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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0302
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Wolfenbüttel

allmechtigen sey eine gerechte, gottfürchtige
und christliche oberkeit 5, die nicht allein für
ihr person vor Gott gerecht und from ist,
sondern auch den unterthanen zu gut nach
solchen leuten und dienern trachtet, die ihnen
recht und billigkeit schaffen und sie bey dem
warhaftigen gottesdienst, aller erbarkeit und
billigkeit schützen und schirmen. Welche gabe
Gottes 6 man aber gemeinlich nicht erkennet,
bis der gottlos regiert. Alsdenn fehet man
an zu seufzen, da die unterthanen im zeit-
lichen zum höchsten beschweret und darzu auch
des rechten einigen trosts mangeln müssen,
den sie in dem reinen, unverfelschten wort
Gottes und schirm der gottseligen oberkeit
haben solten.

Eine solche gestalt hatte es mit dem volk
Gottes, den kindern Israel, da sie helden zu
richtern hetten. Denn so lange solche helden,
als Josua, Gideon, Simson, Jephta und der-
gleichen richter lebeten, half ihnen der Herr
aus ihrer feinde hand [Jud. 2 = Ri2,18], das sie
sicher woneten; also auch bey der regierung
der gottseligen königen David, Salomon, Assa,
Josaphat, Hiskia, Josia, v/elche den rechten war-
haftigen gottesdienst in Israel nach dem gesetz
Mose und wort des Herrn widerumb aufrichte-
ten, war das volk in grossen freuden, hatte
den segen 7, schutz und schirm des Herrn wider
alle seine feinde. Denn solches hat der Herr
seinem volk versprochen, wie Mose bezeuget:
[Deut. 2% 1. 7 f. 12—14; Levi. 26,3]: Wenn du
der stim des Herrn deines Gottes gehorchen
wirst, das du haltest und thust alle seine
gebot, so wird der Herr deine feinde, die
sich wider dich auflehnen, für dir schlahen.
Der Herr wird gebieten dem segen, das er mit
dir sey in deinem keller und in allem, das
du fürnimpst, der Herr wird dir seinen guten
schatz aufthun, den himel, das er deinem lande

5 a. R.: Gottselige, christliche oberkeit ein be-
sondere gnad Gottes.

6 a. R.: Die gaben Gottes erkennet man nicht,
bis man sie verleuret.

7 a. R.: Segen Gottes bey dem christlichen, gott-

seligen regiment.

regen gebe zu seiner zeit und das er segne
alle werk deiner hende, darumb das du ge-
horsam bist den geboten des Herrn deines
Gottes und das du nicht weichest von irgend
einem wort, weder zur rechten noch zur linken,
damit du andern göttern nachwandelst zu
dienen.

Da sie aber dem Herrn für solche gnad nicht
dankbar waren und von dem gesetz des Herrn
abwichen, abgöttische könig und gottlosen uber
sie herscheten, als zur zeit Ahab, Jeroboam,
Manasse und anderer ungottseligen königen in
Juda und Israel geschehen, ist der fluch Gottes
heufig uber sie komen, hunger und pestilenz
haben sie getroffen, der krieg und das schwert
hat sie gefressen und sind also land und leut
jemerlich verwüstet und verderbet worden, wie
üenn der Herr ihnen solches vielfaltig durch Mo-
sen und andere seine propheten gedrauet [Deut. 28,
15 ff.; Levi. 26, 14—41; Amos 3] und endlich uber
sie komen lassen, wenn sie ihn mit unrechtem
und falschem gottesdienst erzürnet, sich aus
den straffpredigten nichts gebessert und zu dem
Herrn ihrem Gott nicht bekeret haben.

Weil wir denn nicht leugnen können, sondern
bekennen müssen, das nunmehr ein lange zeit
und viel jar her viel und mancherley grosse
und schwere mißbreuch 8 in die kirchen Gottes
eingerissen und also beides, zur rechten und
linken, von dem ausgedruckten, klaren und
hellen wort Gottes abgewichen worden, dar-
über die fromen und gutherzige Christen hohes
und nidriges standes geseufzet und nach einer
christlichen gottseligen reformation ein herzlich
verlangen gehapt, gleichwol aber immer mit
dem titel 9 und namen der kirchen aufgehalten,
als ob solches alles durch die heilige christ-
liche kirchen verordnet, bey deren allein es auch
stehe, widerumb zu endern, hier zwischen aber
meniglich schuldig sey bey dem gehorsam, so

8 a. R.: Vil misbreuch in die kirch Gottes ein-

gerissen.

9 a. R.: Der tittel der kirchen hat viel leut

uffgehalten.

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