Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0302
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B entheim-Tecklenburg

VIII. Hauptstück
Ordnung der Feirtagen

Wiewol alle Figuren und schatten deß alten Testa-
ments durch Christum, in welchem wir die warheit
unnd erfüllunge desselben haben, und also der Sab-
bath, sofern er ein Ceremonie und fürbildt auff
Christum gewesen, auffgehaben und derwegen ein
tag dem andern an der heiligkeit nit fürzuziehen,
Wie der Apostel an die Colosser11 genugsam lehret,
jedoch, dieweil Gott im vierten Gebott197 noch auff
diesen Zweck gesehen, daß ein tag in der Wochen zu
erhaltung unnd fortpflantzung deß Got- 11561
tesdienstes angewendet, zu dem auch das Gesinde
und Vieh eine erquickung vom Schöpffer ihnen ge-
günnet haben möge, und ausser allem zweiffel ist,
daß die lehr der gebotten Gottes eine bestendige
Regul seiner ewigen, unwandelbaren Gerechtigkeit
ist, welcher alle Menschen sollen unnd müssen un-
derworffen sein0, Aber von den Aposteln her der
Sontag zu beyden obgenanten zwecken gebraucht
worden198, So sollen auch die Christen an solchem
tag von außwendiger arbeit sich enthalten, Unnd zu
dem ende, daß sie desto fleissiger und mit mehrer
andacht Gottes Wort hören, die Sacramenten brau-
chen, Christliche Gebett und Dancksagung zu Gott
thun unnd wercke der liebe den Armen unnd Nech-
sten beweisen können. Und 11571 ob man wol in die-
sen stücken sich allezeit uben und als den geistlichen
Sabbath nach deß Propheten Esaie, Cap. 66
[23],199 prophecei halten sol, So hat doch Gott der
Herr im geben seiner Gebott darauff gesehen, daß
solches fürnemblich auff den Feyrtagen von der
gantzen Gemein geschehen sol. Derhalben es billich
unnd recht ist, einen tag zum underhalt deß alge-
meinen Kirchendienstes in der Wochen zu halten
unnd am selbigen tage keine zeitliche wercke (die
Gott in den anderen sechs tagen außzurichten be-
fohlen hat200) thun, Damit die Leute in ubung deß
n Coloss. 2, v. 16, 17, 18.
0 Apocal. 1, v. 10.

197 Ex 20,8-11; Dtn 5,12-15. Hier nach reformierter Zäh-
lung der Gebote.
198 Vgl. Apg 13,14.44; 15,21.

außwendigen Gottesdienstes201 unverhindert bleiben
und also im glauben unnd aller gottseligkeit ge-
sterckt unnd erbauwet mögen werden. 11581 Dieweil
aber das gemeine Volck an den tagen, an welchen
man sich fürnemlich zur gotseligkeit und liebe uben
solt, mehr dann auff andere tag zu der vollereien
unnd anderer leichtfertigkeit sich begibt, wie das
(leider) viel zu viel geschehen und noch täglich ge-
schicht, So sollen beyde, Obrigkeit unnd Kirchen-
diener, allen fleiß fürwenden, diese mit ernstlichem
vermanen und drawen202 deß zorns Gottes, jene mit
verbott und gebott, daß solches wüstes leben, da-
durch Gottes Nam und seine heilige Ordnung geli-
stert und geschmähet unnd die Gemeine geärgert
wirdt, abgeschaffet werde, damit der zorn Gottes
nicht wegen solcher unordnung uber die Gemeine
komme. 11591
Es sollen auch neben dem Sontage diese nachfolgen-
den Feirtage gehalten werden, damit an denselben
die fürnemste Articul deß Christlichen Glaubens zur
ehren Jesu Christi und trost der armen Kirchen mö-
gen erklärt werden:
Den Christag sampt den nechsten zweyen tagen
darnach.
Der newe Jahrstag oder der erste tag im Jahre.
Der Ostertag sampt den nechsten zweien tagen dar-
nach.
Der Himmelfahrtstag Christi.
Der Pfingstag sampt folgenden Mon- und Dinstag
darnach.
So viel anlangt die andere Feirtage, die man bißan-
her gehalten und der heiligen tag genennet werden,
dieweil die dem Wort Gottes zuwider und mehr 11601
zur Abgötterey unnd Aberglauben (wie die erfah-
199 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 103, Neuser,
Katechismus, S. 202f.
200 Ex 20,9; Dtn 5,13.
201 Siehe oben, Anm. 62.
202 Androhung.

284
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften