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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0320
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Bentheim-Tecklenburg

5. Mandat zum Glockenläuten bei Gottesdiensten und Begräbnissena
30. Dezember 1601

Nachdem der wolgeborner graff unnd herr, herr Ar-
noldt1, grave zu Bentheim, Teckelnburg, Steinfurdt
unnd Limburg, herr zu Rheda unnd Wevelingkho-
ven, erbvogt zu Cöllnn, unser gnediger graff unnd
herr, hiebevorn bei einführung ihrer g[naden] christ-
lichenn reformation unnd kirchenordnung2 unnd
auch underschiedtlich hernacher tragendenn christ-
lichenn obrigkeit ambtß halbenn gar ernstlich gebie-
tenn unnd von den cantzeln in allen deren graff-
unnd herschafften publicieren lassen, daß man sich
deß unnötigen, vielfeltigenn leütenß und sonderlich
deß abergläubischen beyerenß3 mit dem glockenn
sowoll auff sontagenn alß auch den sonderlichen fest-
unnd feirtagenn zu den predigten göttlicheß wortß,
wie dan auch zu begrebnuß der thodten, sich mes-
sigenn unnd endthaltenn, unnd die eine zeit alß die
andere darin gleicheit halten sollen, so befinden ihre
g. daß, je lenger je mehr derselben gebott weinig
nachgelebet unnd jetzo noch alß vor in solchen unnd
dergleichen superstition, ohen- unnd ubergläubi-
schen wesen dem gebrauch deß leidigen pabsthumbß
unauffhörlich nachgefolget wirdt. Dieweill aber sol-
cheß allerseits in wort Gotteß durchauß keinen
grundt hat, sondern allein ein menschlicher, nichti-
ger wohn4 ist, und wollgedachtem unserm gnedigen
graven unnd herrn gar sehr verdrießen thut, daß ih-
rer g. mandata unnd bevelche dieser gestalt vernich-
tet und denselben keine folg geleistet werden, so ha-
ben ihre g. solche vorige ordnung unnd mandata
hiemit widderumb ernewert unnd zuvorderst den
kösteren an jeden kirchen ihrer g. gebietß, welchen
daß leüten sonderlich bevolhen ist, hiemit bei ihrer
g. höchster ungnad unnd ernstlicher straff, auch

a Textvorlage (Handschrift): FA Burgsteinfurt Best. A
Nr. 1059, fol. 4.
1 Arnold II. von Bentheim (1554-1606), siehe oben,
S. 229.
2 Kirchenordnung von 1588, oben, Nr. 3.

verwürckung ihreß dienstes eingebunden haben, daß
sie sich hinfürter deß beyerenß mit den glocken
durchauß enthalten unnd auff den son-, auch den
festagenn zu den predigten dreimahl vorher nach-
einander nur mitt einer glockenn unnd, wan daß be-
schehen, zu ende uffs letzste mit einem [kl]einem
glöckschen, sofern ein solchß verhandenn, leuten,
auch zu begrebnuß der thodtenn bei der maß, so in
ihrer g. kirchenordnung außtrücklich angedeü-
tet5, verbleiben, unnd sich deß anderen ubermessi-
gen täglichen leütenß keineßwegß hinfürter zubrau-
chen eüsseren sollen unnd, alß ihre g. vermercken,
daß die pastorn unnd prediger bei den kösteren kei-
ne uffsicht, weil auch ihrer g. drosten unnd ambt-
leüte uber derselben bevelch nicht der gebür halten,
sondern daß sie dem also ungestrafft zusehen und
einem jeden nach seinem willen handelen lassen, alß
sollen dieselbe auch hiemit ihrer pflicht ernstlich bei
vermeidung ihrer g. ungnade erinnert sein mit dem
außtrücklichem bevelch, so einiger koster oder auch
jemandt anders, es sei bürger oder baur, diesem ih-
rer g. bevelch sich widersetzenn und demselben kei-
nen gehorsamb leisten oder daruber thun würde,
daß sie, die pastorn, solchß denn beambten unnach-
leßig angeben unnd dieselbe alßdan ohne einigen
verzug den ubertrettern obberürte straff mit gebü-
rendem ernst vornemen unnd exequieren. Daran ge-
schicht ihrer g. ernstliche mainung und bevelch,
unnd würdt sich ein jetweder, ihrer g. ungnad unnd
straff zuverhuten, darnach wissen zurichten. Zur ur-
kundt haben ihre g. diesem bevelch deroselben an-
geborn gräfflich secret auffs spacium aufftrucken
lassen.

3 Beim Beiern wird nicht im Schwung geläutet, sondern
die ruhende Glocke mit dem Klöppel angeschlagen,
Grimm, DWb 1, Sp. 1368; MGG Sachteil 3 (1995),
Sp. 1473f.
4 Wahn, Aberglaube, Grimm, DWb 27, Sp. 617f.
5 Kirchenordnung von 1588, oben, S. 290.

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