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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0104
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Wolfenbüttel

Wie er dann solche mit besonderm ernst den
königen und herrschaften seines volkes auf-
erlegt und durch Mosen bevohlen Deuteron. 17
[18 — 20]: Wann der könig auf dem stuel seines
königreiches sitzen werde, sol er das gesetz des
Herrn von den priestern und Leviten nehmen und
auf ein buch schreiben lassen, welchs bey ihme
sein und er darinnen lesen sol sein leben lang, auf
das er lerne fürchten den Herrn seinen Gott, das
er halte alle wort des gesetzes und diese recht,
das er darnach thue und sein herze nicht erhebe
uber seine brüder und nicht weiche von dem
gebott, weder zur rechten noch zur linken, auf
das er seine tage verlenge auf seinem könig-
reich, er und seine kinder in Israel. Darzu durch
den propheten Esaiam [Jes 60,12] ernstlich ge-
drauet, welche königreich ihme nicht dienen, die
sollen umbkommen und verwüstet werden.

Darauss klerlich zu vernehmen, das der all-
mechtig von der weltlichen herrschaft nicht
allein guter policey und lands ordnung, sondern
auch der kirchen ordnung und des gottesdienstes
rechten eigentlichen verstand und befürderung
desselben bey deren underthanen ernstlich er-
fordert und die verechter und ubertretter her-
tiglich gestrafft hat.

Damit wir nun solchen greulichen fluch von
uns selbs und denn auch (soviel an uns) von
unsern kindern und underthanen abwenden und
Gottes gnedigen segens soviel dester mehr zu
getrösten hetten, haben wir uns (wie billich) die

4 Im Jahre 1568 (Datum des Kredenzbriefes für
die Kommission: 10. Okt. 1568; die examinato-
rischen Feststellungen begannen in Wolfen-
büttel aber schon am 8. und 9. Okt.) fand im
Auftrag Herzogs Julius eine Kirchenvisitation
statt, die von Martin Chemnitz, Jakob Andreä
und Peter Ulner von Gladebeck (Abt des Klo-
sters Bergen bei Magedeburg, früherer Hof-
prediger Heinrichs des Jüng.) unter Beistand
des Kanzlers Joachim Mynsinger von Frund-

eck, Franz’von Cramm und Heinrichs von
Reden durchgeführt wurde. Auch der Kanz-
leirat und Dechant des Stifts St. Blasii zu
Braunschweig, Dr. Barthold Reiche, Konrad
von Schwicheldt und Heinrich von Lühe, der
Vertraute Herzogs Julius und spätere Hof-
meister des Prinzen Heinrich Julius, müssen

furcht Gottes, welche in rechter warhaftiger
erkantnuss, anruffung und dienst Gottes stehet,
als den anfang der weissheit, ohne welche auch
weder Gott löblich, noch uns selbst und den
underthanen nützlich und heilsam regieret wer-
den mag, vor allem andern angelegen sein lassen.

Und demnach in massen der gottselige könig
Josaphat [2. Chr 17,7 — 9] zu angehender seiner
königlichen regierung gethan, zuvor und ehe wir
von denselben die erbhüldigung empfangen, un-
sere verordente visitatorn, beides, von gottseli-
gen geistlichen und politischen rethen und the-
ologen, in unser fürstenthumb abgefertiget 4,
unsere underthanen vermöge des reinen unver-
felschten gottesworts und desselben summari-
schen begriffs, besonders wieder allerley falsche
und verdampte lehre, in der christlichen augs-
purgischen confession begriffen, so weiland dem
grossmechtigsten keyser Carolo Quinto auf dem
reichstag zu Augspurg anno 1530 ubergeben, mit
gebürender bescheidenheit und sanftmuth zu
lehren und unsers christlichen vorhabens zu
berichten, das wir keineswegs gesinnet, die alte,
warhaftige catholische christliche religion abzu-
thun und ihnen einen neuen glauben aufzutrin-
gen, sondern vielmehr gemeinet, sie bey dem
alten, catholischen, apostolischen, christlichen
glauben zu handhaben, schutzen und schirmen 5,
und allein, was neben dem hellen, klaren, offen-
baren wort Gottes nicht bestehen mag und aus
menschlicher andacht, zum theil ohne Gottes

bei der Visitation mitgewirkt haben, ohne
daß ihre Namen in den Visitationsakten auf-
geführt sind. — Vgl. Rehtmeyer III, S. 326;
Schlegel, Kirchen- und Reformationsgesch. II,
S. 261; Beste, S. 67 f. — Vgl. das Examenspro-
tokoll bei Spanuth, S. 265 — 288, vgl. dazu auch
E. Hennecke, Zur Durchführung der Refor-
mation, S. 45 — 50 u. d. folgd. Kloster-O.

5 Vgl. hierzu B. Krusch, Entwicklung, Forts.
(1894) S. 100: „Er hatte, wie wir sahen, seinem
Vater hinsichtlich der Religion gewisse Zu-
sicherungen gegeben, und er ist besorgt, daß
man ihn für wortbrüchig halten könnte. Da-
her betont er wiederholt, daß er nicht ge-
sonnen sei, in der Kirche seines Fürstenthums
etwas „Neues“ einzuführen ...“

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