Die Grafschaft Lippe (Nachtrag)
(Bernd) Stolte, lippischer Kanzler und ebenfalls Horner Pfarrer, sowie Magister Conrad Eckendorp12, Pfar-
rer in Lage, mit der Abfassung der Ordnung beauftragt. Das Gremium legte einen „Raitschlach inn der
religion sachen“13 vor, in dem es sich in 15 Punkten mit der Amts- und Lebensführung der lippischen
Pfarrer auseinandersetzte und einzelne Punkte zu Taufe, Beichte, Eheeinsegnung sowie zum Unterhalt der
Geistlichen erörterte. Der Ratschlag trägt reformkatholischen Charakter, der insbesondere darin zum Aus-
druck kommt, dass die Messfeiern bestehen bleiben, aber nicht als „versoen offer, als Christus ein mael am
krutze vullenbrocht heft, averst ein gedechtich danckoffer“ verstanden werden. Ferner sollen weiterhin
Prozessionen stattfinden, allerdings mit geringerer Prachtentfaltung.14
Dieser Entwurf für eine Kirchenordnung entsprach aufgrund seiner altgläubigen Züge nicht den Erwar-
tungen der lippischen Vormundschaftsregierung, die daraufhin zwei dezidiert evangelische Geistliche, den
Hoyaer Hofprediger Adrian Buxschot (j 1561) sowie den Bremer Theologen Johannes Timann (vor 1500-
1557), für die Ausarbeitung der Kirchenordnung nach Lippe berief.10 Im August legten Buxschot und
Timann einen gemeinsam mit den lippischen Predigern formulierten Entwurf vor.
Auf dem im August 1538 in Cappel gehaltenen Landtag wurde die Ordnung beraten und von den
Landständen angenommen. Eine Regierungskommission, der das Werk am 29. September vorgelegt wurde,
lehnte es hingegen ab. Auch Rembert von Kerssenbrock, der Archidiakon in Steinheim und spätere Bischof
von Paderborn, sowie sein Vetter Franz, ein Mitglied der Ritterschaft, sprachen sich gegen die Einführung
der Ordnung aus. Ebenso stimmten auch die Detmolder Theologen dem Regelwerk nicht uneingeschränkt
zu.16 Vor dem Hintergrund dieser Widerstände bemühte sich die Vormundschaftsregierung an höchster
Stelle um die Approbation der Ordnung und schickte sie 1539 an Martin Luther und die übrigen Theologen
nach Wittenberg.17
Die lippische Kirchenordnung von 1538 ist in fünf handschriftlichen Fassungen überliefert18, von denen
diejenige, die zur Begutachtung nach Wittenberg geschickt worden war, Zusätze und Streichungen von der
Hand Philipp Melanchthons aufweist. Insgesamt nahm er an elf Stellen Eingriffe in den Text vor, nament-
lich in den Kapiteln zu guten Werken, zur Messe, zur Kirche, zum Gebet, zu Ehesachen, zum Unterhalt der
Kirchendiener, zu den Klöstern, zu Kreuz und Leiden sowie zum Amt der Obrigkeit.
Da das Exemplar, in dem Melanchthon seine Eintragungen anbrachte, im hinteren Teil durch Wasser-
schaden stark zerstört ist, wurde es nicht als Textvorlage für unseren Abdruck verwendet,19 sondern als
Fassung C in den textkritischen Apparat eingearbeitet, allerdings - aufgrund des Textverlusts im hinteren
Teil - nur bis einschließlich des Abschnitts „Besoldunge der kercken deynere“.20 Aufgrund dieser Vorgehens-
weise wurden die im hinteren Teil der Fassung C von Melanchthon vorgenommenen Eingriffe in den Text
nicht mehr im textkritischen Apparat berücksichtigt, es sei denn, sie wurden in eine der vier übrigen
Fassungen aufgenommen. Da jedoch nicht aus allen Fassungen hervorgeht, welche Streichungen oder
Ergänzungen auf Melanchthon zurückzuführen sind, werden dessen sämtliche Eingriffe in den Text im
Folgenden noch einmal aufgelistet und kurz kommentiert:
12 Zu Johann Mentze und Johannes (Bernd) Stolte siehe
Sehling, EKO XXI, S. 305 Anm. 28 und 30.
13 LAV NRW OWL L 65 Nr. 1, fol. 86r-89r. Abbildung der
Handschrift und Abdruck einer Umschrift bei Fitzner,
Versuch einer Reformation, S. 5-21.
14 Ebd., S. 20-31; ders., Entscheidungsjahr, S. 37-40.
15 Zu Buxschot und Timann siehe Sehling, EKO XXI,
S. 285f. Anm. 43f.
16 Zu den Auseinandersetzungen um die Kirchenordnung
siehe ebd., S. 286.
17 Ebd.
18 Ebd., S. 287f.
19 Ebd., S. 306 Anm. a.
20 Unsere Textfassung C wurde auch in den früheren
Abdrucken jeweils nur bis zu diesem Abschnitt berück-
sichtigt, siehe Clemen, Beiträge 1, S. 16-63; Fitzner,
Entscheidungsjahr, S. A1-A26. Ebenso auch der Abdruck
bei Richter, EKO II, S. 489-503, der ab dem besagten
Kapitel aus einer anderen Fassung ergänzt wurde, ebd.,
S. 489 und Sehling, EKO XXI, S. 288.
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(Bernd) Stolte, lippischer Kanzler und ebenfalls Horner Pfarrer, sowie Magister Conrad Eckendorp12, Pfar-
rer in Lage, mit der Abfassung der Ordnung beauftragt. Das Gremium legte einen „Raitschlach inn der
religion sachen“13 vor, in dem es sich in 15 Punkten mit der Amts- und Lebensführung der lippischen
Pfarrer auseinandersetzte und einzelne Punkte zu Taufe, Beichte, Eheeinsegnung sowie zum Unterhalt der
Geistlichen erörterte. Der Ratschlag trägt reformkatholischen Charakter, der insbesondere darin zum Aus-
druck kommt, dass die Messfeiern bestehen bleiben, aber nicht als „versoen offer, als Christus ein mael am
krutze vullenbrocht heft, averst ein gedechtich danckoffer“ verstanden werden. Ferner sollen weiterhin
Prozessionen stattfinden, allerdings mit geringerer Prachtentfaltung.14
Dieser Entwurf für eine Kirchenordnung entsprach aufgrund seiner altgläubigen Züge nicht den Erwar-
tungen der lippischen Vormundschaftsregierung, die daraufhin zwei dezidiert evangelische Geistliche, den
Hoyaer Hofprediger Adrian Buxschot (j 1561) sowie den Bremer Theologen Johannes Timann (vor 1500-
1557), für die Ausarbeitung der Kirchenordnung nach Lippe berief.10 Im August legten Buxschot und
Timann einen gemeinsam mit den lippischen Predigern formulierten Entwurf vor.
Auf dem im August 1538 in Cappel gehaltenen Landtag wurde die Ordnung beraten und von den
Landständen angenommen. Eine Regierungskommission, der das Werk am 29. September vorgelegt wurde,
lehnte es hingegen ab. Auch Rembert von Kerssenbrock, der Archidiakon in Steinheim und spätere Bischof
von Paderborn, sowie sein Vetter Franz, ein Mitglied der Ritterschaft, sprachen sich gegen die Einführung
der Ordnung aus. Ebenso stimmten auch die Detmolder Theologen dem Regelwerk nicht uneingeschränkt
zu.16 Vor dem Hintergrund dieser Widerstände bemühte sich die Vormundschaftsregierung an höchster
Stelle um die Approbation der Ordnung und schickte sie 1539 an Martin Luther und die übrigen Theologen
nach Wittenberg.17
Die lippische Kirchenordnung von 1538 ist in fünf handschriftlichen Fassungen überliefert18, von denen
diejenige, die zur Begutachtung nach Wittenberg geschickt worden war, Zusätze und Streichungen von der
Hand Philipp Melanchthons aufweist. Insgesamt nahm er an elf Stellen Eingriffe in den Text vor, nament-
lich in den Kapiteln zu guten Werken, zur Messe, zur Kirche, zum Gebet, zu Ehesachen, zum Unterhalt der
Kirchendiener, zu den Klöstern, zu Kreuz und Leiden sowie zum Amt der Obrigkeit.
Da das Exemplar, in dem Melanchthon seine Eintragungen anbrachte, im hinteren Teil durch Wasser-
schaden stark zerstört ist, wurde es nicht als Textvorlage für unseren Abdruck verwendet,19 sondern als
Fassung C in den textkritischen Apparat eingearbeitet, allerdings - aufgrund des Textverlusts im hinteren
Teil - nur bis einschließlich des Abschnitts „Besoldunge der kercken deynere“.20 Aufgrund dieser Vorgehens-
weise wurden die im hinteren Teil der Fassung C von Melanchthon vorgenommenen Eingriffe in den Text
nicht mehr im textkritischen Apparat berücksichtigt, es sei denn, sie wurden in eine der vier übrigen
Fassungen aufgenommen. Da jedoch nicht aus allen Fassungen hervorgeht, welche Streichungen oder
Ergänzungen auf Melanchthon zurückzuführen sind, werden dessen sämtliche Eingriffe in den Text im
Folgenden noch einmal aufgelistet und kurz kommentiert:
12 Zu Johann Mentze und Johannes (Bernd) Stolte siehe
Sehling, EKO XXI, S. 305 Anm. 28 und 30.
13 LAV NRW OWL L 65 Nr. 1, fol. 86r-89r. Abbildung der
Handschrift und Abdruck einer Umschrift bei Fitzner,
Versuch einer Reformation, S. 5-21.
14 Ebd., S. 20-31; ders., Entscheidungsjahr, S. 37-40.
15 Zu Buxschot und Timann siehe Sehling, EKO XXI,
S. 285f. Anm. 43f.
16 Zu den Auseinandersetzungen um die Kirchenordnung
siehe ebd., S. 286.
17 Ebd.
18 Ebd., S. 287f.
19 Ebd., S. 306 Anm. a.
20 Unsere Textfassung C wurde auch in den früheren
Abdrucken jeweils nur bis zu diesem Abschnitt berück-
sichtigt, siehe Clemen, Beiträge 1, S. 16-63; Fitzner,
Entscheidungsjahr, S. A1-A26. Ebenso auch der Abdruck
bei Richter, EKO II, S. 489-503, der ab dem besagten
Kapitel aus einer anderen Fassung ergänzt wurde, ebd.,
S. 489 und Sehling, EKO XXI, S. 288.
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