Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Wolfenbüttel

das pfarrvolk nicht bey derselben begrebnuß
sein, sonder ihme, als ein abgeschnitten glied
von der heiligen christlichen kirchen, vergraben
lassen.

Es sollen auch die pfarhern mit allem vleiß
ihr pfarvolk zu seiner gelegenen zeit under-
richten, das die ördentlich excommunication
keinswegs zu verachten, sonder wie die com-
munion und gemeinschaft der heiligen, christ-
lichen kirchen sey ein gemeinschaft aller gött-
lichen, himlischen güter, also sey auch die
ördentliche und rechtmessige excommunication
ein beraubung alles zeitlichen und ewigen heils.

Jedoch, da die mißhandlung so lesterlich und
ergerlich, das die straff nicht wol one merk-
lichen nachteil und ergerniß der kirchen ver-
zogen und obgelauter massen nacheinander ge-
handelt werden möcht, so sol ohne vorgehende
ermanung der pfarher des orts, da die ergerliche
person gesessen, solches seinem verordenten
special und derseib volgends dem generalsuper-
intendenten mit guten umbstenden berichten,
damit es vermöge unser superintendenzordnung
fürter ohne verzug an unsern kirchenrath ge-
langet und bescheid erholt möge werden.

Vom synodo.

Wie und wann ein gemeiner conventus des
consistorii bey unser kanzley der superin-
tendenz halben gehalten soll werden.

Auf das nu unserer specialsuperintendenten
visitationes ihre ördentliche und wirkliche ver-
richtung, auch darauf gebürende execution so
viel ernstlicher erlangen mögen, so ordnen und
wöllen wir des jahrs zweymal zu Wulffenbüttel
derwegen ein conventus gehalten, zu solchem
dann die fünf generales superintendentes mit
ihrer superintendenz, ungefehrlich nach Geor-
gii 2 und Crucis 3, beschrieben sollen werden,
welche neben und mit unserm obersten super-

2 23. April.

3 Als zweiter Termin der Zusammenkünfte ist
hier wohl die Zeit nach dem Tag der Kreuz-
erhöhung am 14. September gemeint.

intendenten unserer kirchensachen in rrnser
kanzley auf die verordente und benante stunden
morgends und nachmittag erscheinen und da-
selbst sampt unsern statthalter, den sonders
hierzu verordenten kirchenrehten, auch andern
hierzu verordenten theologen, die sachen für
die hand nehmen, verrichten und anfenglichs
bemelte unsere statthalter und, beides, von poli-
tischen personen und theologen verordente
kirchenrethe berürte fünf generalsuperintenden-
ten und deren jeden insonderheit nacheinander
aller feel und mangel, so ihnen von den specialn
angebracht, fürnemlich aber jeder irrigen, ver-
fürischen lehren, so den heiligen prophetischen
und apostolischen schriften, auch daher ge-
zogener augßpürgischer confession und unser
kirchenordnung einverleibter declaration zuwie-
der, volgends auch und daneben der groben
laster, so sie nicht allein der kirchen, schulen
und derselbigen diener, sondern auch anderer
personen halber fürbringen werden, anhören,
die alle alsdann samptlich darin ihrem besten
verstand, christlicher lehr, zucht, erbarkeit und
billigkeit gemeß votiren und bedenken, wie sol-
chen mengeln allen und jeden begegnet und
dieselben vermöge predigampts, auch unser lands
und andern ordnungen abgeleinet 3a und ge-
strafft mögen werden.

Hieneben bevehlen wir ernstlich, was also im
consistorio fürgebracht, berathschlaget, bedacht
und bewegen wirdet, das solches alles im rath
und geheim verschwigen gehalten und von
keiner person eröffnet, sondern die publication
allein im namen des consistorii und nicht pri-
vatim, wie gehört, beschehen.

Soviel aber unserer kirchendiener feel, mangel
und straffwirdige exceß belanget, da wöllen
wir, was ihrenthalben uber die hievor in unser
visitationordnung gesetzte warnung oder auch
von wegen derselben wichtigkeit den conventi-
bus fürgebracht und angezeigt, das dargegen

3a = abgestellt, beseitigt; vgl. H. Fischer, Schwä-
bisch. Wörterb. I, 1904, S. 42 f.

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