Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0296
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wolfenbüttel

Wo aber einer oder eine solches so gar ver-
echtlicher und muthwilligerweiß erlassen, der
oder dieselben sollen nach gestalt und gelegen-
heit der sachen und uberfarung mit dem thurn
oder in ander weg ernstlich gestrafft werden.

Darzu keine mans oder weibsperson das hei-
lige evangelium und Gottes wort, wie es nach
göttlicher schrift gepredigt wird, schmehen,
lestern oder mit jemand sich deshalb in einige
zenkische disputation begeben, bey einer schwe-
ren straff oder verwirkung seiner pfründ, dem
uberfahrer, je nach gelegenheit der sachen und
ubertrettung, aufzulegen.

Item, das auch zu allen malzeiten, morgens
und abends, vor und nach dem tisch durch
einen jimgen knaben oder töchterlein, so die
im spittal weren, wo nicht, durch die alten,
eins umb das ander, in allen gemachen öffent-
lich mit lauten worten, nemlich vor dem
tisch das Benedicite und nach dem tisch das
Gratias 99 deudsch allwegen mit einem Vater
unser, wie ungeferlich im catechismo gelehret,
gebetet und keinswegs underlassen werde.

Zudem auch die junge, arme kinder im spittal
durch den haußmeister oder haußmutter oder
ein arme, darzu verordente pfründnerin, und
im seelhauß durch den bettelvogt oder seine
haußfrauen zu morgen und nachts zu dem
gebet gewehnen und underrichten.

Darzu alle Sonn und feyrtage zu den predigten
und der kinderfrag von und darzu führen, und
nach der predigt und frag allwegen jedes in-
sonderheit befragen, was es darvon behalten,
und sonst zu allen guten, christlichen und er-
barn tugenden und sitten, auch zu der arbeit,
gescheften, diensten, schulen und handwerken,
nach jedes kindes gelegenheit, mit gebürlichem
underweisen und straffen, aufziehen und an
ih-nen kein vleiß sparen noch erwinden"a
lassen.

Ob dem allem dann die spittal, kasten und
haußmeister, darzu die amptleut und gericht
jederzeit ihr ernstlich, teglichs aufsehen haben
und brauchen sollen, das wir ihnen mit sonderm
ernst bevolen und auferlegt haben wöllen.

Item es sollen auch alle und jede mans und
frauenperson aller und jeder unbescheide-
ner, unzüchtiger und schandbaren, auch zenki-
schen wort uber tisch hieneben genzlich ent-
halten, sonder jederzeit aller zucht, erbarkeit,
bes'cheidenheit und friedlebens gegen einander
gefarn und befleissigen bey abbruch umb jedes
schandbar, unzüchtig oder zenkisch wort eines
tags des fleisches oder einer andern höhern
straff, nach gelegenheit der sachen und uber-
farung aufzulegen.

Wir wöllen auch, das sie sich des gottes-
lesterns, schwerens und fluchens genzlich ent-
halten und vermeiden.

Welcher oder welche spittaler oder pfründer
einer oder eine hierüber, allein auß ringem
gemüth und böser gewonheit, ohne gefehr 99 b
schweret oder fluchet, dem sol uber ein malzeit
sein gebürende fleisch oder dergleichen abge-
brochen werden.

So aber einer auß zorn, verdachtem muth,
fürsetzlich und gefehrlich und insonderheit uber
geschehener vermanung (wie dann hiervor ein
jeder den andern warnen und vermanen sol)
fluchen und schweren würde, der sol als ein
gottslesterer gestrafft werden.

Welcher oder welche im spittal im ehebruch
begriffen oder eine jxmgfrau, besonder einen
arrnen verpfründten weisen, geschwecht und
solches kundbarlich erwiesen wird, derselbig
sol sein pfründ gegen dem spittal verwirkt und
nichts desto weniger umb seine mißhandlung
nach gestalt eines jeden thettlicher handlung
mit keyserlichem, strengen rechten gestrafft
werden.

99 Kl. Katechismus. Bek. Schr. S. 522 f. Ev. Kgb.
Anh. S. 50.

"a = fehlen.
"b Vgl. S. 252.

276
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften