Klosterordnung 1569
zalet. Durch diesen verdienst allein und sonst
keinen andern sie verhoffeten selig zu werden.
Und haben sich demnach unbeschwert und ohne
verletzung ihrer gewissen erkleret und schier
alle, gar wenig ausgenomen, gutwillig erboten
(do durch das ganze fürstenthamb in allen jung-
frauenklöstern ein erbare, züchtige jungfreu-
liche kleidung 33 verordnet, so durchaus einerley
farbe und form hette), die kappen abzulegen;
denn sie wüssten, das sie damit nicht wider Gott
oder wider ihr gewissen handleten, weil sie
die kappen anderst nicht denn wie sonst ein
ander kleid trügen, sich damit zu bedecken,
haben S. F. G. nicht unterlassen, alsbald die
verordnung zu thun, das in eine erbare,
schwarze, jungfreuliche kleidung 34 sie alle zu-
mal gekleidet würden.
Nachdem aber wol zu vermuten, das sich leut
finden werden, so diese jungfrauen ausruffen
möchten, als ob sie mehr aus leichtfertigkeit 35
solches gethan, ihrer gelübde vergessen und also
beides, wider Gott und ihr eigen gewissen ge-
handlet, der harten, schweren regel sich ent-
schlagen und ein leichtere angenomen, habe
ich zum beschlus auch deshalben ihnen den ge-
gebenen bericht hie widerholen wöllen, dessen
sie sich in anfechtungen gegen Gott und in der
verantwortung gegen meniglich hetten zu ge-
brauchen.
Denn erstlich, so viel den orden 36 belanget,
deren nicht einerley, sondern viel und mancher-
ley sind, haben sie sich zu erinnern, was S. Paulus
an die Corinther geschrieben hat [1. Cor. 3 -
1. K 1, 11 ff.]: Lieben brüder, mir ist fürkomen,
das einer unter euch spricht: ich bin paulisch,
33 a. R.: Enderung der jungfrauenkleider in den
klöstern nicht mit zwang fürgenomen.
34 Die Kleidung der regulierten Augustiner-Chor-
frauen war — ebenso wie die der Chorherren
— entweder schwarz, weiß, rot oder violett,
je nach der Kongregation und dem Stift. Vgl.
Heimbucher, a. a. O. Bd. I, S. 409 und 458.
Die Chorfrauen der Windesheimer Kongrega-
tion trugen weiße Kleidung, ibid. S. 461, die
Birgittinnen waren grau gekleidet, ibid.
S. 622, usw.
der ander: ich bin apollisch, der dritte: ich bin
cepisch, der vierde: ich bin christisch. Wie? Ist
Christus nun zertrennet? Ist denn Paulus für
euch gekreuziget? Oder seid ihr in Paulus na-
men getauft? Hie straffet S. Paulus die Corinther
allein darumb, das sie sich nach den namen
der apostel und ihrer prediger 37 nenneten,
welche doch alle zumal eine einige regel lere-
ten und weder im glauben noch eusserlichen
ceremonien ungleicheit hielten, sondern dis ge-
schehe allein darumb, das einer viel lieber
Paulum denn Petrum, der ander Petrum lieber
denn Paulum, der dritte Apollo lieber denn jene
beide hörete predigen, dem vierden aber was
ein prediger wie der ander und blieben Christen,
weil von ihnen allen Christus geprediget ward,
liessen sich auch anderst nicht denn Christen
nennen.
Dis schaffet S. Paulus bey den Corinthern ab
und Leret, das sie sich jnicht nach den lerern,
sondern nach dem Herrn Christo 38 sollen nennen
lassen. Denn weder die apostel noch ihre andere
prediger sind für die Corinther gekreuziget, des-
gleichen sind sie auch nicht auf ihrer prediger
namen, sondern auf den namen unsers Herrn
Jliesu Christi getauft, von dem allein sie auch
sollen, als die braut von ihrem breutigam, den
namen haben und tragen, Christen 39 von dem
Herrn Christo, und nicht paulisch, cephisch oder
apollisch genennet werden.
Was würde aber S. Paulus sagen, wenn er
itzt von todten auferstehen und so viel und
mancherley orden 40 sehen solte?, das einer sich
lest ein Franciscaner, einer ein Dominicaner,
der dritt ein Bernhardiner 41, der vierde ein
35 a. R.: Die jungfrauen haben die kappen nicht
leichtfertig ausgezogen.
36 a. R.: Mancherley orden sind wider die heilige
schrift.
37 a. R.: Niemand sol sich nach seinem lerer
nennen lassen in göttlichen sachen.
38 a. R.: Die Christen sollen sich allein nach
dem Plerrn Christo nennen lassen.
39 a. R.: Bey dem allgemeinen namen der Chri-
sten sol man bleiben.
40 a. R.: Viel und mancherley orden.
41 Hier wohl die Cistercienser.
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zalet. Durch diesen verdienst allein und sonst
keinen andern sie verhoffeten selig zu werden.
Und haben sich demnach unbeschwert und ohne
verletzung ihrer gewissen erkleret und schier
alle, gar wenig ausgenomen, gutwillig erboten
(do durch das ganze fürstenthamb in allen jung-
frauenklöstern ein erbare, züchtige jungfreu-
liche kleidung 33 verordnet, so durchaus einerley
farbe und form hette), die kappen abzulegen;
denn sie wüssten, das sie damit nicht wider Gott
oder wider ihr gewissen handleten, weil sie
die kappen anderst nicht denn wie sonst ein
ander kleid trügen, sich damit zu bedecken,
haben S. F. G. nicht unterlassen, alsbald die
verordnung zu thun, das in eine erbare,
schwarze, jungfreuliche kleidung 34 sie alle zu-
mal gekleidet würden.
Nachdem aber wol zu vermuten, das sich leut
finden werden, so diese jungfrauen ausruffen
möchten, als ob sie mehr aus leichtfertigkeit 35
solches gethan, ihrer gelübde vergessen und also
beides, wider Gott und ihr eigen gewissen ge-
handlet, der harten, schweren regel sich ent-
schlagen und ein leichtere angenomen, habe
ich zum beschlus auch deshalben ihnen den ge-
gebenen bericht hie widerholen wöllen, dessen
sie sich in anfechtungen gegen Gott und in der
verantwortung gegen meniglich hetten zu ge-
brauchen.
Denn erstlich, so viel den orden 36 belanget,
deren nicht einerley, sondern viel und mancher-
ley sind, haben sie sich zu erinnern, was S. Paulus
an die Corinther geschrieben hat [1. Cor. 3 -
1. K 1, 11 ff.]: Lieben brüder, mir ist fürkomen,
das einer unter euch spricht: ich bin paulisch,
33 a. R.: Enderung der jungfrauenkleider in den
klöstern nicht mit zwang fürgenomen.
34 Die Kleidung der regulierten Augustiner-Chor-
frauen war — ebenso wie die der Chorherren
— entweder schwarz, weiß, rot oder violett,
je nach der Kongregation und dem Stift. Vgl.
Heimbucher, a. a. O. Bd. I, S. 409 und 458.
Die Chorfrauen der Windesheimer Kongrega-
tion trugen weiße Kleidung, ibid. S. 461, die
Birgittinnen waren grau gekleidet, ibid.
S. 622, usw.
der ander: ich bin apollisch, der dritte: ich bin
cepisch, der vierde: ich bin christisch. Wie? Ist
Christus nun zertrennet? Ist denn Paulus für
euch gekreuziget? Oder seid ihr in Paulus na-
men getauft? Hie straffet S. Paulus die Corinther
allein darumb, das sie sich nach den namen
der apostel und ihrer prediger 37 nenneten,
welche doch alle zumal eine einige regel lere-
ten und weder im glauben noch eusserlichen
ceremonien ungleicheit hielten, sondern dis ge-
schehe allein darumb, das einer viel lieber
Paulum denn Petrum, der ander Petrum lieber
denn Paulum, der dritte Apollo lieber denn jene
beide hörete predigen, dem vierden aber was
ein prediger wie der ander und blieben Christen,
weil von ihnen allen Christus geprediget ward,
liessen sich auch anderst nicht denn Christen
nennen.
Dis schaffet S. Paulus bey den Corinthern ab
und Leret, das sie sich jnicht nach den lerern,
sondern nach dem Herrn Christo 38 sollen nennen
lassen. Denn weder die apostel noch ihre andere
prediger sind für die Corinther gekreuziget, des-
gleichen sind sie auch nicht auf ihrer prediger
namen, sondern auf den namen unsers Herrn
Jliesu Christi getauft, von dem allein sie auch
sollen, als die braut von ihrem breutigam, den
namen haben und tragen, Christen 39 von dem
Herrn Christo, und nicht paulisch, cephisch oder
apollisch genennet werden.
Was würde aber S. Paulus sagen, wenn er
itzt von todten auferstehen und so viel und
mancherley orden 40 sehen solte?, das einer sich
lest ein Franciscaner, einer ein Dominicaner,
der dritt ein Bernhardiner 41, der vierde ein
35 a. R.: Die jungfrauen haben die kappen nicht
leichtfertig ausgezogen.
36 a. R.: Mancherley orden sind wider die heilige
schrift.
37 a. R.: Niemand sol sich nach seinem lerer
nennen lassen in göttlichen sachen.
38 a. R.: Die Christen sollen sich allein nach
dem Plerrn Christo nennen lassen.
39 a. R.: Bey dem allgemeinen namen der Chri-
sten sol man bleiben.
40 a. R.: Viel und mancherley orden.
41 Hier wohl die Cistercienser.
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