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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0336
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Wolfenbüttel

sacraments so deutlich erkleret, wenn Christus
saget: Trinket alle daraus, das es nicht allein
von den aposteln zu verstehen, sondern damit
alle leyen auch gemeinet und eingeschlossen
worden, das einem Christen nicht unbillich ver-
wundern sol, wie ein mensch so verwegen sein
und dem klaren bevehl Christi so offenbarlich
und wissentlich zuwider handlen sol. 1. So oft
ihr von diesem brot esset (spricht S. Paulus
[1. Cor. 11, 26—29]) und von diesem kelch trinket,
solt ihr den tod des Herrn verkündigen, bis das
er kompt. 2. Welcher nun unwirdig isset von
diesem brot oder von dem kelch des Herrn trin-
ket, der ist schüldig an dem leib und blut des
Herrn. 3. Der mensch aber prüfe sich selbst und
esse also von diesem brot und trinke von diesem
kelch. 4. Denn welcher unwirdig isset und trin-
ket, 5. der isset und trinket ihm selber das gericht.

Hie widerholet S. Paulus den bevehl unsers
Herrn Jhesu Christi vom kelch zum fünften mal
und redet von einem prüfen, das geschehen solle,
nicht allein, wenn man von diesem heiligen brot
isset, sondern auch von dem kelch Christi trin-
ket, welches nicht allein von den priestern,
sondern auch von den leyen und also von der
ganzen kirchen S. Paulus geredt und verstanden
hat. Er saget, der mensch prüfe sich selbst,
und saget nicht, allein der priester priife sich.
Derhalben auch, wer den kelch unterlesset, der
prüfet sich nicht recht, empfehet auch das
sacrament nicht recht, sondern handelt wider
das testament und letzten willen unsers Herrn
Jhesu Christi, und da ers besser weis und
unterrichtet ist, wird ers am jüngsten tage
nimermehr verantworten können.

Der ander misbrauch und verkerung dieses
hochwirdigen sacraments 89 ist, das man daraus
ein opfer für die sünde der lebendigen und der
todten gemacht, dardurch die armen seelen aus

89 a. R.: Messopfer ist eine verkerung des hoch-
wirdigen sacraments.

90 Zum Fegfeuer vgl. Gregor I., Dial. IV, 39; MSL
77, 396; Conc. Lugd. I 1245, 23. Denzinger 456;
Conc. Florent. (1438—1445), Decretum pro Grae-
cis. Denzinger 693; Conc. Trid. Sess. VI. Can.
30. Denzinger 840; Sess. XXV, Decretum de

dem fegfeur 90 erlöset werden sollen, welcher
irrthumb beides, wider die einsetzung des Herrn
Christi und wider unsern catholischen, christ-
lichen glauben ist.

Denn Christus saget mit deutlichen worten 91,
was man mit diesem sacrament thun solle und
spricht: Nemet hin und esset, nemet hin und
trinket, das thut zu meinem gedechtnis. Er saget
nicht: Nemet hin und opferts für die sünde,
schuld und peen der lebendigen auf erden und
der todten im fegfeur. Item S. Paulus erkleret
die wort Christi, da er saget [1. Cor. 11, 24. 26]:
Das thut zu meinem gedechtnis, das es so viel
gesagt sey, so oft ihr von diesem brot esset
und von dem kelch des Herrn trinket, solt ihr
den tod des Herrn verkündigen, bis das er kompt.
Er saget nicht, so oft ihr opfert, sondern so oft
ihr esset und trinket etc.

So kan auch unser christlicher glaube 92 kein
solch opfer leiden, denn der catholische, christ-
liche glaube weis nur von einem einigen versön-
opfer für die sünde der lebendigen und der
todten, und das ist das opfer Christi, am kreuz
einmal für die sünde der ganzen welt geschehen,
wie die propheten und apostel bezeugen [1. Cor. 5,
7; Rom. 3, 24; Isa. 53, 4 f.; Dan. 9, 24]. Einen solchen
hohenpriester solten wir haben, spricht die
epistel an die Hebreer [Heb. 7, 26 f.], der da were
heilig, unschüldig, unbefleckt, von den sündern
abgesondert und höher denn der himel, dem
nicht teglich not were, wie jenen hohenpriestern,
zuerst für seine eigene sünde opfer zu thun,
darnach für des volks sünde. Denn das hat er
gethan einmal, da er sich selbst opferte, ist
[Heb. 9,12] durch sein eigen blut eingangen ein-
mal in das allerheiligest und hat eine ewige
erlösung erfunden, und [Heb. 10, 14] mit einem
opfer hat er in ewigkeit vollendet, die ge-
heiliget werden.

purgatorio. Denzmger 983. Professio fidei Tri-
dentina. Denzinger 998.

91 a. R.: Widerlegung aus den worten der ein-
setzung des sacraments.

92 a. R.: Widerlegung des messopfers aus dem
christlichen glauben.

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