der Synoden an
Neujahr, Ostern, Pfingsten und Remigius eindeutig auf Moers, da in den umliegenden Territorien andere
Tagungsrhythmen üblich waren. Zum anderen stimmt die Kirchenordnung weitgehend mit der am 12. Juni
1603 erlassenen Kanzelverkündung (unten, Nr. 6) überein, die einen Auszug aus der Kirchenordnung dar-
stellt.79 Schließlich übernahm Arnold II. von Bentheim 1588 die Kirchenordnung seines Schwagers Adolfs
von Neuenahr80, und der Bentheimer Druck lässt eindeutig auf den „Ringenberger“ Text als Vorlage schlie-
ßen.
Mit der Kirchenordnung von 1581 wurde der bereits von Graf Hermann unter der Hand eingeleitete
Übergang zum reformierten Bekenntnis offen fortgesetzt. In Zusammenhang mit dem innerevangelischen
Konfessionswechsel eröffnete Adolf von Neuenahr 1581/82 auch das bereits von seinem Vater geplante
Gymnasium im ehemaligen Karmeliterkloster in Moers. Die Lehranstalt bestand zunächst nur bis zum
Ausbruch des Kölner Kriegs 1583. Erst 1603, in oranischer Zeit, konnte die Schule wiedereröffnet wer-
den.81 Ebenso wie die Moerser Kirchenordnung war auch das Gymnasium Adolphinum für Arnold II. von
Bentheim ein Vorbild, der 1588 in Schüttorf, später in Burgsteinfurt das Gymnasium Arnoldinum einrich-
ten ließ.82

75 Sehling, EKO XIV, S. 409-424, hier S. 418f.
76 Einen detaillierten Vergleich der einzelnen Abschnitte mit
dem Vorbild nahm bereits J. F. Gerhard Goeters vor,
Goeters, Bentheim-Tecklenburgische Kirchenordnung,
S. 78-81.
77 Best. 295, Geistl. Abt. Nr. 237 sowie Nr. 238, Beschrei-
bung bei Simons, Urkundenbuch 1, S. 51f. Das Exemplar
Nr. 237, das auch als Xerokopie im Nachlass von J.F.
Gerhard Goeters (AEKiR Düsseldorf, Best. 7 NL 015,
Nr. 43) überliefert ist, liegt unserem Abdruck zugrunde.
Eine Abschrift dieses Exemplars hatte bereits Emil Seh-
ling Mitte der 1920er Jahre anfertigen lassen, sie befindet
sich heute in Sehlings Nachlass in der UB Erlangen (Ms
2705 A VI,2,1). Heiner Faulenbach legte in den 1980er
Jahren eine weitere Abschrift und einen Vergleich mit
dem Exemplar Nr. 238 an. Sein für den Druck vorberei-
tetes Typoskript befindet sich ebenfalls im Nachlass von
Gerhard Goeters (AEKiR, Düsseldorf, Best. 7 NL 015,

Nr. 44). Die beiden Fassungen Nr. 237 und Nr. 238 unter-
scheiden sich inhaltlich nur in Details.
78 Goeters, Bentheim-Tecklenburgische Kirchenordnung,
S. 77.
79 Neuser/Dörner, Kirchenordnung, S. 21; Daebel,
Synode Moers, S. 24f.; Goeters, Bentheim-Tecklenbur-
gische Kirchenordnung, S. 84f.; Müller, Ist die Moerser
Kirchenordnung von 1560 gefunden, S. 183-187.
80 Daebel, Synode Moers, S. 24f.; Döhmann, Leben des
Grafen, S. 24; Neuser/Dörner, Kirchenordnung,
S. 21f. Vgl. unten, S. 229f.
81 Preuss, Moers in oranischer Zeit, S. 374; Daebel,
Reformation, S. 213-217; ders., Synode Moers, S. 122f.;
Becker, Moers im Zeitalter, S. 265-269. Zum Kölner
Krieg siehe ebd., S. 182-202; Daebel, Reformation,
S. 219-224; Mast, Harte Zeiten, S. 29-38; Kohl, Zeital-
ter der Glaubenskämpfe, S. 505-511 sowie die Dokumente
in Faulenbach, Quellen, S. 386-422.
82 Siehe unten, S. 231.

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