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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0321
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Klosterordnung 1569

Julii vorhaben sey, eigentlich vernemen können,
haben S. F. G. etliche visitatores abgefertiget,
die klosterjungfrauen aller sachen, belangend
den gottesdienst und ihrer seelen seligkeit, aus-
fürlich und nach aller notturft zu berichten,
damit derselbigen gewissen gegen Gott zum
besten versichert, sie auch meniglich rechen-
schaft der fürgenomenen ordnung halben geben
könten.

Denn leider ein zeitlang und etliche viel jar
her in den klöstern, so viel den gottesdienst
belanget, nicht zum besten haus gehalten, son-
dern sich zugetragen, wie es pflegt zu gehen
in einem hause, da man nicht alle tage mit vleis
auskeret und das ganze haus mit spinnenweb,
staub und allerley unrat erfüllet wird.

Also auch, da ein zeitlang die bisschoff 84
nicht mehr prediger, wie Augustinus, Ambro-
sius, Chrysostomus und andere gewesen, sondern
fürsten worden, haben sie sich mehr der welt-
lichen regierung denn des rechten gottesdienstes
angenomen, daher nachmals allerley unrat,
aberglauben, irrthumb und misbreuche in die
kirchen eingerissen, dadurch der alt catholisch,
christliche glaube dermassen verdunkelt worden,
so viel staubs und spinnenweb darauf ge-
wachssen, das man ihn schier nicht mehr ge-
kennet hat. Wie denn nun viel jar her viel
gutherziger leut hin und wider im bapsthumb
und in den klöstern solchs erkennet, darüber
geklagt und verbesserung derselben durch ein
concilium gehoffet und gewartet haben.

Nachdem aber leider solches nicht ervolget,
sondern alle offenbare und wissentliche mis-
breuche, irrthumb und abgötterey wierumb von
neuem bestetiget 84:a, so hat den gottseligen und
christlichen fürsten herzog Julium zu angehender
S. F. G. regierung beide, S. F. G. gewissen und
derselben von Gott bevohlen und tragend ampt,
dahin gedrungen, zu lob und preise dem all-
mechtigen, auch zu der klösterjungfrauen ewi-

84 a. R.: Die bischoff sind fürsten worden.

84a Vgl. M. Chemnitz, Examen Conc. Trid.
Praef. 9 (ev. Preuss, 1861, S. 3).

85 a. R.: Die klöster sol man auskeren und nicht
abbrennen.

gem seelenheil und seligkeit, eine christliche,
fürstliche und gottselige fürsorge zu tragen und
auf mittel und wege zu gedenken, wie dieser
sachen Gotte gefellig zum besten geraten und
geholfen werden möchte.

Demnach wie niemand so unvorsichtig ist, das
er umb einer spinnenweb willen das haus gar
umbstossen und verbrennen solt, sondern nimpt
ein besen und keret die spinnenweb und den
staub aus den stuben und kamern, also haben
auch S. F. G. umb der spinnenweb, das ist,
umb des eingeschlichenen misbrauchs und viel-
feltiger irrthümen willen nicht auch zumal den
rechten gottesdienst abschaffen oder die klö-
ster 85 genzlich auf einen haufen reissen wollen,
sondern mit dem wort Gottes alles das, was
unserm allgemeinen, catholischen, christlichen
glauben zuwider, auskeren und also neben dem
rechten, warhaftigen gottesdienst die klöster
widerumb in ihren alten, löblichen, christlichen
brauch bringen und durch die gnade Gottes
erhalten wöllen.

Denn da wir dieser sachen mit besonderm
vleis nachdenken und uns der alten, glaub-
wirdigen historien erinnern, so befindet es sich,
das der klösterstand, beides, in herrn und jung-
frauenklöstern, nicht für sich selbst ein besonde-
rer abgesonderter und von Gott verordenter
stand 86 sey, inmassen derselbige leider bis da-
her also gehalten, sondern der dreyen vor-
gehenden, nemlich des predigampts, der oberkeit
und ehestandes diener sey, wie solches uber
die glaubwirdigen historien auch heutiges tages
noch etliche klöster ausweisen, davon nachmals
weiter gesagt werden sol.

Einmal ist es offenbar, das die herrn und
mansklöster 87 anfanges nichts gewesen sind,
denn schulen, darinnen unter der zucht und lere
eines gelerten mannes (den man einen abt, das
ist, einen geistlichen vater genennet hat) junge
knaben gehalten und auferzogen, mit welchen

86 a. R.: Was das klosterleben für ein stand für
Gott sey.

87 a. R.: Was die herrn und mansklöster an-
fanges gewesen.

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