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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0369
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Kirchenordnung 1528

entberen. Ceremonien möt me hebben, worumme
schaffet me denne nicht cerimonien, de sick
mit Gades wörde unde deme christenenloven
wol mögen vordragen unde nutte syn?

Id is eine olde gude gewonheit, dat me de
schölkyndere hefft in velen steden geövet in der
kerken mit psalmensingende unde dat se mosten
lectien lesen. Dat holt disse ordeninge ock unde
schal noch beter, wil Got, werden, dat se ock
in der scholen scholen vorstän leren, wat se
singen unde lesen. Dat overs die leyen ock to
tiden düdesch Got unsen leven Vader unde unsen
Herrn Jhesum Christum mit psalmen unde ande-
ren sengen uth der hilgen scrift ane gelt unde
ane brandmalige conscientie laven unde bidden,
dat schal me christenenluden to gude holden
unde gunnen, moten se doch wol den anderen
gunnen, dat se dat evangelion Christi so gruwe-
lik schelden unde vorlesteren umme öres Prustra
colunt willen.

Dewile overs disse oeremonien by den con-
scientien fry werden geholden unde neyne myn-
schenlere wert darneven geleret, gelick alse
dat me id also moste holden, so wert sick fri-
lick neyn Christene wehren, wen eyn gemeyne
concilium in diideschen landen to frede unde
christliker eynicheit in sulken fryen unde mit
deme loven rimenden edder overeynstemmen-
den ceremonien eyne andere wise bestemende,
alse wen id dorch ein concilium wurde aller-
wegen angenamen, dat me Te Deum des avendes
scholde singen unde dat Magnificat des mor-
gens 6, dat ’Kyrieeleyson nicht vohr in der mis-
sen, sonder na der missen 7, edder de epistole
na deme evangelio, in welken dingen wy holden
de olde wise unde laten alleyne vallen, wat
unchristlik edder unnutte unde to vele is. Edder
wurde wat anders angenamen, der hilgen scrift
unde deme christliken loven unde der conscien-
tien fryheit unschedelick, so wille wy unde alle,
de uns hören, gerne mit alleme vlite sulke ey-

6 Nach dem Brev. Rom. gehört das „Te Deum”
an Sonn- und Feiertagen zum Früh-, das
Magnificat zum Vesperofficium, vgl. z. B. oben
S. 142 und Anm. 95 u. 98.

nicheit helpen annemen. Wen sulks were ge-
schehn over etlike jare, so bedarfte me unser
ordenmge nicht darto. Id is suslange hehr wol
begeret, doch vorgeves. Wente dewile dat me
merket, dat ein christlik fri concilium nicht
wolde denen vor etlike gotlose köppe, so let
me id darto nicht kamen.

Dat rede ick alleine van sulken fryen cere-
monien unde dingen, de me mach sons edder
so na der tidt den lüden denstlik maken unde
ordeneren. Overs dat me wil harren up eyn con-
cilium, darinne beslaten werde, wo me prediken
schal unde de sacramente Christi brüken unde
wat eyn christlik levent sy, dat is vorgeves.
Wente id is al beslaten van ewicheit imme
concilio der hilgen drevaldicheit unde dorch Jhe-
sum Christum sulvest in disser werlt uthge-
spraken unde dorch syner apostolen stemme
unde scrifte der ganzen werlt apenwar gemaket,
wo me schal dat evangelion Christi den armen
siinderen predigen mide phariseyesche hüchelye
edder hillicheit vordömen 8, unde wo me schal
mit watere döpen unde sick döpen laten, dat
sacramente des lives unde bludes Christi geven
unde nemen.

Baven unde wedder sulk eyn concilium der
hilgen drevaldicheit unde bevelh Christi unde
lere der uthgesanden apostolen Christi, welke
wy noch bescreven hebben imme nyen testa-
mente, scholen neyne hilge edder unhilge lüde,
ock neyne düvele, ja ock neyne engele, alse
Paulus secht Gala. 1 [8 f.], wat anders vororde-
nen; id is van Gade also vorordenent; weme id
nicht behaget, de mach bliven ein gotlose un-
christene. Sulken bescheid geve ick van dieser
ordeninge, dar ick nach myner beropinge hebbe
rädt most tho geven.

Dat overs dat böck so gröt is geworden,
maket dat, dat ick alwege orsake geve der
stucken, de vorordenet werden, unde hebbe dar-
mank gescreven mit velen wörden etlike stucken

7 Vgl. das Kyrie in der Vormesse, Ordo Missae;
Röm. Meßbuch, S. 458 f.

8 = verdammen.

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