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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0144
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Wolfenbüttel

der wiedergeburt und verneuerung kurz und
nutzlich erkleret wird, sollen gehalten werden,
wie in dem taufbüchlein Lutheri 50, welches in
den benachbaurten reformierten kirchen ge-
breuchlich, verfasset ist. Und das alles soll in
bekanter deutscher sprach gehandelt werden,
das die umbstehenden vernemen mögen, was
für ein grosser ernst dar gehandelt werde, und
sie desto herzlicher mitbeten, auch ihrer tauf
sich erinnern mögen. Derhalben sollen auch die
pastores in der predigt die ganze handlung der
taufe oft dem volk erkleren.

Hieneben muß auch der bericht geschehen, ob
woll im bapstumb viel superstitiones mit un-
tergelaufen, weil aber dennoch die substantialia
baptismi geblieben sind, das diejenigen, so im
bapstumb getauft sind, eine rechte, volnkom-
mene taufe haben, weil dieselbige stehet und
berhuet nicht auf des priesters unwirdigkeit
oder mißbrauch, sondern auf dem worte des
Herrn Christi, Eph. 5 [26].

Es soll auch die kirche verwarnet und die
reine lehre von der kindertaufe mit fleiß ver-
waret werden für der wiederteufer irthumb, und
soll in diesen kirchen bleiben und gehalten wer-
den, das man die kinderlein zur taufe schicke
und sie teufen lasse. Hieneben aber soll auch
fleissig die lehre getrieben werden, das die
leute nicht meinen, es geschee also von wegen
alter gewonheit, sondern das sie lehrnen be-
trachten die ursachen, warumb man mit den
kinderchen zur taufe eilen solle, welch ein
wichtiger, ernster handel da sey, wenn ein
kindlein getauft wird, was die taufe dem kin-
derchen nutze. Und diß gehet auß dem grunde
der schrift von der erbsünde, nemlich das die
kinderlein in sünden entfangen und geboren
werden, Psalm. 51 [7], und derhalben von natur
kinder des zorns sein, Ephes. 2 [3], vom reich
Gottes außgeschlossen; dann was vom fleisch
geboren ist, das ist fleisch, und do es nicht von
neuen wieder geboren wird, kans in das reich
Gottes nicht kommen, Johan. 3 [6; 5], so wirds

also ohne zweifel gehören unter das reich des
sathans, Col. 1 [13], zur verdamnuß, Rom. 5
[16 ff.]. Nun können aber oder sollen ja fromme
eltern ihren kindern nicht gönnen, das sie in
solchem jammer und ellend bleiben und ewig-
lich verderben möchten, sondern sollen ja bil-
lich darnach trachten, wie ihnen möchte ge-
rahten und geholfen werden. Nun ist Christus
als ein erlöser und heiland gestorben, wie für
alle menschen, also auch für die kinderlein, und
von denselben spricht er außdrucklich: Lasset
die kinderlein zu mir kommen; denn solcher ist
das himelreich. Item, es ist nicht der wille
meines himlischen Vaters, das eines von den
kleinen soll verloren werden, Matth. 18 [14] und
19 [14]; Marci 10 [14]. Es wird aber die gnade
Gottes in Christo zur seligkeit fürgetragen, ge-
reichet und zugeeignet nicht ohne mittel, son-
dern durch ördentliche mittel des worts und
der sacrament (wie droben vielmals gemeldet),
von Gott darzu eingesetzt. Derhalben weil Chri-
stus die kinderlein will selig haben, so muß ein
sonderlich mittel von Gott darzu verordnet sein,
dardurch Gottes gnade, vergebung der sünden
zur seligkeit in Christo ihnen gegeben, gereichet
und zugeeignet werde, wie im alten testament,
also auch im neuen testament.

Nun kan man durchs blosse wort alleine
mit den kinderlein nicht handeln; denn man
kan sie noch nicht lehren. Derhalben muß es
durch die sacrament geschehen, wie im alten
testament durch die beschneidung. Vom abend-
mal aber des Herrn spricht Paulus: Der mensch
prüfe sich selbs, item, er soll underscheiden den
leib des Herrn, 1. Cor. 11 [28 f.], welches die jun-
gen kinderlein noch nicht thun können. Derwe-
gen bleibt noch die taufe ubrig, das dieselbige
ein solch mittel sey, wie solches gewaltigen
grund in der schrift hat; denn Christus spricht:
Der kinder ist das himelreich, Matt. 19 [14].
Es kann aber niemand ins himelreich kommen,
er sey dann wiedergeborn, und dasselbige ge-
schicht durchs wasser und den Geist, Joh. 3 [5].

50 Bek. Schr. S. 535 ff.

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