Wolfenbüttel
schlossen haben, welcher mensch gleube, das
das opfer der messe sey nur eine widergedecht-
nis des leidens Christi und opfer der dank-
sagung und nicht auch ein opfer für die sünde,
schuld und peen der lebendigen und der todten,
der sey verflucht, wie denn im selbigen concilio
sessione 22, canone 3 diese wort stehen 1: Si quis
dixerit, missae sacrificium tantum esse laudis
et gratiarum actionis, aut nudam commemora-
tionem sacrificii in cruce peracti, non autem
propitiatorium, vel soli prodesse sumenti, neque
pro vivis et defunctis, pro peccatis, poenis, satis-
factionibus et aliis necessitatibus offerri debere,
anathema sit.
So hat auch Christus kein solche gedechtnis
seines leidens eingesetzt, da einer allein essen
und trinken und die andern zusehen solten,
sondern in dieser gedechtnis sollen priester und
leyen 2 miteinander essen, trinken, beten und
danksagen, wie in der mess Dionysii, Chryso-
stomi, Basilii, Augustini 3 und anderer zu sehen ist.
Darbey auch die schwestern und klosterjung-
frauen zu merken haben, das es ein vergebliche
und Gott nicht gefellige arbeit sey gewesen,
wenn ihnen ist auferlegt worden, etliche psalter
den abgestorbenen zu trost zu befeen, das sie
aus dem fegfeur 4 erlöset werden. Denn es ist
kein fegfeur, sondern alle menschen müssen
allein durch das blut Christi von allen ihren
1 Denzinger 950.
2 a. R.: In der mes sollen priester und leyen
miteinander das opfer halten.
3 Die Dionysiusmesse ist eine der zahlreichen
(F. E. Brightman, Liturgies Eastern and We-
stern, Vol. I, 1896, S LVII f. nennt 64) Ana-
phoren der westsyrischen Liturgie. Die 2. Edi-
tion von Renaudot ist abgedruckt in MSG 3,
1123 ff. Die Messe ist jedoch nur unvoll-
ständig überliefert, und es erscheint fraglich,
ob sie hier gemeint ist. Eher scheint es sich
um die Dionysius Areopagita zugeschriebene
Schrift „De ecclesiastica hierarchia” zu han-
deln, in deren 3. Kap. die Messe beschrieben
wird. Vgl. bes. Cap. III, 3, § 12; MSG 3, 444,
dazu MSG 3, 453. — Die Chrysostomus-
liturgie ist das gewöhnlich gebrauchte Nor-
rnalformular der byzantinischen Messe, das
Chrysostomus zu Unrecht zugeschrieben wird,
sünden gefeget werden, und da sie warhaftig
an ihn gleuben, sind sie alsbald gefeget, wie er
demi zum schecher saget [Luc. 23, 43]: Heut
wirstu bey mir sein im paradis. Er schickt ihn
nicht zuvor in das fegfeur und darnach erst
in das paradis. Das fegfeur ist am kreuz, da ist
der arme schecher und wir arme sünder alle
gefeget, das ist, von allen sünden gereiniget
und erlöset worden.
So ist der psalter 5 auch nicht darzu verordnet,
das er für die todten solte gebetet werden,
denen er auch weder kalt noch warm gibt, son-
dern, wie droben angezeiget, ist er den leben-
digen allein zu einer lehr aufgeschrieben, dar-
aus meniglich lernen soll, was Davids und ande-
rer heiligen glaube sey gewesen, wie sie zur
zeit der not den Herrn angeruffen, zur zeit
der wolfart gedanket und in seinen wegen ge-
wandelt haben, das sie dergleichen auch thun
und in derselben fusstapfen tretten, in allen
nöten allein zu Gott ruffen und für alle wol-
thaten danksagen sollen. Solches ist der rechte
brauch des psalters, jenes aber ist ein misbrauch,
wie droben gnugsam angezeiget worden ist.
Letztlich wissen sich die klosterjungfrauen wol
zu erinnern der absolution 6, welcher gestalt sie
nicht allein auf den verdienst des bittern leidens
und sterbens Christi, sondern auch auf aller
heiligen und ihres eigenen ordens verdienst sind
die Basiliusliturgie das Normalformular der
byzant. Messe für bes. Feiertage, im Grund-
stock wohl wirklich auf Basilius zurück-
gehend. Druck beider Liturgien nach Hss.
des 8.—9. Jhdts. bei Brightman, a. a. O.
S. 309 ff., vgl. die 'Kommunion S. 341 f. Vgl.
dazu L. Eisenhofer, Hdb. d. kath. Liturgik,
Bd. I, S. 116 f. — Vgl. Aeußerungen Augustins
über die Messe, insbes. über die Communion
unter beiderlei Gestalt, z. B. Serm. 5, 3;
MSL 38, 55. Serm. 77, 3, 4; MSL 38, 485. Serm.
132; MSL 38, 734 ff. Tract. in Joan. XXVI,
15; MSL 35, 1614. Tract. XXVII, 11; MSL 35,
1620 f. Zum Ganzen: J. A. Jungmann, Missa-
rum Sollemnia. 1948, Bd. I, S. 49 ff., II. S. 464 ff.
4 a. R.: Es ist kein fegfeur.
5 a. R.: Rechter brauch des psalters.
6 a. R.: Die klosterjungfrauen nicht recht von
ihren sünden absolvirt worden.
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schlossen haben, welcher mensch gleube, das
das opfer der messe sey nur eine widergedecht-
nis des leidens Christi und opfer der dank-
sagung und nicht auch ein opfer für die sünde,
schuld und peen der lebendigen und der todten,
der sey verflucht, wie denn im selbigen concilio
sessione 22, canone 3 diese wort stehen 1: Si quis
dixerit, missae sacrificium tantum esse laudis
et gratiarum actionis, aut nudam commemora-
tionem sacrificii in cruce peracti, non autem
propitiatorium, vel soli prodesse sumenti, neque
pro vivis et defunctis, pro peccatis, poenis, satis-
factionibus et aliis necessitatibus offerri debere,
anathema sit.
So hat auch Christus kein solche gedechtnis
seines leidens eingesetzt, da einer allein essen
und trinken und die andern zusehen solten,
sondern in dieser gedechtnis sollen priester und
leyen 2 miteinander essen, trinken, beten und
danksagen, wie in der mess Dionysii, Chryso-
stomi, Basilii, Augustini 3 und anderer zu sehen ist.
Darbey auch die schwestern und klosterjung-
frauen zu merken haben, das es ein vergebliche
und Gott nicht gefellige arbeit sey gewesen,
wenn ihnen ist auferlegt worden, etliche psalter
den abgestorbenen zu trost zu befeen, das sie
aus dem fegfeur 4 erlöset werden. Denn es ist
kein fegfeur, sondern alle menschen müssen
allein durch das blut Christi von allen ihren
1 Denzinger 950.
2 a. R.: In der mes sollen priester und leyen
miteinander das opfer halten.
3 Die Dionysiusmesse ist eine der zahlreichen
(F. E. Brightman, Liturgies Eastern and We-
stern, Vol. I, 1896, S LVII f. nennt 64) Ana-
phoren der westsyrischen Liturgie. Die 2. Edi-
tion von Renaudot ist abgedruckt in MSG 3,
1123 ff. Die Messe ist jedoch nur unvoll-
ständig überliefert, und es erscheint fraglich,
ob sie hier gemeint ist. Eher scheint es sich
um die Dionysius Areopagita zugeschriebene
Schrift „De ecclesiastica hierarchia” zu han-
deln, in deren 3. Kap. die Messe beschrieben
wird. Vgl. bes. Cap. III, 3, § 12; MSG 3, 444,
dazu MSG 3, 453. — Die Chrysostomus-
liturgie ist das gewöhnlich gebrauchte Nor-
rnalformular der byzantinischen Messe, das
Chrysostomus zu Unrecht zugeschrieben wird,
sünden gefeget werden, und da sie warhaftig
an ihn gleuben, sind sie alsbald gefeget, wie er
demi zum schecher saget [Luc. 23, 43]: Heut
wirstu bey mir sein im paradis. Er schickt ihn
nicht zuvor in das fegfeur und darnach erst
in das paradis. Das fegfeur ist am kreuz, da ist
der arme schecher und wir arme sünder alle
gefeget, das ist, von allen sünden gereiniget
und erlöset worden.
So ist der psalter 5 auch nicht darzu verordnet,
das er für die todten solte gebetet werden,
denen er auch weder kalt noch warm gibt, son-
dern, wie droben angezeiget, ist er den leben-
digen allein zu einer lehr aufgeschrieben, dar-
aus meniglich lernen soll, was Davids und ande-
rer heiligen glaube sey gewesen, wie sie zur
zeit der not den Herrn angeruffen, zur zeit
der wolfart gedanket und in seinen wegen ge-
wandelt haben, das sie dergleichen auch thun
und in derselben fusstapfen tretten, in allen
nöten allein zu Gott ruffen und für alle wol-
thaten danksagen sollen. Solches ist der rechte
brauch des psalters, jenes aber ist ein misbrauch,
wie droben gnugsam angezeiget worden ist.
Letztlich wissen sich die klosterjungfrauen wol
zu erinnern der absolution 6, welcher gestalt sie
nicht allein auf den verdienst des bittern leidens
und sterbens Christi, sondern auch auf aller
heiligen und ihres eigenen ordens verdienst sind
die Basiliusliturgie das Normalformular der
byzant. Messe für bes. Feiertage, im Grund-
stock wohl wirklich auf Basilius zurück-
gehend. Druck beider Liturgien nach Hss.
des 8.—9. Jhdts. bei Brightman, a. a. O.
S. 309 ff., vgl. die 'Kommunion S. 341 f. Vgl.
dazu L. Eisenhofer, Hdb. d. kath. Liturgik,
Bd. I, S. 116 f. — Vgl. Aeußerungen Augustins
über die Messe, insbes. über die Communion
unter beiderlei Gestalt, z. B. Serm. 5, 3;
MSL 38, 55. Serm. 77, 3, 4; MSL 38, 485. Serm.
132; MSL 38, 734 ff. Tract. in Joan. XXVI,
15; MSL 35, 1614. Tract. XXVII, 11; MSL 35,
1620 f. Zum Ganzen: J. A. Jungmann, Missa-
rum Sollemnia. 1948, Bd. I, S. 49 ff., II. S. 464 ff.
4 a. R.: Es ist kein fegfeur.
5 a. R.: Rechter brauch des psalters.
6 a. R.: Die klosterjungfrauen nicht recht von
ihren sünden absolvirt worden.
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