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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0393
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Einleitung

4. Ordnung für das Kloster St. Walburgis 1543 (Text S. 465)
Der Soester Rat hatte die Klöster Welver, Paradiese und St. Walburgis bereits 1532 aufgefordert, die
Reformation einzuführen,68 die Konvente entzogen sich dieser Weisung jedoch zunächst. 1543 erließ der Rat
schließlich eine evangelische Ordnung für das Augustinerinnenkloster St. Walburgis, die auch durchgesetzt
wurde, denn vor dem Hintergrund des Interims forderte Herzog Wilhelm von Kleve am 16. September
1548, die Klosterordnung aufzuheben.69 Im Rezess, den er am 28. November 1548 mit der Stadt schloss,
wurde sie im 31. Artikel außer Kraft gesetzt.70
In der Klosterordnung für St. Walburgis erklärte der Soester Rat, die Gewissen der Nonnen nicht mit
neuen Regelungen binden zu wollen. Die Klostergelübde sollten abgeschafft, in den Konventsgebäuden
sollte eine Schule eingerichtet werden. Wer heiraten wollte, konnte das Kloster verlassen und erhielt sein
eingebrachtes Gut zurück, wer bleiben wollte, sollte ein schlichtes Gewand tragen und dem Propst und der
Priorin Gehorsam leisten. Amt und Aufgaben von Priorin, Propst, Prediger und Schulmeisterin sind detail-
liert geschildert. Die Priorin und der Propst sollten von den Klosterfrauen gewählt, der Prediger vom Rat
bestellt werden. Als Schulmeisterin sollten die Nonnen eine Schwester aus ihrer Mitte wählen. Für die
Gottesdienste wurde eine Vorsängerin (Sängersche) bestellt, die die Klosterfrauen zum Singen deutscher und
lateinischer Gesänge anleitete. Ausführlich widmet sich die Ordnung der Liturgie der kanonischen Tagzeit-
gebete.71 Die Klosterordnung führte die Liturgie von Mette, Prim, Vesper und Komplet nun detailliert
aus.72 Der Soester Rat hatte sich diesbezüglich nach Kursachsen gewandt und am 18. Februar 1543 bei
Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen eine Stellungnahme erbeten, wie dieser es in seinen Landen mit den
kanonischen Gebetszeiten hielte.73
Ein Verfasser der Klosterordnung ist nicht bekannt, vermutlich beauftragte der Soester Rat jedoch
einen oder mehrere Prediger mit dieser Aufgabe. Die Ordnung weist deutliche Übereinstimmungen mit der
von Johannes Bugenhagen verfassten Gottesdienstordnung für die Stifte und Klöster in Pommern von 1535
auf,74 die nahezu gleichlautend auch in die Kirchenordnung von Schleswig-Holstein von 154275 aufgenom-
men wurde.
Nach Ende des Interims blieb das Kloster St. Walburgis zunächst noch einige Jahre altgläubig. Nach-
dem jedoch einige Schwestern 1552 zum evangelischen Bekenntnis zurückgekehrt waren, wurde die neue
Lehre durch den Prediger Martin Hoitbrandt 1568 endgültig etabliert, der im gleichen Jahr eine evange-
lische Gottesdienstordnung für die Klosterfrauen entwarf.76
5. Mandat zum Abendmahl unter beiderlei Gestalt 28. März 1552 (Text S. 472)
Als Mitglied des Schmalkaldischen Bundes war die Stadt Soest in die kriegerischen Auseinandersetzungen
der Jahre 1546/47 verwickelt und musste im November 1548 das Augsburger Interim annehmen, das durch
den reformkatholischen Kirchenpolitiker Johannes Gropper77 umgesetzt wurde. Ende Januar 1549 ließ

68 StadtA Soest Abt. A 6168. Vgl. Ehbrecht, Reformation,
S. 305 Anm. 30.
69 StadtA Soest Abt. A 6244, vgl. Löer, Stadt und Frau-
enkloster, S. 35.
70 Abdruck des Rezesses bei Schwartz, Geschichte,
S. 449-455, hier S. 453, vgl. Löer, Stadt und Frauenklo-
ster, S. 35, 38; Köhn, Soest und die Soester Börde, S. 701.
71 Siehe Löer, Stadt und Frauenkloster, S. 35.
'2 Hengst, Klosterbuch 2, S. 355f.; Löer, Stadt und Frau-
enkloster, S. 53 Anm. 9. Zum Inhalt siehe ebd., S. 34f.
73 Rademacher, Annales 2, S. 345f. Nr. 889.

74 Abdruck bei Sehling, EKO IV, S. 344-353; Uckeley,
Gottesdienstordnung, S. 132-170.
75 Abdrucke bei Göbell, Kirchenordnung, S. 259-355 und
Michelsen, Kirchenordnung Text, S. 128-176, vgl.
ebd., Einleitung, S. 219-221; Löer, Stadt und Frauen-
kloster, S. 41f. Anm. 21; Uckeley, Gottesdienstord-
nung, S. 127.
76 Abdruck bei Schwartz, Geschichte, S. 455-457 Nr. 35,
vgl. ebd., S. 307. Zu Martin Hoitbrandt siehe Bauks,
Pfarrer, Nr. 2756; Löer, Stadt und Frauenkloster, S. 39.
77 Zu Johannes Gropper siehe oben, S. 32 Anm. 14.

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