Einleitung
traf.33 Wenige Tage darauf erklärte die Stadt gegenüber dem Herzog von Kleve, dass man zum neuen
Glauben übergetreten sei, und am 7. Januar feierte Johann Molner in St. Petri die erste deutsche Messe.34
Gert Oemeken hatte die Arbeit an der Kirchenordnung aufgenommen und legte am 13. März 1532 einen
umfangreichen Entwurf vor, den er dem Rat, den Zwölfherren, den Ämtern und der Gemeinheit verlesen
wollte. Der Magistrat, der sich vorbehalten hatte, den Text zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern, machte
nun von diesem Recht Gebrauch und ersuchte Oemeken, die Ordnung einem Ratsgremium vorzulegen.
Oemeken missachtete die Aufforderung, indem er den Soestern eigenmächtig mitteilte, dass die Kirchenord-
nung fertiggestellt sei und sie - auf Drängen der Evangelischen - öffentlich verlesen ließ. Daraufhin ver-
langte der Rat erneut, den Text zu kürzen, was Oemeken wiederum ablehnte.
Da der Rat fürchtete, der Unmut unter der Bevölkerung könnte zu neuem Aufruhr führen, ließ er am
20. März die Vertreter der sechs Hofen nach ihrer Meinung fragen. Diese sprachen sich nicht einstimmig für
oder gegen Kürzung und Korrektur durch den Rat aus, „so dat si dair gantz rumorig worden“. Zur Beru-
higung der aufgeheizten Stimmung, „up dat dat volck gestilt worde und van einander queme“, beschloss der
Rat schließlich, die Ordnung so anzunehmen, wie Oemeken sie formuliert hatte.35
Am 4. April 1532 wurde die Kirchenordnung durch Rat, Ämter und Gemeinheit akzeptiert.36 Am 16.
April kamen die Gremien noch einmal zusammen, ließen sich die „principallpuncte“37 - die Kurzfassung der
Kirchenordnung - verlesen und beschlossen, „de ordinantien to versegeln und in den druck to stellen, welck
den selbigen dach mester Gert Omeken to doinde sunder der van Soist kost lovede“.38
Die Kirchenordnung wurde also seitens der Obrigkeit erlassen, obwohl der Rat sein Mitspracherecht
nicht hatte durchzusetzen können. Immerhin war es ihm aber gelungen, dem Verfasser die Kosten für den
Druck des ungekürzten Werkes aufzubürden, denn Oemeken, der Soest noch im April 1532 verließ, veran-
lasste, dass die Ordnung bei Johann Balhorn in Lübeck gedruckt wurde.39
Der Druck kann erst nach dem 12. Juni 1532 erfolgt sein, denn mit diesem Datum ist das Gutachten
von Urbanus Rhegius40 versehen, das der Kirchenordnung inseriert wurde.41 Auch andere Magistrate und
Territorialherren ließen ihre Kirchenordnungen von namhaften Theologen begutachten und somit theolo-
gisch approbieren, wie es bei der Herforder Kirchenordnung von 1532 durch Johannes Bugenhagen oder der
lippischen von 1538 durch Luther, Bugenhagen, Melanchthon und Justus Jonas der Fall war.42 Warum man
in Soest auf Urbanus Rhegius, den Superintendenten des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel, als Gut-
achter zurückgriff, muss ebenso offen bleiben wie die Frage, ob die Initiative hierfür vom Soester Rat oder
von Oemeken ausging, der mit Rhegius befreundet war und der sein Werk mit dieser Expertise möglicher-
33 Knodt, Omeken, S. 11-21; Stupperich, Reformations-
geschichte, S. 91; Schröer, Reformation 1, S. 362f.;
Schwartz, Geschichte, S. 49-52.
34 Schwartz, Geschichte, S. 52, 55; Schröer, Reforma-
tion 1, S. 363; Ehbrecht, Reformation, S. 256.
3;J Zu den Vorgängen nach dem 13. März siehe das Rats-
protokoll, Jostes, Daniel von Soest, S. 95-99,
Schwartz, Geschichte, S. 353-358 und Cornelius,
Geschichte 1, S. 252-265. Vgl. Schwartz, Geschichte,
S. 58f.; Jostes, Daniel von Soest, S. 24-26; Cornelius,
Geschichte 1, S. 117-119; Ehbrecht, Reformation,
S. 260; Schröer, Reformation 1, S. 369; Stupperich,
Reformationstheologie, S. 21f.; Knodt, Omeken, S. 21;
Haller, Buchwesen, S. 751-753.
36 Schwartz, Geschichte, S. 356; Jostes, Daniel von
Soest, S. 97. Vgl. auch die Passage in der Kirchenordnung,
unten, S. 457.
37 StadtA Soest Abt. A 6173, fol. 18r-23v und fol. 28r-37r
(zwei Fassungen).
38 Schwartz, Geschichte, S. 357; Jostes, Daniel von
Soest, S. 98.
39 Knodt, Omeken, S. 227f. Anm. 29; Schröer, Reforma-
tion 1, S. 362; Schwartz, Geschichte, S. 77-79; Neu-
ser, Kirchengeschichte, S. 60; Ehbrecht, Reformation,
S. 260; Haller, Buchwesen, S. 753.
40 Urbanus Rhegius (1489-1541) wirkte seit 1530 in Celle als
Superintendent Herzog Ernsts von Braunschweig-Lüne-
burg, Liebmann, Rhegius; Stupperich, Rhegius; Hen-
drix, Art. Rhegius, TRE 29 (2004), S. 155-157;
Zschoch, Art. Rhegius, RGG 7 (2004), S. 489; ders., Art.
Rhegius, BBKL 8 (1994), Sp. 122-134; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 214 Anm. 534.
41 Stupperich, Rhegius, S. 24-26; Schwartz, Geschichte,
S. 60 Anm. 26; Knodt, Omeken, S. 21, S. 227 Anm. 29,
S. 229f.; Schröer, Reformation 1, S. 370; Liebmann,
Rhegius, S. 388 Nr. 92.
42 Siehe Sehling, EKO XXI, S. 163, 165-167 (Herford),
S. 286, 306f. (Lippe).
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traf.33 Wenige Tage darauf erklärte die Stadt gegenüber dem Herzog von Kleve, dass man zum neuen
Glauben übergetreten sei, und am 7. Januar feierte Johann Molner in St. Petri die erste deutsche Messe.34
Gert Oemeken hatte die Arbeit an der Kirchenordnung aufgenommen und legte am 13. März 1532 einen
umfangreichen Entwurf vor, den er dem Rat, den Zwölfherren, den Ämtern und der Gemeinheit verlesen
wollte. Der Magistrat, der sich vorbehalten hatte, den Text zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern, machte
nun von diesem Recht Gebrauch und ersuchte Oemeken, die Ordnung einem Ratsgremium vorzulegen.
Oemeken missachtete die Aufforderung, indem er den Soestern eigenmächtig mitteilte, dass die Kirchenord-
nung fertiggestellt sei und sie - auf Drängen der Evangelischen - öffentlich verlesen ließ. Daraufhin ver-
langte der Rat erneut, den Text zu kürzen, was Oemeken wiederum ablehnte.
Da der Rat fürchtete, der Unmut unter der Bevölkerung könnte zu neuem Aufruhr führen, ließ er am
20. März die Vertreter der sechs Hofen nach ihrer Meinung fragen. Diese sprachen sich nicht einstimmig für
oder gegen Kürzung und Korrektur durch den Rat aus, „so dat si dair gantz rumorig worden“. Zur Beru-
higung der aufgeheizten Stimmung, „up dat dat volck gestilt worde und van einander queme“, beschloss der
Rat schließlich, die Ordnung so anzunehmen, wie Oemeken sie formuliert hatte.35
Am 4. April 1532 wurde die Kirchenordnung durch Rat, Ämter und Gemeinheit akzeptiert.36 Am 16.
April kamen die Gremien noch einmal zusammen, ließen sich die „principallpuncte“37 - die Kurzfassung der
Kirchenordnung - verlesen und beschlossen, „de ordinantien to versegeln und in den druck to stellen, welck
den selbigen dach mester Gert Omeken to doinde sunder der van Soist kost lovede“.38
Die Kirchenordnung wurde also seitens der Obrigkeit erlassen, obwohl der Rat sein Mitspracherecht
nicht hatte durchzusetzen können. Immerhin war es ihm aber gelungen, dem Verfasser die Kosten für den
Druck des ungekürzten Werkes aufzubürden, denn Oemeken, der Soest noch im April 1532 verließ, veran-
lasste, dass die Ordnung bei Johann Balhorn in Lübeck gedruckt wurde.39
Der Druck kann erst nach dem 12. Juni 1532 erfolgt sein, denn mit diesem Datum ist das Gutachten
von Urbanus Rhegius40 versehen, das der Kirchenordnung inseriert wurde.41 Auch andere Magistrate und
Territorialherren ließen ihre Kirchenordnungen von namhaften Theologen begutachten und somit theolo-
gisch approbieren, wie es bei der Herforder Kirchenordnung von 1532 durch Johannes Bugenhagen oder der
lippischen von 1538 durch Luther, Bugenhagen, Melanchthon und Justus Jonas der Fall war.42 Warum man
in Soest auf Urbanus Rhegius, den Superintendenten des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel, als Gut-
achter zurückgriff, muss ebenso offen bleiben wie die Frage, ob die Initiative hierfür vom Soester Rat oder
von Oemeken ausging, der mit Rhegius befreundet war und der sein Werk mit dieser Expertise möglicher-
33 Knodt, Omeken, S. 11-21; Stupperich, Reformations-
geschichte, S. 91; Schröer, Reformation 1, S. 362f.;
Schwartz, Geschichte, S. 49-52.
34 Schwartz, Geschichte, S. 52, 55; Schröer, Reforma-
tion 1, S. 363; Ehbrecht, Reformation, S. 256.
3;J Zu den Vorgängen nach dem 13. März siehe das Rats-
protokoll, Jostes, Daniel von Soest, S. 95-99,
Schwartz, Geschichte, S. 353-358 und Cornelius,
Geschichte 1, S. 252-265. Vgl. Schwartz, Geschichte,
S. 58f.; Jostes, Daniel von Soest, S. 24-26; Cornelius,
Geschichte 1, S. 117-119; Ehbrecht, Reformation,
S. 260; Schröer, Reformation 1, S. 369; Stupperich,
Reformationstheologie, S. 21f.; Knodt, Omeken, S. 21;
Haller, Buchwesen, S. 751-753.
36 Schwartz, Geschichte, S. 356; Jostes, Daniel von
Soest, S. 97. Vgl. auch die Passage in der Kirchenordnung,
unten, S. 457.
37 StadtA Soest Abt. A 6173, fol. 18r-23v und fol. 28r-37r
(zwei Fassungen).
38 Schwartz, Geschichte, S. 357; Jostes, Daniel von
Soest, S. 98.
39 Knodt, Omeken, S. 227f. Anm. 29; Schröer, Reforma-
tion 1, S. 362; Schwartz, Geschichte, S. 77-79; Neu-
ser, Kirchengeschichte, S. 60; Ehbrecht, Reformation,
S. 260; Haller, Buchwesen, S. 753.
40 Urbanus Rhegius (1489-1541) wirkte seit 1530 in Celle als
Superintendent Herzog Ernsts von Braunschweig-Lüne-
burg, Liebmann, Rhegius; Stupperich, Rhegius; Hen-
drix, Art. Rhegius, TRE 29 (2004), S. 155-157;
Zschoch, Art. Rhegius, RGG 7 (2004), S. 489; ders., Art.
Rhegius, BBKL 8 (1994), Sp. 122-134; Stupperich,
Reformationsgeschichte, S. 214 Anm. 534.
41 Stupperich, Rhegius, S. 24-26; Schwartz, Geschichte,
S. 60 Anm. 26; Knodt, Omeken, S. 21, S. 227 Anm. 29,
S. 229f.; Schröer, Reformation 1, S. 370; Liebmann,
Rhegius, S. 388 Nr. 92.
42 Siehe Sehling, EKO XXI, S. 163, 165-167 (Herford),
S. 286, 306f. (Lippe).
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