Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0543
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Instruktion für die Prediger 1529

sie mit vormugen und kraft gotligs worts nicht
untyrbauet noch vorfugt ist, sollen die prediger
dem lesen der heyliger schrift und denen, die sie
reyn und ohn menschenzusaz handlen, hogsten
fleisses obligen, auch nicht alles ohn undir-
scheith untir denn haufen pludern U, dan nach
gelegenheit der zeit muss man der swachen vor-
schonen, der unwissenden, wie unwillig sie seyn,
sovern sie das wort horen und andere nicht vor-
ursachen, das wort zu vorachten, sunder auf
eyne ordenung und gewisses stellen. Erstlich ih-
nen selbs, das sie andern fhurhalten und sie be-
reden werden, vor allen dingen ohn untirlass
den Hern anruffen, diessen gescheften mit Got
gepurlich vorzustehen durch Jessum Crist, un-
sern Hem.

Und wiewoll alle zuhorer ihnen stetiglig zu er-
manen sein, sollen doch die, so noch in mensch-
liger gerechticheit arbeiten, allermeist angehal-
ten werden, Gottes liecht zu bitten, dan Got als-
dann gewisslicken bey seynem evangelio sein
wirdet, zu seyner zeit die frucht zu geben. Sunst
mussen doch die Cristen von bitten nummer
aufhorn; diesses sey nun kurzlich, wie sie sollen
lehren, folgt eyn kurzer begreif, was sie leren
sollen.

Rechtschaffen erkantnus der sund.

Demnach die erbauung cristligs glaubens im
predigen auf zwey ding gericht ist, nemlich auf
pusse und vorgebung der sunt, als Cristus Luce
am lesten [46 f.] spricht: Also muste Cristus ley-
den etc. und predigen lassen in synem namen
busse und vorgebung der sunt undir allen fol-
keren, sollen die prediger dran sein, das die zu-
horer erkennen, das sie warhaftiglich vordamt
seyn, nicht allein umb die groben eusserlichen
sunt, welche wollt Gott von ihnen also gemiden
word, als sie die leichtfertigs urtheils vordam-
men, sondern auch zum allermeisten der ursa-
chen, das sie der innerligen des herzen gerechti-

soll lehrhaftig sein [1. Tim 3, 2]. Sollen drumb
nicht ubir eyne stundt predigen, vorhandlen
ichtwas gewisses und setzen aus der schrifft,
das anzweiffentlich den Zuhoreren nutze; ligt

cheit manglen und Got nicht preisen, Ro. 3 [23],
welche des herzen gerechtigkeit und er Gotts
das gesezs woll foddert, gibt sie doch nit; dies-
ses ist die predig des gesezs, das ist eyn fleissig
ausslegung und offenbar handlung der zehen ge-
botth, jhe kurzer und gewisser, je nuzer; viel
worth füllen denn sack nicht. Ein ausslegung,
die klar und gemeinem man vorstendlich ist, die
bauet und bessert. Solch predig des gesezs fod-
dert kreftiglich zur busse.

Keyn hoffnung in uns.

Ob nun durchs gesezs die sunde woll erkant
werden, sein doch darmit nicht hinweggehno-
men. Sollen drumb die prediger ihre zuhorer 1er-
nen, das sie durch ihre krefte, das ist, alle
mynschlige ihre vormugen von ubirtrettung des
gotlichen gesezs, darmit alle wir Gotte vorhaft
sein, nicht mugen erlediget werden, widder
durch ihre gnugthun odir werke, wedder durch
creature, sein heymlisch odir yrdisch. Sintemal
wir sein gefallen in Gots gericht und des gesezs
urtheil, welchs Cristus mit diessen worten ap-
spricht [Luk 10, 28]: Thue das, so wirstu leben,
ob er sprechen sollth: Thustu das nicht, so wir-
stu nicht leben. Niemants abir hats gethan noch
wirt es thun, so du syhest, wie grosse reynig-
keith des herzen das gesezs erfoddert, darher
wir auch ingefallen sein durch ubirtrettung des
gesezs, das ist, durch die sunde (dan wer wirt
sich eyns reynen herzen rumen), gefallen seyn
wir, sprech ich, in des teufels gewalth, wel-
chen Cristus nennet eynen fursten diesser welt
[Joh 12, 31; 14, 30; 16, 11]. Abir zum wech-
nemen des erschreckenlinge gerichth des hog-
sten richters, durchs welchs uns das ubirtretten
gesezt vordammeth, zu entfliehen der gewalth
so mechtigs feinds, des teufels, was seyn wir
fleisch und bluth, mit was kreften, werken, ge-
rechtigkeiten, ja auch engelschen creaturen mo-
gen wir wedderstehen. Unser heuchley mag sich

nichts drhan, ob sie das, so der vorgenomen

schrifft Inhalt erfoddert, eins mahls ...

^c = plaudern.

65*

523
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften