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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (22. Band = Nordrhein-Westfalen, 2): Das Erzstift Köln - die Grafschaften Wittgenstein, Moers, Bentheim-Tecklenburg und Rietberg - die Städte Münster, Soest und Neuenrade - die Grafschaft Lippe (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.33493#0534
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Neuenrade

wy daruth erkennen und darinne seen als in einem
spegel, wat uns feile und wat wy Gode schüldig syn,
und also unse sünde daruth leren verstan und wer-
den bewagen und gedreven, den VersÜner und Hei-
land, den Son Godes, unsen Hern Jesum Christum,
tho besüken und mit geloven an tho nemen, welcker
dat gesette vor uns verfüllet, der gerechticheit Go-
des vor uns genoch gedan heft und uns solkes alles
schenket, als hedde wy eth sülvest gedan und uth-
gerichtet.
Darna, wan wy nu also tho gnaden widderüm
dorch Christum syn angenomen, müte wy uns vor
sünden hüden und uns mit hülpe des hillgen Geistes
beflitigen, dat 13v | wy Gode gehorsam syn, don, wat
em behaget, laten, wat em tho wedder is. DatsÖlvi-
ge, nemlik, wat wy don und laten süllen, dat wy
Gode nicht vortörnen und in ungnade wedderüm
fallen, leret uns dat Gesette. Wente, of wol unse Her
Christus vor uns genoch gedan und betalt heft, dar-
uth folget nicht, dat wy in sünden und in mothwil-
len leven mögen. He heft genoch gedan vor de, den
ere sünde leith sint; den se leith sint, de höden sick
vor sünden. Derhalven, de sick nicht darvör höden,
den sint se ock nicht leith, hebben derhalven sölke
lüde mit Christo und sinem vordenste nicht tho do-
ne, geet se nicht an, se mögen seggen und singen van
Christo und vam geloven, wat se willen.
We sündiget, spreckt S. Johan.4, de is vam düvel,
is he vam düvel, so hefft he an Christo nicht.
Eth sint düsse beiden lere, nemlick dat Gesette
und dat Evangelion, allthijt im menschliken ge-
schlechte by etliken gewesen, doch eine thijt reiner
unde klarer als de ander. Insunderheit averst sint se
by uns und unsen vorfaren seer verdunkelt und ver-
felschet gewesen. Dat Evangelion oder gna- |4r| den-
predige is schir gar vorloschen gewesen, dat Gesette
heft man mißbruket, de lüde gelert, se könden dem
Gesette genoch don und dörch ere guden werke selig
werden5, is also dat vordenst des Sons Godes, unses
4 lJoh 3,8-9.
5 Anspielung auf die Werkgerechtigkeit der katholischen
Theologie.
6 Anspielung auf die Heiligenverehrung der katholischen
Theologie.
7 Anspielung auf das Keuschheitsgelübde der katholischen
Priester.

Heren Christi, vernichtet. Ock heft man sünderlinge
wercke und Godesdenste erdacht, als dat man sick
etliker spise up bestemde dage enthalden heft, be-
defart, kloster gelöfte und dergeliken. Etlike wercke
sint dem Gesette gar entegen gewesen, als dat man
vorstorvene menschen hefft angebedet6, dat man
den hillgen Eestandt etliken lüden vorboden
heft7, etc.
Ock heft God by sinem worde allthijt verordent,
üterlike teken und geberde, de man Sacramente nö-
met, und sint im niggen Testamente dörch unsen
Heren Christum twe Sacramente ingesat, nemlik de
Dope8 und dat Aventmal9, up dat he uns syn ver-
denst und sine güder nicht allene dörch dat wort,
sunder ock dörch sichtbarlike teken thoegende und
uns der sölvigen vorsekerde, Welke Sacramente oder
gnadenteken ock in groten afgödeschen mißbruk by
unsen vorfaren geraden sint. |4v|
Dewile dann tho düssen unsen thijden solke ver-
felschinge und vordüsteringe der lere sampt dem
mißbruke der Sacramente befunden, wedderlegt und
Överwunnen worden is mit der hillgen schrift und
mit anderen unweddersprekliken bewisingen dorch
sünderlinge Godes vorhenknisse und güdicheit, solle
wy sölkes mit dancksegginge erkennen und anne-
men, unangeseen, wie unse vorfaren gelövet und ge-
levet hebben. Hedden se eth anders und beter ge-
wust, so hedden se sick anders geholden. Wolle wy se
derhalven Gode befelen, uns schicken und halden na
deme, dat uns God geoppenbart heft, sine ewige
warheit und klare licht nicht vorachten noch uth-
sluten.
Wy möten averst hirby weten, dat nicht alles,
wat tho unser vorfaren dagen gewesen is, tho ver-
werpen sy. Denn se hebben yo underwilen einen
heilsamen sprök in der predige gehort, darup se ge-
buwet hebben, sint gedoft gewesen, hebben dat
Aventmal gehalden, wie se konden, se hebben den
Geloven10 gesproken, dat Vader unse11 gebedet. Dith
8 Mt 28,19; Mk 16,15-16.
9 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; lKor
11,23-25.
10 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSELK S. 42f.
11 Mt 6,9-13.

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