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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0221
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5. Kirchenordnung [1581]

erscheinet, daß die christliche straff oder excom-
munication in ihrem rechten verstandt nit von men-
schen, sondern von Gott selbst sey eingesetzt unnd
der kirchenn zuhalten bevohlen, daß dieselbigen von
andern unreinen versamblungen underschieden und
Gott nit alls ein liebhaber der gottlosen zu seines
nahmens schmach unnd unehr gehaltenn werde.
|26v |
Damit aber dises auschliessen von dem brauch
der heiligen sacramenten und von der christlichen
kirchen nit in einen mißbrauch, wie im pabstumb,
gerathe, sonder daß vielmehr gutte ordnungh darin
gehalten werde, soll man auf folgende puncten woll
acht haben:
Erstlich, das daß ausschliessen von den sacra-
menten und der kirchen nit stehe in eines oder jed-
licher kirchendiener oder anderer wenigh personen
macht, sondern bey der ganzen christlichen gemein
nach Christi, Matth. 18 [15-18], unnd deß apostels
Pauli lehr, 1. Cor. 5 [1-13].
Darneben, daß nach gelegenheit und notturfft
eines jedern orts auß der gemein gottsehlige menner,
die die schrifft seniores oder eltisten nennet155, er-
wehlet werden, die mit und neben den kirchendie-
nern ein aufsehen auf die gemein haben und helf-
fenn, dieselbe regieren, unnd fleißigh zusehen, daß
sie fur irthumb unnd ergerlichen leben verhue-
tet156 unnd daß auch die gefallnen durch straffen
unnd vermahnen wider zu recht gebracht werden.
Zum lezten ist vor allen dingen vonnötten, daß
die kirchendiener sich selbst gleich den allergering-

sten in der gemein dieser christlichen straff under-
werffen und nit understehen, ihres gefallens andere
zustraffenn und auß der gemein zu schliessenn unnd
selbst nit wollen gestrafft sein, welches vielmehr ein
übungh der tiranney ist uber andere (damit die
kirch mehr beschedigt, dann gebawet würt) alls ein
rechtmessige, auß der lieb fliessende straff, und sol-
len hierinn die kirchendiener dem vorbilt unsers
herrn Christi, der sich selbst dieser straff, Johan. 8
[46] mit diesen wortten: Wer |27r| khan mich einer
sünden straffen? underwirfft, folgen, dergleichen
dem apostel Petro, der von dem heiligen Paulo die
straff guetwilligh ahnnahm, Gal. 2 [11-21]. Und wo
die kirchendiener sich nit befleißigen, in lehr unnd
leben fur der menschen augen unstrefflich zu sein,
wie der apostel Paulus, Tit. 1. cap. [7] lehret, oder
sich, wen sie fallen, nit wollen straffenn lassen, da
werden sie mit ihrem predigen kheine oder gar we-
nigh, wie die erfahrungh lehret, frucht schaffen, der-
halben [ist] woll von nötten, das das predigambt
nicht leichtferdigen, sondern furnehmen, gottfurch-
tigen männern befohlen werde, die, was sie anndern
auß Gottes forcht lehren, auch selbst daß underste-
henn zu thun, und allso die gemein mit lehr unnd
leben bawen.
Wie man nun hierinnen soll procediren, daß wirt
ein verstendiger kirchendiener durch daß fleißigh
undersuchen der heiligen schrifft unnd lesen der
gottsehligen gelehrten büchern leichtlich verstehen
khönden.

Vom cathechismo157

Wie nothwendigh die lehr deß cathechismi in der
kirchen Christi sey, daß lehrnet die erfahrungh, dan
gleichwie auß der lehr unnd erclerungh der furneh-
men articulen christlicher religion wahre erkhentnus
Gottes, glaub, gottesforcht unnd andere christliche
tugenden folgen, allso im gegentheil, da nemblich
die lehr deß cathechismi nit im brauch ist, folget nit
annders dan unverstandt, irthumb, blindtheit und
in gemein ein gottloß leben, wie man daß in vielen
155 Apg 14,23; 1Tim 5,19; Tit 1,5-6.
156 Geschützt.

jharen her (leider) mehr dan zuviel erfahren hatt,
soll derhalben in allen kirchen, und daß auß folgen-
den ursachen, die in |27v| Gottes wortt gegrundet,
zum nothwendigen bericht beide, der jungen unnd
alten, der cathechismus gelehret werden.
Zum ersten. Damit es niemandt darfur halte, den
catechismum zuüben, sey ein menschen satzungh,
lehret Gottes wort, daß man die kinder unnd sonst
157 Siehe oben, Anm. 7.

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