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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0394
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Die Stadt Soest

Gropper die Kirchenordnung aufheben und die evangelischen Prediger vertreiben.78 Auf Drängen der
Gemeinde bemühte man sich jedoch Anfang 1552 wieder um die Anstellung eines Predigers, zumal das
Augsburger Interim die Reichung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt als Alternative zum altgläubigen
Ritus ausdrücklich zuließ. Auch hinsichtlich eines Ortes fiir evangelische Gottesdienste musste eine Ent-
scheidung getroffen werden. Während Ämter und Gemeinheit für St. Pauli oder St. Georg plädierten, setzte
sich schließlich der Rat mit seinem Vorschlag der Brunsteinkapelle79 durch. Bei dem anzustellenden Pre-
diger fiel die Wahl auf Walter von Stollwyck, der im niederrheinischen Wesel tätig war. Dieser erklärte am
2. März zunächst, wegen Alter und Krankheit nicht nach Soest kommen zu können,80 besann sich dann aber
anders und traf kurz vor dem Sonntag Lätare (27. März) 1552 ein.81 Am folgenden Tag bevollmächtigte ihn
der Rat, künftig in der Brunsteinkapelle das Abendmahl unter beiderlei Gestalt zu reichen und die Gläu-
bigen zu unterweisen. Der Ratserlass ermahnte darüber hinaus alle Einwohner der Stadt, ihre Mitmenschen
nicht zu verspotten oder zu verachten, weil sie das Abendmahl in einer oder beiderlei Gestalt empfin-
gen.82

3. Das Soester Kirchenwesen nach dem Interim
6. Anstellungsartikel für die Prediger 3. Februar 1554 (Text S. 474)
Als das Augsburger Interim durch den Passauer Vertrag vom August 1552 förmlich beendet worden war,
kehrte man in Soest zum evangelischen Bekenntnis zurück. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die
Anstellung weiterer Prediger, mit denen Rat, Ämter und Gemeinheit Bestallungsartikel vereinbarten. Diese
umfassten fünf Punkte und regelten vornehmlich, wie die Eheeinsegnungen vorgenommen werden sollten.
Die Brautleute mussten drei Mal aufgeboten, strittige Eheschließungen sollten an die Obrigkeit verwiesen,
und es durften keine Fremden eingesegnet werden. Ferner wurden die Prediger angehalten, die Katholiken
nicht zu verspotten. Aktueller Anlass für die Formulierung der Artikel war vermutlich die Anstellung des
Predigers Friedrich Lemme,83 der Anfang Februar 1554 nach Soest berufen wurde.
Mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 etablierte sich das evangelische Kirchenwesen in Soest,
denn nun setzte sich der Rat über das Patronatsrecht des Patroklusstifts hinweg und besetzte auch die
Pfarrstellen mit evangelischen Geistlichen. Höchste Instanz der Soester Kirche war der Rat, der einen
Inspektor an die Spitze der kirchlichen Organisation setzte. Dieser führte den Vorsitz in den beiden geist-
lichen Ministerien, dem „Ministerium urbanum“ für die Stadtpfarrer und dem „Ministerium suburbanum“
für die Pfarrer der Bördekirchen.84

78 Rademacher, Annales 2, Nr. 1123; Peters, Wormser
Edikt, S. 228-233; ders., Selbstbehauptung, S. 95; Red-
lich, Interim, S. 263-266; Köhn, Soest und die Soester
Börde, S. 693-704; Günther, Autonomie, S. 32-37.
79 Siehe unten, S. 472 Anm. 2.
80 StadtA Soest Abt. A 6991. Man hatte bereits im Jahr
zuvor Kontakt zu Walter von Stollwyck aufgenommen,
denn dieser kündigte am 23. Februar 1551 an, nach Soest
zu kommen, StadtA Soest Abt. A 6385.

Schwartz, Geschichte, S. 254; Peters, Wormser Edikt,
S. 233f.; Köhn, Soest und die Soester Börde, S. 702.
Vgl. Braunisch, Gropper Briefwechsel II, S. 313,
Anm. 3; S. 409 Anm. 2 und 3.
StadtA Soest, Abt. A 6386, 6393, 6395-6397; Deus,
Soester Recht 5, S. 684f.; Bauks, Pfarrer, Nr. 3712; Ra-
demacher, Annales 2, S. 564-570 Nr. 1452-1471;
Schwartz, Geschichte, S. 265-269.
Peters, Soester Kirche, S. 68f.

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