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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0145
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Kirchenordnung 1569

Denn die taufe ist ein solch badt der wieder-
geburt, Tit. 3 [5]. Derhalben müssen die kinder-
lein getauft werden, auf das sie wiedergeboren
werden und also ins himelreich kommen, item,
es ist des himlischen Vaters wille, das die
kinderlein nicht sollen verloren, sondern selig
werden, Matth. 18 [14]. Die taufe aber ist ein
badt der wiedergeburt, dadurch Gott selig macht,
die das ewig leben ererben sollen, Tit. 3 [7],
Item, wenn die kinderlein, so in sünden entfan-
gen und geboren sind, nicht sollen verlohren
werden, so müssen sie vergebung der sünden
haben. Die taufe aber ist ein solch mittel, da-
durch die sünde abgewaschen und vergeben
wird, Act. 2 [38] und 22 [16], Derhalben sollen
die kinderlein getauft werden; denn Christus
befilcht, wir sollen die kinder zu ihm bringen.
Wie können wir aber solchs thun? Da antwor-
tet Paulus: Die getauft werden, die ziehen Chri-
stum an, Gal. 3 [27], werden auf seinen todt
getauft und ihm eingeleibet, Rom. 6 [3], und
Act. 2 [39], da Petrus spricht: Lasset euch teu-
fen zur vergebung der sünden, setzet er bald
diß darzu: Diese verheissung ist euer und eurer
kinder, eben wie im alten testament von der
beschneidung geschrieben stehet, Gen. 17 [10].
Derhalben hat die kindertaufe guten, besten-
digen grund in Gottes worte, wie darvon mehr
argumenta et refutationes anabaptistarum in
andern schriften zu finden. Denn wir diesen
kurzen bericht allein darumb haben wöllen hie-
her setzen, die pastores zu erinnern, das allzeit
bey der lehre grund soll gefüret werden und die
leuthe auß solchem grunde vermanet mügen
werden, auß was ursachen sie ihre kinderlein
zu taufe schicken sollen, was da gehandelt
werde, wenn ein kindlein getauft wird, nemlich,
wie es durch Christum von Gottes zorn und auß
dem reich des teufels erlöset, Gottes gnade,
vergebung seiner sünde bekommen und also
ins himelreich eingehen müge, derhalben die
umbstehenden mit allem ernst sollen beten hel-

51 Vgl. Calvin, Inst. IV, 16,6. 9. 15; CR XXX,
980, 982, 986 f. — Vgl. dazu FC.Ep. XII,8; SD
XII,13. Bek. Schr. S. 823. S. 1094.

fen. Und eben dardurch werden auch die andern
erinnert, was sie in ihrer kindlicher taufe ent-
fangen haben, wie dann die prediger diß stücke
fleissig sollen treiben, wie sich die wirkung
und trost der heiligen taufe durch das ganze
leben des menschen strecke und beweise, quod
ad reconciliationem et renovationem.

Es muß auch bey dieser lehre den andern
sacramentschwermern gewehret werden, denn
die Calvinisten 51 sprengen unter die leute gar
einen schedlichen irrthumb, das die kinder, so
von bekereten, gleubigen eltern geborn werden,
ob sie gleich in sünden entfangen und geborn
werden, dennoch mit der natürlichen geburt
auß gleubigen eltern das mit sich bringen, das
sie auch vor der tauf nicht sein kinder des zorns
unter dem reich und gewalt des satans, son-
dern auch one die tauf wahrhaftig sein im
reich Christi und in der gnaden Gottes und das
die taufe nur allein ein eusserlich zeichen sey,
dardurch bezeuget werde, das dieselbigen kin-
der vorhin vergebung der sünde und ewige selig-
keit haben etc. Diese schwermerey, welche Augu-
stinus in Pelagio voralters verdampt hat, lib.
2, De peccatorum meritis etc. 52, vorkleinert den
greulichen schaden der erbsünde und nimpt der
taufe ihre fürnemste kraft und heilsame wir-
kung. Derhalben muß diß mit allem ernst ge-
strafft werden; dann Christus spricht in ge-
mein mit grossem ernst Johan. 3 [6; 5]: Was
auß fleisch geboren ist, das ist fleisch. Darumb
es sey dann, das der mensch von neuen geboren
werde auß dem wasser und Geiste, so kan er
in das reich Gottes nicht kommen. — Ist das
wahr, so muß es ohne zweifel folgen, das der
mensch, so auß fleisch geboren ist, vor der
neuen geburt, die durchs wasser und den Geist
geschicht, nicht sey im reich Gottes, sondern
under der gewalt der finsternuß, Col. 1 [13],
weil darzwischen kein mittel ist, 2. Cor. 6 [14],
So spricht auch Paulus fein rund und klar
Ephes. 2 [3]: Wir (das ist, die wir von beschnit-

52 De peccat. mer. et remissione, lib. II, cap. 25
u. 27 f„ 39 — 41, 43 — 46; MSL 44,175 — 179.
CSEL 60,111 — 117.

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