Wolfenbüttel
Benedictiner, der fünft ein Augustiner etc. und
dergleichen nennen. Darzu keiner wie der
ander 42 gekleidet, auch nicht einerley regel,
wie die apostel zu Corintho, sondern viel und
mancherley regel haben, da je einer vermeinet,
sein orden sey der strengest und der beste,
darin er gedenket, selig zu werden, und da er
aus diesem orden trette, nicht meinte, das er
könte selig werden, welcher gesetzt ist auf be-
sondere kleidung, besondere speise und trank,
besondere gebet und was denn eines jeden
ordens sonderliche eigenschaften sind. Denn
es die meinung gar nicht hat, wie etliche für-
geben, der unterscheid sey nur in den eusser-
lichen dingen, als kleidern, speise und trank etc.,
sondern die trennung und spaltung ist uber dem
heubtartickel des christlichen glaubens, nem-
lich von vergebung der sünden und gerechtig-
keit, die vor Gott gilt 43, da nemlich ein jeder
vermeint, durch die werke seines ordens die-
selbig ehe zu erlangen, denn ein ander in seinem
orden, besonders, wenn der orden viel herter
und schwerer gewesen ist denn der ander orden.
Denn was hette sie sonst der not angangen,
wenn sie gegleubet hetten, sowol in einem leich-
ten als in einem schweren, harten orden selig
zu werden?
Solches alles würde der apostel Paulus viel
herter straffen, denn er die Corinther ihrer tren-
nung halben gestraffet hat und würde sagen:
Ist denn S. Benedict für euch gekreuziget? Oder
seid ihr auf S. Augustins namen getauft worden?
Oder ist S. Augustinus namen viel höher und
besser denn Christus name?
Damit S. Paulus anzeigen wil, das durch diese
namen 44 die heilige taufe geschendet und der
name Jhesu Christi auf das höchste geschmehet
werde, wenn nach der empfangenen taufe, dar-
innen wir alle Christo, dem Herrn, und seiner
gemein eingeleibet und Christen, das ist gesalb-
42 a. R.: Ungleichheit der orden und regeln.
43 a. R.: In den orden ist die seligkeit gesucht
worden.
54 a. R.: Durch der orden namen wird die hei-
lige taufe geschendet.
ten, genennet werden, ein mensch umb des
gottesdienstes und besonderer von andern Chri-
sten abgesonderten regel willen sich anderst
nennen und gleich als von neuem widerumb
taufen lesst, als ob dieselbige regel viel hei-
liger, viel besser, viel köstlicher und Gott an-
genemer sein solte weder die gemeine regel,
darnach alle Christen zu leben, in der heiligen
taufe verbunden, eingekleidet und gekrönet wor-
den sind.
Denn in der heiligen taufe werden die Christen
allzumal eingekleidet 45 in einerley geistlich
kleid, in eine rote kappen, welche heisst und
ist das allerheiligste rosenfarbe blut und ge-
horsam unsers Herrn Jhesu Christi [1. Pet. 1,
18 f.; Rom. 5, 6—11], damit alle unsere sünde
vor dem angesicht des Vaters bedeckt werden,
wie denn S. Paulus klerlich bezeuget, da er
also an die Galater schreibet [Gal. 3, 27]: Wie
viel euer getauft sind, die haben Christum an-
gezogen. Dis ist das einige geistliche kleid,
darin wir Gott allein gefallen, uber welches man
kein ander geistlich kleid anziehen, sondern sich
solcher kleider gebrauchen sol, damit wir uns
nur vor den menschen bedecken. Aber so lieb
uns das geistliche kleid ist, so wir in der taufe
empfangen haben, sollen wir keine leibliche
kleidung 46 also teufen oder nennen lassen, das
die kappen solten geistlich und die andern klei-
der, so andere ehrliche jungfrauen und weiber
tragen, die nicht im kloster leben, weltliche
kleider genennet werden, welches ohne ver-
dunkelung und schmach des namens unsers
Herrn Jhesu Christi und des geistlichen kleides,
so wir durch die taufe empfangen haben, nicht
geschehen kan.
Denn wie können doch solche kleider 47 ohn
aberglauben geistlich genennet werden, wenn
nicht etwas besonders damit gemeint und also
ein heimlich vertrauen darauf gesetzt? Weil sie
45 a. R.: Allgemein ordenkleid aller Christen auf
erden.
46 a. R.: Leibliche kleider sollen nicht geistliche
kleider genennet werden.
47 a. R.: Kappen können on aberglauben nicht
geistliche kleider genennet werden.
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Benedictiner, der fünft ein Augustiner etc. und
dergleichen nennen. Darzu keiner wie der
ander 42 gekleidet, auch nicht einerley regel,
wie die apostel zu Corintho, sondern viel und
mancherley regel haben, da je einer vermeinet,
sein orden sey der strengest und der beste,
darin er gedenket, selig zu werden, und da er
aus diesem orden trette, nicht meinte, das er
könte selig werden, welcher gesetzt ist auf be-
sondere kleidung, besondere speise und trank,
besondere gebet und was denn eines jeden
ordens sonderliche eigenschaften sind. Denn
es die meinung gar nicht hat, wie etliche für-
geben, der unterscheid sey nur in den eusser-
lichen dingen, als kleidern, speise und trank etc.,
sondern die trennung und spaltung ist uber dem
heubtartickel des christlichen glaubens, nem-
lich von vergebung der sünden und gerechtig-
keit, die vor Gott gilt 43, da nemlich ein jeder
vermeint, durch die werke seines ordens die-
selbig ehe zu erlangen, denn ein ander in seinem
orden, besonders, wenn der orden viel herter
und schwerer gewesen ist denn der ander orden.
Denn was hette sie sonst der not angangen,
wenn sie gegleubet hetten, sowol in einem leich-
ten als in einem schweren, harten orden selig
zu werden?
Solches alles würde der apostel Paulus viel
herter straffen, denn er die Corinther ihrer tren-
nung halben gestraffet hat und würde sagen:
Ist denn S. Benedict für euch gekreuziget? Oder
seid ihr auf S. Augustins namen getauft worden?
Oder ist S. Augustinus namen viel höher und
besser denn Christus name?
Damit S. Paulus anzeigen wil, das durch diese
namen 44 die heilige taufe geschendet und der
name Jhesu Christi auf das höchste geschmehet
werde, wenn nach der empfangenen taufe, dar-
innen wir alle Christo, dem Herrn, und seiner
gemein eingeleibet und Christen, das ist gesalb-
42 a. R.: Ungleichheit der orden und regeln.
43 a. R.: In den orden ist die seligkeit gesucht
worden.
54 a. R.: Durch der orden namen wird die hei-
lige taufe geschendet.
ten, genennet werden, ein mensch umb des
gottesdienstes und besonderer von andern Chri-
sten abgesonderten regel willen sich anderst
nennen und gleich als von neuem widerumb
taufen lesst, als ob dieselbige regel viel hei-
liger, viel besser, viel köstlicher und Gott an-
genemer sein solte weder die gemeine regel,
darnach alle Christen zu leben, in der heiligen
taufe verbunden, eingekleidet und gekrönet wor-
den sind.
Denn in der heiligen taufe werden die Christen
allzumal eingekleidet 45 in einerley geistlich
kleid, in eine rote kappen, welche heisst und
ist das allerheiligste rosenfarbe blut und ge-
horsam unsers Herrn Jhesu Christi [1. Pet. 1,
18 f.; Rom. 5, 6—11], damit alle unsere sünde
vor dem angesicht des Vaters bedeckt werden,
wie denn S. Paulus klerlich bezeuget, da er
also an die Galater schreibet [Gal. 3, 27]: Wie
viel euer getauft sind, die haben Christum an-
gezogen. Dis ist das einige geistliche kleid,
darin wir Gott allein gefallen, uber welches man
kein ander geistlich kleid anziehen, sondern sich
solcher kleider gebrauchen sol, damit wir uns
nur vor den menschen bedecken. Aber so lieb
uns das geistliche kleid ist, so wir in der taufe
empfangen haben, sollen wir keine leibliche
kleidung 46 also teufen oder nennen lassen, das
die kappen solten geistlich und die andern klei-
der, so andere ehrliche jungfrauen und weiber
tragen, die nicht im kloster leben, weltliche
kleider genennet werden, welches ohne ver-
dunkelung und schmach des namens unsers
Herrn Jhesu Christi und des geistlichen kleides,
so wir durch die taufe empfangen haben, nicht
geschehen kan.
Denn wie können doch solche kleider 47 ohn
aberglauben geistlich genennet werden, wenn
nicht etwas besonders damit gemeint und also
ein heimlich vertrauen darauf gesetzt? Weil sie
45 a. R.: Allgemein ordenkleid aller Christen auf
erden.
46 a. R.: Leibliche kleider sollen nicht geistliche
kleider genennet werden.
47 a. R.: Kappen können on aberglauben nicht
geistliche kleider genennet werden.
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