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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0083
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Kirchenordnung 1543

up dem sproke stan: Se werden alle van Gade
geleret werden [Joh 6,45]. Darmede se alle scho-
len wüste maken. Hirby is tho vorhödende, dat
gelikewol ock de historia van Sanct Johannis uth
den evangelisten nicht vorsümet werde, welcke
so lang is, dat men se in einer predike nicht
wol endigen kan, nömlick w o he sy entfangen,
geboren, geprediget hefft und thom lasten ock
enthövedet is. Wes men nu des in einem dage
nicht uthrichten kan, dat mach men in andern
dagen darna volendigen. Ock schal men am
Johannisdage singen de sequentie van syner
enthövinge: Psallite regi etc. 13.

De dach Michaelis is eine gemeine dankseg-
ginge vor alle früchte, de wy des jars gesamlet
und entfangen hebben. Darumme schal de ganze
vorsammelinge na der prediken singen tho der
danksegginge mit groter andacht dat düdesche
Te Deum, van doctore Luthero vordüdeschet 14.
Overst sowol des morgens alse des namiddages
schal men prediken van den engelen, up dat
jedermann vorsta, wat güdes wy van Gade dorch
eren denst entfangen hebben, dat wy ock Gade
darvor danken mögen. Dit fest schal by uns dat
viertydenfest syn, in welckem men geven schal
den viertydenpenning. De lesterlike kruetwy-
ginge und palmtöverie 15 willen wy nicht mehr
hebben.

Van vierdagen

Wy moten etlike feste beholden, nicht umme
der dage willen, sunder van wegen der prediken

13 Psallite regi nostro, Sequenz an Joh. Enth.,
Wackernagel I, Nr. 161.

14 Ev. Kgb. Nr. 137; Wackernagel III, Nr. 31.

15 „Kräuterweihe und Palmenzauberei“ sind hier
offenbar nur in mittelbarem Zusammenhang
mit dem Michaelisfest genannt. Sie spielten
bei den Flurprozessionen zur Hagelfeier, die
in der Regel vor Beginn der Ernte stattfan-
den, eine Rolle. Dabei wurden die zuvor am
Palmsonntag geweihten Palmen (Weidenzwei-
ge) kreuzweise auf die Felder gesteckt, um
sie vor Blitz und Unwetter zu schützen. Auch
von den an Mariä Himmelfahrt geweihten
Kräutem glaubte man, daß sie unwetterab-
wehrende Kräfte hätten, und brachte sie da-
her gleichfalls auf die Felder. In verschie-

des göttliken wordes, dat alle stücke des hilligen
evangelii mögen bequemelick uthgelecht werden.

Wy nemen nene vierdage an denn alleine de
gewontliken Sondage, darmede wy van dem
arbeide rowen, dat wort Gades hören, dat sacra-
ment entfangen und int gemeine vor alle not-
truft bidden, ock Gade vor syne woldat danken
möge. Darumme schal ein jewelick sick ein-
drechtichlick in den vierdagen vinden laten und
sick daglikes arbeides entholden.

De dre grote feste Christi vyren wy ein jewe-
lick dre dage lang umme der historien Christi
willen. Darbeneven vyren wy ock dat fest cir-
cumcisionis 16, Epiphanie, purificationis 17 und
annunciationis Mariae 18. So nu datsülvige fest
annunciationis in der weken na dem Palmson-
dage komen würde edder ock vurder int jar, so
schal men yd am Sonnavent vor Palmarum hol-
den na older gewonheit. Ock vyren wy de feste
ascensionis und visitationis 19 mit gewontlikem
evangelion. Overst im feste visitationis schal
men lesen de epistele: Egredietur virga etc.
düdesch, Jesaia 11 [1 — 10], welcker epistel ende
is: Et erit sepulchrum eius gloriosum etc. Thom
lasten dat fest Johannis Baptistae, up welck fest
schal de epistel syn Jesaia 40 [1 — 8]: Consola-
mini etc. düdesch, dat ende: Verbum autem
Domini stabit in aeternum. Dat fest Michaelis
schal syn thor danksegginge, alse thovorne ge-
secht is.

Van Sanct Marien Magdalenen schal men dat
evangelion Luce 7 [36 — 50] prediken des nege-

denen Ortschaften des hannoverschen und
braunschweigischen Gebietes wurde das Ha-
gelfest vermutlich während der ganzen Ernte-
zeit bis zum Erntedankfest wiederholt ge-
feiert, wie sich in diesen Gegenden Hagel-
feierbetstunden während der ganzen Erntezeit
auch noch in der prot. Kirche erhalten haben;
vgl. H. Pfannenschmid, Germanische Ernte-
feste im heidn. u. christl. Cultus m. bes. Be-
ziehung auf Nieders. 1878, S. 60,77 ff.;A. Franz,
Die kirchlichen Benediktionen. Bd. I, S. 406,506.

16 1. Jan.

17 2. Febr.

18 25. März.

19 2. Juli.

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