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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0252
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Die Grafschaft Bentheim-Tecklenburg

digung zu üben und die Einheitlichkeit ihrer Lehre abzustimmen. Im Bentheimer Landesteil wurden diese
Synoden seit 1597 durchgeführt, sie fanden vier Mal im Jahr an wechselnden Orten statt.103
Nach dem Bentheimer Beispiel plante Arnold II., auch in der Grafschaft Tecklenburg Synoden (Klas-
sikalkonvente) einzuführen und erließ am 19. Mai 1604 ein entsprechendes Mandat. Darin legte er ferner
fest, jährlich zwei Generalsynoden aller Geistlichen seines Herrschaftsbereichs einzuberufen. Die erste sollte
in Schüttorf im Bentheimer Landesteil stattfinden, die zweite in Lengerke in der Grafschaft Tecklenburg-
Rheda. Die nächste sollte in Burgsteinfurt tagen und die Reihe anschließend wieder in Bentheim beginnen.
Den Generalsynoden sollte ein Präses vorstehen, und zur Teilnahme waren ausschließlich die Geistlichen
der Bentheimer Territorien berechtigt, die in Anwesenheit des Landesherrn oder dessen Vertreters tagten.
Neben der Organisation von Klassikalkonventen und Generalsynoden traf Arnold II. in dem Mandat vom
19. Mai auch Regelungen zum Glockenläuten bei Gottesdiensten und Begräbnissen, zu Abendmahl, Taufe,
Beichtpfennig, Almosensammlung sowie zur Residenzpflicht der Pfarrer und Prediger.104
Ende 1604 ließ der Graf die Prediger aus Bentheim, Tecklenburg-Rheda und Steinfurt in Schüttorf zur
ersten Generalsynode zusammenkommen. Die Versammlungen fanden vom 12. bis 19. Dezember nicht nur
in Anwesenheit des Grafen, sondern auch seiner beiden Söhne Adolf und Arnold Jost sowie zahlreicher
gräflicher Beamten statt. Die Sitzungsprotokolle dieser ersten Generalsynode sind nicht überliefert, die Vita
Arnoldi berichtet aber, dass „von der lehr und einhelligkeit alß fundamenta der säligkeit gehandelt worden“
sei, also zunächst dogmatische Fragen erörtert wurden. Daneben beschloss man, in den einzelnen Pfarr-
sprengeln Presbyterien einzurichten.105 Die seit 1604 geführten Presbyterialprotokolle dokumentieren die
Verfassung des Bentheimer Kirchenwesens: Die Presbyterien der Pfarrgemeinden bestanden aus vier
Ämtern - Predigern, Ältesten, Diakonen und Kirchenmeistern, ihre Hauptaufgabe bestand darin, die Sit-
tenzucht der Gemeindeglieder zu gewährleisten.
1605 wurde das Inspektorat, eine übergeordnete ständige Behörde geschaffen. Dem Inspektor oblag die
Aufsicht über das gesamte Kirchen- und Schulwesen des Landes. Er ließ Visitationen durchführen, nahm
das Examen der Pfarramtskandidaten ab und war gemeinsam mit anderen gräflichen Delegierten an den
Generalsynoden beteiligt. Erster Amtsinhaber war Conrad Vorstius106, der 1610 von Hermann Ravensperg
abgelöst wurde.107

103 Schmidt, Classis, S. 33-38; Smend, Kirchenverfassung,
S. 33.
104 Zum Inhalt siehe Smend, Kirchenverfassung, S. 13f.
105 Döhmann, Leben des Grafen, S. 61. Die Presbyterial-
protokolle für Bentheim sind überliefert, siehe Smend,
Kirchenverfassung, S. 15; vgl. Schmidt, Bentheimer
Artikel, S. 93, 99; Schmidt, Anfänge, S. 139-155; Dres-
bach, Kirchengeschichte, S. 492f.; Rübel, Arnold, S. 32.
106 Dr. Conrad Vorstius (1569-1622) stammte aus Köln, er
war 1596 der erste Professor für Theologie am Arnoldi-
num in Burgsteinfurt und seit 1605 nicht nur erster Pfar-
rer an der Steinfurter Stadtkirche, sondern auch Inspek-
tor des Bentheimer Kirchenwesens. 1611 wurde er als

Nachfolger des Theologen Jakob Arminius’ an die Uni-
versität Leiden berufen, van’t Spijker, Conrad Vor-
stius, S. 176-190; van’t Spijker, Willem, Heidelberger
Gutachten in Sachen Vorstius, in: Strohm, Christoph
(Hg.), Späthumanismus und reformierte Konfession.
Theologie, Jurisprudenz und Philosophie in Heidelberg an
der Wende zum 17. Jahrhundert (SuR 31), Tübingen
2006, S. 207-227; Warnecke, Arnoldinum, S. 273-275,
278-281; Schmidt, Bentheimer Artikel, S. 97f.; Rübel,
Gymnasium, S. 305.
107 Smend, Kirchenverfassung, S. 15-25; Plasger, Bedeu-
tung, S. 44.

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