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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0240
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Die Grafschaft Bentheim-Tecklenburg

2. Die Grafschaft Tecklenburg und die Einführung der Reformation seit 1527
Mittelpunkt des Tecklenburger Territoriums, das sich zwischen Hunte und Ems ausdehnte, war die gleich-
namige Festung, die vermutlich um 1100 errichtet worden war.6 Vor 1150 erbauten die Grafen von Teck-
lenburg auch in Lingen eine Burg, und die dabei entstandene Siedlung wurde zum Vorposten der Graf-
schaft.7
1263 starben die Grafen von Tecklenburg aus, ihre Güter fielen über die Erbtochter Heilwig an die
jüngere Linie der Grafen von Holland, die sich seit dem Erwerb der Obergrafschaft Bentheim 1154/65
Grafen von Bentheim nannten.8 1327/28 kam der Besitz an die verwandten Grafen von Schwerin, die den
Namen Tecklenburg fortführten, 1365 fiel ihnen auch die Herrschaft Rheda zu.9
1493 wurde das Herrschaftsgebiet unter den Söhnen Nikolaus’ III. von Tecklenburg-Schwerin geteilt:
Otto VII. (1493-1534) erhielt Tecklenburg und Rheda, Nikolaus IV. († 1541) Lingen (= Niedergrafschaft)
sowie die vier Kirchspiele Brochterbeck, Ibbenbüren, Mettingen und Recke (= Obergrafschaft). Durch die
Erbteilung wurde Lingen zu einer selbstständigen Grafschaft, deren beide Teile durch die tecklenburgische
Enklave Schale auch räumlich voneinander getrennt waren.10 1518 besetzte Bischof Erich I. von Münster
Stadt und Burg Lingen, woraufhin Nikolaus IV. seinen Landesteil 1526 seinem Verwandten Karl von
Egmond, dem Herzog von Geldern, unterstellte. Damit war Lingen zu einem geldrischen Lehen geworden,
ein folgenreicher Rechtsakt, der 1548 die Abtrennung Lingens von Tecklenburg zur Folge haben sollte.11
Kirchlich gehörten die Grafschaften Tecklenburg, Lingen und Rheda zum Bistum Osnabrück. Im Teck-
lenburger Landesteil lagen die beiden Zisterzienserinnenklöster Schale und Leeden sowie das Kreuzherren-
kloster Osterberg, in der Herrschaft Rheda das Benediktinerinnenkloster Herzebrock und das Prämon-
stratenserkloster Clarholz.12
Die Einführung der Reformation in der Grafschaft Tecklenburg ist eng mit der Person Konrads von
Tecklenburg (1501-1557)13, des Sohns Ottos VII. von Tecklenburg-Schwerin, verbunden. Zwischen 1521
und 1524 hielt er sich am Hof des drei Jahre jüngeren Philipp von Hessen auf, dessen Lutherbegeisterung er
sich anschloss und mit dem er 1521 zum Reichstag nach Worms reiste.14
Seit 1524 regierte Konrad gemeinsam mit seinem Vater Otto VII. in der Herrschaft Rheda. Drei Jahre
später heiratete er Landgräfin Mechthild, die Tochter Wilhelms I. von Hessen (1466-1520) und Cousine
Landgraf Philipps I. Diese Eheschließung wurde vielfach als Auftakt der Reformationseinführung in der
Herrschaft Rheda aufgefasst, zumal sich 1527 erste Anzeichen dafür erkennen lassen, dass Konrad von

6 Zu den Anfängen siehe Gertzen, Grafschaft.
7 Schulte, De statu villae Linge, S. 28-41; Gertzen,
Grafschaft, S. 53f.
8 Veddeler, Entwicklung, S. 41f.; Spannhoff, Grafen
von Tecklenburg, S. 14-22.
9 Klueting, Harm, Die Landstände der Herrschaft
Rheda, in: WF 27 (1975), S. 67-83; ders., Ständebildung
ohne Ritterschaft. Die Klöster Marienfeld, Clarholz und
Herzebrock als Landstände der Herrschaft Rheda, in:
Meier, Clarholtensis Ecclesia, S. 235-256; Gertzen,
Grafschaft, S. 8-16, 34-39; Schröer, Reformation 1,
S. 191f.
10 Siehe die Karte bei Schröer, Reformation 1. Vgl. Wolf,
Entstehung, S. 12-14; von Oer, Oranien-Nassau, S. 257;
Bockhorst, Grafen von Tecklenburg, S. 38.
11 Homann, Lingen, S. 57f.; Wolf, Entstehung, S. 21-25;

Behr, Verlust, S. 8f.; Bockhorst, Grafen von Tecklen-
burg, S. 38; Schröer, Reformation 1, S. 194f.
12 Rohm/Schindling, Tecklenburg, S. 187; Spannhoff,
Klostergründungen, S. 43-50; Pabst, Osterberg, S. 51-
55; Klueting, Herzebrock; Meier, Clarholtensis Eccle-
sia. Vgl. die Artikel in Hengst, Klosterbuch 1, S. 185-
190 (Clarholz), S. 441-447 (Herzebrock), S. 495-499 (Lee-
den); II, S. 172-175 (Osterberg), S. 321-323 (Schale). Zu
Osterberg siehe auch Kühn, Kirchenordnung, S. 33;
Grosse-Dresselhaus, Einführung, S. 64f., 75.
13 Zu Konrad von Tecklenburg siehe Rübesam, Konrad
von Tecklenburg; Richter, Konrad von Tecklenburg,
S. 175-194; Möller, Vor 450 Jahren, S. 868f.; Neuser,
Kirchengeschichte, S. 53.
14 Rohm/Schindling, Tecklenburg, S. 186; Grosse-
Dresselhaus, Einführung, S. 25f., 30; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 65.

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