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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0366
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dem Rat der Stadt Braunschweig durchsetzen konnte, daß die Güter des Klosters St. Aegidii
der Universität Helmstedt überwiesen wurden.

Die Geistlichkeit von St. Blasien hat innerhalb des Verbandes der städtischen Kirchen bis ins
19. Jahrhundert hinein eine Sonderstellung eingenommen (vgl. H ill e - Kelln e r, S. 113 f.).

Zweifelsohne spielten in der reichen Hansestadt Braunschweig auch die sonstigen geistlichen
Stiftungen des Mittelalters wie Kalande und Brüderschaften eine große Rolle. Eine Unter-
sucliung über ihr Schicksal in der Reformationszeit liegt noch nicht vor und kann auch
hier nicht geboten werden. Nur soviel sei erwähnt: 1532 wurde eine erst zwei Jahre be-
stehende Brüderschaft der Schuhmacher und -knechte aufgehoben, ihr Kapital kam der Er-
richtung eines Krankenhauses zugute (vgl. StadtA. Braunschweig, Urk. d. Rates Nr. 1380).
Das Vermögen des Kalandes St. Gertrudis wurde 1540 der Kirche St.. Ulrici übereignet
vgl. StadtA. Braunschweig, G II 7 [St.Ulrici] Nr. 1, S. 269). In einer durch die gleiche Quelle
(S. 285) überlieferten Urkunde von 1554 wird erwähnt, daß die Güter anderer Brüderschaf-
ten und Kalande zu den Pfarrkirchen ihrer Weichbilder gelegt waren. Ueber den Gertruden-
Kaland finden sich weitere aufschlußreiche Nachrichten im Stadtarchiv Braunschweig (B IV
11 Nr. 141 und 220), ebenso über den großen Kaland zum heiligen Geist, verbunden mit
dem Matthäus-Stift (G II 17 [Kaland St. Matthäi] Nr. 1 und 3, vgl. hierzu auch J. J.
Gebhardi, Der mit dem Matthäus-Stift verbundene große Caland zum heiligen Geist.
Braunschweig 1739).

Auch über die Stadtgrenzen hinaus versuchte Braunschweig kirchlich seinen Einfluß gel-
tend zu machen. In den städtischen Pfahldörfern Rüningen, Lehndorf. Oelper, Riihme, wie
auch in den im Pfandbesitz der Stadt befindlichen Aemtern Asseburg, Eich und Vechelde
leistete der Rat der Einführung der Reformation trotz energisclier Einsprüche des durch
den Kaiser unterstützten Landesherrn tatkräftige Hilfe (vgl. HassebraukLS. 27 f. Ueber
den Streit mit dem Landesherrn um das seit 1436 der Stadt verpfändete, aber an das
Kloster St. Aegidii weiterverpfändete Dorf A'mpleben vgl. Hassebrauk II, S. 22 f.).
1539 bereits hatte die Stadt bei dem schmalkaldischen Bunde die Unterstützung erwirkt,
die evangelische Lehre in diese städtischen Außengebiete einzuführen (vgl. H as s eb r auk I,
S. 30). Da die Stadt durch den Vertrag mit Herzog Heinrich d. J. vom Jahre 1553 vor-
läufig im Besitz der Aegidischen Güter, also auch des Dorfes Ampleben blieb, behielt sie
demzufolge auch die Pfarrstellenbesetzung in der Hand. 1556 wurde dort vom Rat ein
Pfarrer eingesetzt.

Durch die Verkoppelung der Predigerstelle am Kloster St. Crucis mit der Pfarrstelle zu
Lehndorf seit 1552 hatte der Rat hier die einfachste Lösung gefunden, die lutherische Lehre
durchzusetzen (vgl. Tunica, S. 316). Der Streit um die Besetzung der Pfarre in dem
Pfahldorf Rüningen hatte zur Folge, daß die Pfarre seit 1588 für Jahrhunderte nicht wie-
der besetzt wurde (vgl. StadtA. Braunschweig, B III. 11, Bd. 25; Hassebrauk II, S. 76;
Beste, Alb um, S. 92 ff.). Das Pfahldorf Rühme war stets eng mit der Kirche St. Magni
verbunden (vgl. Brutzer, S. 30 und 56 f.).

Zu Ende des Jahrhunderts hatte der Rat das gesamte Rechnungswesen der Geistlichen in
seinern Landgebiet in der Hand, ohne die herzoglichen Rechte daran zu berücksichtigen (vgl.
B r aun s chw. H ist. II än del II, S. 95 //.; Rehtmejer, Chronica, S. 1115; H as s e -
brauk III, S. 80). Zu gleicher Zeit (1597) verwahrte sich der Rat dagegen, daß der Herzog
seine Verfügungen (auch harmlose Anordnung zur Abhaltung von Dankgeheten) unmittelbar
an die Pfarrer des stadtbraunschweigischen Landgebietes richtete. Jeglicher Schriftverkehr
mit diesen Geistlichen sollte iiber den Rat gehen (vgl. StadtA. Braunschweig, B II 15 Bd.13).

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