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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0295
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3. Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung 1588/1619

H. 11211 Geistes das Reich Christi in seiner Jünger
Hertzen beyde, im glauben und reiner lehr und gott-
seligkeit deß lebens, sonderlich bey den schwachen,
irrenden Schäfflein erhalten unnd befürdert werde.
Der ander finis oder zweck trifft an das gantze Cor-
pus Ecclesiae, das ist die ganze Kirch, daß nit die
gantze Herde angesteckt werde durch falsche Lehr
oder gotloß leben, Es sey bey Predigern oder Zuh6-
rern, sonder bey zeiten raht geschaffet werde. Der
erste finis oder zweck scheinet auß den worten Chri-
sti vom verlornen Schaffe, Luc. 15, v. 4 et seq., Der
ander finis oder zweck ist offenbar auß der 1. an die
Corinth. 5, vers. 6 und an andern orten mehr. \122\
Und diese Disciplin ist auß folgenden zeugnus-
sen der H. Schrifft offenbar: Lev. am 7., v. 19, 20,
21,h 22, 23, 24 etc. und [Lev] 22, v. 3[-9] lesen wir,
Daß Gott den Priestern, wann sie nach dem Gesetz
unrein weren, verbotten habe, von den Opfferen zu
essen, Und daß sie nicht ehe derselben Opffern
möchten geniessen, sie weren dann rein. Würden sie
aber dawider thun, so sol ire Seele außgerottet wer-
den. Unnd wirdt dasselbig gebott auch der gantzen
Gemein Israels gegeben, wie auß den Büchern Moy-
sis und der H. Propheten zusehen Unnd wie Chri-
stus, Matth. am 5., v. 21, 23, 24 lehret, da er den
rechten verstandt deß Gesetzes, der von den Phari-
seern vertunckelt war, wider auff die Bahn bringet
und sagt, daß der, so etwas außstehens 11231 mit sei-
nem Nechsten hette, sein Opffer zum Altar nicht
bringen solte, er were dann mit seinem Bruder und
Nechsten erst vers6b.net worden. Und obwol den un-
reinen das Osterlamb zu essen erleubet, so hat doch
solches nicht mögen geschehen zur zeit ihrer unrei-
nigkeit, sondern ist ihnen eine andere zeit als der
viertzehende tag deß zweiten Monats, biß sie sich
gereiniget, das Osterlamb zu halten bestimpt wor-
den, wie Num. 9, v. 10, 11 geschrieben stehet.
Es hat daneben Gott dise Ordnung und Disci-
plin in der Kirchen der Israeliten von dem under-
scheide deß Reinen von dem unreinen den Priestern
zu unterbalten177 befohlen und inen gebotten, Wenn
sie das Heiligthumb ihres dienstes pflegen wolten, so
solten sie keinen 11241 Wein noch starck Geträncke
u [Apk 2] v. 14, 15, 20, 21.
h Im Druck folgt hier irrtümlich: Luc.

trincken, auff daß sie zwischen den reinen und un-
reinen underscheiden unnd die Kinder Israels lehren
künten, Lev. 10, v. 9, 10, Unnd werden derhalben
die Priester, die wider diesen befehl gethan, hefftig
von dem Propheten Ezechiel am 22. Cap., v. 26-31
gestraffet, Item in der offenbarung Johannis am
2. Cap., ver. 2[-29], da er die Kirch der Epheser, daß
sie die B6sen nicht leiden kondte, gelobt, Und da-
gegen die Kirch zu Pergam unnd zu Thiatiren
straffU, daß sie bey sich hetten, die da hielten an der
Lehr Balahams, und der Nicolaiten unnd der Jesa-
bel zuliessen, daß sie die Knechte und Diener Gottes
verführte. Wie fleissig auch die H. Aposteln 11251 die-
sem befehl Christi nachkommen und die Christliche
straff underhalten, Ist auß iren Sendbrieffen, unnd
sonderlich deß Apostels Pauli, zu sehen, Als in der
I. Cor. 5, v. 3, 4, 5, 11; 2. Corint. 10, v. 5, unnd 13,
ver. 1, 2; in der 2. Epistel zu den Thess. am 3. Ca-
pitel, v. 6, in der 1. Tim. 1, 20 und 2. Tim. am
4\, [v.] 15; Tit. 3, v. 10.
Auß disen und dergleichen zeugnussen der heili-
gen Schrifft ist offenbar, daß die Christliche straaff
oder Excommunication in irem rechten verstande
nicht von Menschen, sondern von Gott selbst sey
eingesetzet und der Kirchen zu halten befohlen,
Daß dieselbe von andern unreinen versamblungen
underscheiden und mit Gott nicht als einen liebha-
ber der gottlosen zu seines Nahmens unehr gehalten
werde. 11261 Damit aber diß außschliessen von dem
brauch der heiligen Sacramenten und von der
Christlichen Kirchen nicht in einen mißbrauch, wie
im Bapsthumb geschehen ist, gerahte, sondern daß
vielmehr gute ordnung darinn gehalten werde, Als
sol man auff folgende puncten wol acht haben:
1. Erstlich, daß das außschliessen von den Sacra-
menten und der Kirchen nit stehe in eines oder et-
licher Kirchendiener oder anderer Personen macht,
sonder bey der gantzen Christlichen Gemeine nach
Christi, Matth. am 18., v. 17, und deß Apostels
Pauli, 1. Cor. 5, v. 5, 11, Lehr und Befehl und Ex-
empel.
1 Im Druck: 1.
177 Halten, einzuhalten.

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