Die Stadt Soest
Für die Erarbeitung der Soester Almosenordnungen von 1597 hatte sich der Rat die Armenordnungen
der Reichsstadt Dortmund von 1592/1596 als Vorlage kommen lassen.129 Auch in Dortmund wurden die
Armen geordnet nach ihren Wohnvierteln bzw. Kirchspielen verzeichnet, und die Schüler veranstalteten
mehrmals wöchentlich Umgänge, bei denen sie Almosen sammelten. In diesen Details weist die Dortmunder
Ordnung auch Übereinstimmungen mit der Armenordnung der Stadt Wesel auf, die sich der Soester Rat ja
bereits für seine Ordnung von 1581 (Nr. 7) hatte zusenden lassen.130
12. Kirchenordnung [1609] (Text S. 484)
Mit dem Tod Johann Wilhelms von Kleve starb das Herzogshaus am 21. März 1609 aus. Nachdem
zunächst unklar war, wer das Erbe antreten sollte, wurde die Regentschaft schließlich zwischen Herzog
Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg geteilt.131 Für
Soest war diese Veränderung insofern von Bedeutung, als dass die Stadt nun zwei Schirmherren besaß.
Möglicherweise war diese politische Verschiebung auch ausschlaggebend dafür, dass der Soester Rat 1609
durch Magister Johannes Schwartz (1565-1632)132 eine neue Kirchenordnung erarbeiten ließ.133 In der Vor-
rede bezog er sich jedoch ausschließlich auf die Streitigkeiten unter den Predigern, durch die veranlasst man
„etliche Personen“134 beauftragt habe, eine Kirchenordnung zu entwerfen, die anschließend von der theo-
logischen Fakultät „einer trefflichen universitet ... revidiert und approbiert“ worden sei.
Die Ordnung umfasst 13 Kapitel und einen „Appendix“. Im ersten Abschnitt wird an das Soester
Corpus doctrinae135 erinnert, das aus den dogmatischen Schriften des Konkordienbuchs bestand, die in den
Artikeln des Predigerministeriums von 1590 (Nr. 10) genannt und 1593 sowie 1594 noch einmal fixiert
worden waren.136 Desweiteren trifft die Ordnung Regelungen zu Predigtgottesdiensten, Katechismusunter-
richt, Kirchenzeremonien, Spendung von Taufe und Abendmahl, Absolution und Bann, Synoden, Berufung
und Ordination der Geistlichen, Amt der Küster, Eheeinsegnungen, Begräbnissen, Schul- und Bibliotheks-
wesen, Gottesdienstbesuch, Sonntagsheiligung, Amt der Kirchenvorsteher und Sammlung der Almo-
sen.137
Die Soester Kirchenordnung von 1609, die Charakterzüge einer Agende trägt, enthält Verweise auf die
„wittenbergische“, also auf die mecklenburgische Kirchenordnung von 1552.138 In dem mit „Appendix“
überschriebenen Schluss wird außerdem auf die sächsische Kirchenordnung von 1580 rekurriert, die neben
der mecklenburgischen für alle Fragen herangezogen werden sollte, die in der Soester Ordnung nicht oder
nur kursorisch behandelt worden waren.
Die Ordnung ist nicht datiert, sie bezieht sich aber im Kapitel zur Anstellung der Küster ausdrücklich
auf die 1609 erlassene Kirchenordnung für die Soester Börde (Nr. 13). Die Stadtkirchenordnung entstand
also wahrscheinlich gleichzeitig mit der Bördeordnung oder unmittelbar nach dem 19. Mai, an dem diese
erlassen worden war. Widersprüchlich zu dieser Datierung ist jedoch, dass in der Stadtkirchenordnung
129 StadtA Soest Abt. A 7192.
130 Siehe oben, S. 379.
131 Peters, Soester Kirche, S. 67, 75f.; Kohl, Absolutis-
mus, S. 71-160; Günther, Autonomie, S. 44-54.
132 Peters, Corpus Doctrinae, S. 112. Zu Schwartz siehe
oben, Anm. 118.
133 Heutger, Evangelisch-theologische Arbeit, S. 94; Pe-
ters, Soester Kirche, S. 71. Eine maschinenschriftliche
Umschrift des Texts findet sich in StadtA Soest Abt. A Hs
93, S. 2-33.
134 Bei der von Heutger (Evangelisch-theologische Arbeit,
S. 94f.) beschriebenen Ordnung von 1609 handelt es sich
um die Kirchenordnung von 1628 (= StadtA Soest Abt. A
Hs 93, S. 80-103), die - wie Heutger angibt - von dem
Soester Pfarrer Johannes Schwartz formuliert wurde.
135 Siehe oben, S. 380f.
136 Siehe oben, S. 381.
137 Zum Inhalt siehe auch Peters, Soester Kirche, S. 71-73.
138 Dies ist etwa im sechsten Kapitel zu Beichte und Privat-
absolution der Fall, im siebten zu Absolution und Bann,
im neunten zur Berufung und Ordination der Geistlichen
sowie im elften zur Einsegnung der Eheleute, siehe unten,
S. 493-495. Zur Mecklenburger bzw. Wittenberger Kir-
chenordnung siehe unten, S. 493 Anm. 61. Vgl. Sehling,
EKO X, S. 619 Anm. 9; Sehling, EKO V, S. 133, 135.
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Für die Erarbeitung der Soester Almosenordnungen von 1597 hatte sich der Rat die Armenordnungen
der Reichsstadt Dortmund von 1592/1596 als Vorlage kommen lassen.129 Auch in Dortmund wurden die
Armen geordnet nach ihren Wohnvierteln bzw. Kirchspielen verzeichnet, und die Schüler veranstalteten
mehrmals wöchentlich Umgänge, bei denen sie Almosen sammelten. In diesen Details weist die Dortmunder
Ordnung auch Übereinstimmungen mit der Armenordnung der Stadt Wesel auf, die sich der Soester Rat ja
bereits für seine Ordnung von 1581 (Nr. 7) hatte zusenden lassen.130
12. Kirchenordnung [1609] (Text S. 484)
Mit dem Tod Johann Wilhelms von Kleve starb das Herzogshaus am 21. März 1609 aus. Nachdem
zunächst unklar war, wer das Erbe antreten sollte, wurde die Regentschaft schließlich zwischen Herzog
Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg und Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg geteilt.131 Für
Soest war diese Veränderung insofern von Bedeutung, als dass die Stadt nun zwei Schirmherren besaß.
Möglicherweise war diese politische Verschiebung auch ausschlaggebend dafür, dass der Soester Rat 1609
durch Magister Johannes Schwartz (1565-1632)132 eine neue Kirchenordnung erarbeiten ließ.133 In der Vor-
rede bezog er sich jedoch ausschließlich auf die Streitigkeiten unter den Predigern, durch die veranlasst man
„etliche Personen“134 beauftragt habe, eine Kirchenordnung zu entwerfen, die anschließend von der theo-
logischen Fakultät „einer trefflichen universitet ... revidiert und approbiert“ worden sei.
Die Ordnung umfasst 13 Kapitel und einen „Appendix“. Im ersten Abschnitt wird an das Soester
Corpus doctrinae135 erinnert, das aus den dogmatischen Schriften des Konkordienbuchs bestand, die in den
Artikeln des Predigerministeriums von 1590 (Nr. 10) genannt und 1593 sowie 1594 noch einmal fixiert
worden waren.136 Desweiteren trifft die Ordnung Regelungen zu Predigtgottesdiensten, Katechismusunter-
richt, Kirchenzeremonien, Spendung von Taufe und Abendmahl, Absolution und Bann, Synoden, Berufung
und Ordination der Geistlichen, Amt der Küster, Eheeinsegnungen, Begräbnissen, Schul- und Bibliotheks-
wesen, Gottesdienstbesuch, Sonntagsheiligung, Amt der Kirchenvorsteher und Sammlung der Almo-
sen.137
Die Soester Kirchenordnung von 1609, die Charakterzüge einer Agende trägt, enthält Verweise auf die
„wittenbergische“, also auf die mecklenburgische Kirchenordnung von 1552.138 In dem mit „Appendix“
überschriebenen Schluss wird außerdem auf die sächsische Kirchenordnung von 1580 rekurriert, die neben
der mecklenburgischen für alle Fragen herangezogen werden sollte, die in der Soester Ordnung nicht oder
nur kursorisch behandelt worden waren.
Die Ordnung ist nicht datiert, sie bezieht sich aber im Kapitel zur Anstellung der Küster ausdrücklich
auf die 1609 erlassene Kirchenordnung für die Soester Börde (Nr. 13). Die Stadtkirchenordnung entstand
also wahrscheinlich gleichzeitig mit der Bördeordnung oder unmittelbar nach dem 19. Mai, an dem diese
erlassen worden war. Widersprüchlich zu dieser Datierung ist jedoch, dass in der Stadtkirchenordnung
129 StadtA Soest Abt. A 7192.
130 Siehe oben, S. 379.
131 Peters, Soester Kirche, S. 67, 75f.; Kohl, Absolutis-
mus, S. 71-160; Günther, Autonomie, S. 44-54.
132 Peters, Corpus Doctrinae, S. 112. Zu Schwartz siehe
oben, Anm. 118.
133 Heutger, Evangelisch-theologische Arbeit, S. 94; Pe-
ters, Soester Kirche, S. 71. Eine maschinenschriftliche
Umschrift des Texts findet sich in StadtA Soest Abt. A Hs
93, S. 2-33.
134 Bei der von Heutger (Evangelisch-theologische Arbeit,
S. 94f.) beschriebenen Ordnung von 1609 handelt es sich
um die Kirchenordnung von 1628 (= StadtA Soest Abt. A
Hs 93, S. 80-103), die - wie Heutger angibt - von dem
Soester Pfarrer Johannes Schwartz formuliert wurde.
135 Siehe oben, S. 380f.
136 Siehe oben, S. 381.
137 Zum Inhalt siehe auch Peters, Soester Kirche, S. 71-73.
138 Dies ist etwa im sechsten Kapitel zu Beichte und Privat-
absolution der Fall, im siebten zu Absolution und Bann,
im neunten zur Berufung und Ordination der Geistlichen
sowie im elften zur Einsegnung der Eheleute, siehe unten,
S. 493-495. Zur Mecklenburger bzw. Wittenberger Kir-
chenordnung siehe unten, S. 493 Anm. 61. Vgl. Sehling,
EKO X, S. 619 Anm. 9; Sehling, EKO V, S. 133, 135.
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