Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0507
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12. Kirchenordnung [1609]

worts, dieselbe collect mag der prediger lesen (wel-
ches wir lieber hetten) oder singen, und sol das an-
gesicht, sonderlich, wan er lieset, zum volck wenden,
daß dadurch das volck desto mehr bewogen werde,
ihre preces mit des predigers precibus zu coniungi-
ren, darnach lese er die sonntagsepistel; wen men
den wieder ein wenig gesungen, lese er das evange-
lium, an welches stette nichts anders sol gelesen
werden, welches in der alten kirchen der capplan
thun soll. Wen solches geschehen, alsden singe men
den glauben35, und steige hernach der pastor auff die
cantzel, ermahne die leute zum gebeth umb verley-
hung zur predigt des h. geists, darnach bethe men
und singe: Nu bitten wir den h. geist etc.36 oder ein
vater unser etc.3' oder etwas nach der zeit. Unter-
dessen pleibe der pastor auff den knien sitzen, dar-
auff verlese er das evangelium und lege dasselbe
auß; und dieweil man eins für all das gemeine gebeth
gethan, ist unförmlich38, daß nach der proposition
ein pastor ein gebeth noch spricht. |167r|
Nach gehaltener predigt sol eine gemeine danck-
sagung für alle wolthaten Gottes in genere, darnach
auch ein gemein gebeth für alle stände in genere et
specie und fiir allerley noth und anliegen geschehen,
sol insonderheit unsers gnadigen landsfürsten, hert-
zogen zu Cleve39 etc., und eins erb[aren] rathes mit
nahmen gedacht werden in selbigem gebäth. Nach
dem absteigen von der cantzel sol ein wenig gesun-
gen oder auff dem orgel geschlagen werden, unter-
dessen sol der pastor oder capellan fiir den altar
tretten und, wo keine communicanten verhanden
seyn, eine gemeine collecte, zum volck gewendet, le-
sen oder singen und darauff den seegen, Num. 6
[24-26], sprechen. Sind aber communicanten vor-
handen, so sol er sich verhalten, wie darunter in der
form vom abentmahl vermeldet werden sol.40

35 Luther: Wir glauben all an einen Gott, AWA 4, Nr. 24.
36 Luther: Nun bitten wir den Heiligen Geist, AWA 4,
Nr. 19.
37 Luther: Vater unser im Himmelreich, AWA 4, Nr. 35.
38 Nicht üblich, unangemessen, Grimm, DWb 24,
Sp.575-579.
39 Herzog Johann Wilhelm IV. von Kleve (f 25. März
1609).
40 Siehe unten, S. 493.
41 An den Hagelfeiertagen wurden Prozessionen mit der

Mit den wochenpredigten sol es gehalten wer-
den, wie droben, cap. 2, angedeutet, und sol nach
absteigen von der cantzel auch ein gebäth für den
altar sprechen und darauff den seegen. Wen aber
bettage seyn, als wen ein gemeiner bethtag auß ver-
ordnung der obrigkeit exraordinarie gebothen wird
oder wen die 3 bett tage nach der frülingssaat oder
aber die bettage, die von einer kirchen zur andern
ordentlich ümbgehen41, alsdan sollen die pastores
den leuten etwas von der busse oder |167v| gebeth
erklären, und nach der predigt sol das volck ernst-
lich zur dancksagung für die wolthaten Gottes und
zum gebeth jegen allerley, sonderlich jegen jegen-
wertige nöthen, ermahnet werden, und sol alsdan
diese noth aller miteinander in das vaterunser42 und
in die litaney verfasset werden; darnach spreche der
pastor eine collecte und den seegen43.
Cap. 5: Von administration der heiligen tauffe
Vermahnung vor verrichtung der tauffe:
Wir hören, geliebte im herrn Christo, allezeit
auß den predigten gottliches worts, daß wir wegen
unser angeborner und würcklicher sünde ewig het-
ten müssen verlohren und verdammt seyn, wo nicht
auß grosser, unaußforschlicher gnade und barmhert-
zigkeit Gott seinen einigen sohn hette lassen mensch
werden und uns, durch denselben von sündte, todt,
teuffel und der ewigen verdamnüß erlöset, zum ewi-
gen leben und herligkeit, welche erlösung aber er uns
ordentlicher weise theilhafftig machet und sie uns
auffträgt durch zweyerley mittel, nemlich durchs
wort, in den schrifften A u[nd] NT verfasset, und
die hochwürdigen und h. sacramente, die tauffe und
abentmahl des herrn Christi im n. t.

Bitte um gutes Wetter durchgeführt, vgl. ähnliche An-
weisungen in der Hinteren Grafschaft Sponheim, Gene-
ralartikel 1608, Sehling, EKO XVIII, S. 682. Siehe
auch HWDA 3, Sp. 1314-1320; Kyll, Hagelfeier,
S. 113-171; ders., Hagel-, Wetter- und Prozessionskreuze
im Trierer Lande, in: Landeskundliche Vierteljahresblät-
ter Trier 7 (1961), S. 159-168; Lang, Würfel, S. 235f.
42 Mt 6,9-13.
43 Num 6,24-26.

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