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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0482
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Braunschweig

dern daß da alle bleiben und wehren gemeine
sachen totius colloquii, auf daß in allen pfarren
so viel mugelich conformitas gehalten wurde,
daß nicht in einer oder anderen pfarren etwas
ohne gemeine deß colloquii rath und bedenken
etwaß abgethan, geendt und verneuwerd wurde,
sonder da etwa ein casus, der bedenklich were,
furfiele, daß solliches dem superintendenten und
darnach dem colloquio angezeiget wurde. Wie
dan daß colloquium ordinarie alle vierzehen tage
gehalten wird, daß da eingebracht und berath-
slaget werde, waß in der ganzen kirchen irrig,
sorglich und bedenklich vorfallet. Derhalben
muste daß colloquium, wie bißhero geschen, stets
gehalten werden, da einer libere sine acerbitate
proponiren und seine sententiam sagen muge,
wie ehr vermeinet, daß der kirchen nutzlich und
dienstlich sey. Jedoch daß einer den andern hore
und do ehr bessern grund vernimpt, sich mit
den andern fratribus vergleiche.

Und muste niemand gestadet werden, von den
publicis deliberationibus sich abzusondern, auch
nicht nebencolloquia zu halten, oder den con-
sensum colloquii zu trennen und zu turbiren,
sondern daß bleibe und gehalten werde inter
fratres coniunctio sententiarum consiliorum, und
wo dem artikel etwaß entjegen gehandelt wurde,
daß man nach notturft darumb zu reden hette.
Ich fur meine persone were genzlich bedacht, die
communicationem consiliorum zu halten, daß
wihr also fur einen man stehen, einer dem an-
dern die hand bieten muchte, das colloquium den
superintendenten nicht allein stecken laße und
widerumb der superintendens bei und uber dem
colloquio treulich halte.

3.] Daß unter den personen des colloquii bru-
derliche enigkeit und freundschaft nich alleine
zu sachen, daß ministerium belangende, son-
dern auch in communi vita et conversione ge-
halten wurde, einen den andern ehren, lieben
und fordern, sonderlich aber die juniores die se-

11 Der Prediger an der Brüdernkirche Mag. Joh.
Becker war 1566 aus der Stadt gewiesen wor-
den, weil er zu den Majoristen und zu den
Calvinisten neigte und auch seinen Schwie-

niores veneriren. Keine uneinigkeit oder verbit-
terung muste gestadet werden, auch nicht daß
einer den andern verkleinern oder ubels nachre-
den solte. Sondern, do des etwas vorfiele oder
da einer ahm andern weß mangel vermeinte zu
haben, daß solliches im colloquio beigelegt
wurde, wie den bißher gehalten, daß man in
sollichem falle die personen sine reconciliatione
au_ß dem colloquio nicht hat gehen laßen. Fur-
nemlich aber daß niemand gestadet wurde, eine
sonderung, trennung oder rotterei im colloquio
anzufahen, zu suchen und zu machen, wie fur
der zeit M. Becker 11 sich wol unterstanden, son-
dern daß das colloquium ein corpus sei und
bleibe.

4. ] Weil mein ampt erfordern wolle, do ich
ahn einer oder mehr personen mangel vernehme
und besorgt hette, belangende daß ampt und le-
ben, daß ich darumb reden muste, es gesche
nhun nach gelegenheit und gestalt der sachen
privatim oder coram universo colloquio, ge-
linde oder mit geburlichen ernste, daß die hern
fratres solliches nicht wolten aufnemen tam-
quam contumeliam non ferendam, daruber zur-
nen und distractiones suchen, sonder, waß er-
gerlich, abschaffen und alles in besserung rich-
ten.

Da aber jemand sich bedunken wurde laßen,
es geschehe ihm in dem zur unbilligkeit zuviel,
kunte ich wol leiden, wie billig, daß mir auf er-
kentnis deß colloquii eingesaget wurde, wie mir
daß auch nicht entjegen were, da die fratres an
meiner person ampts halben mangel und feil be-
funden, daß solliches mit mir geredet wurde.
Den also wurden wihr durch Gottes gnade die
kirchen recht bauwen, wen wihr in imserm col-
loquio nicht alleine von ander leute mangel re-
den, sondern auch unter unß selbst, waß zur
besserung notig wurde sein, inquiriren wurden.

5. ] Daß man mich hochhalten solte, begere ich
nicht, alleine daß gleichwoll daß ampt nicht

gersohn in das calvinistische Lager nach Bre-
men hatte ziehen lassen, vgl. Ph. J. Reht-
meyer III, S. 257 ff.; H. Hachfeld, a. a. O. S. 19;
RE 3 13, S. 243; J. Beste, Album, S. 72.

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