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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band = Niedersachsen, 1. Hälfte, 1. Halbband): Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.30040#0697
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Kirchenordnung 1575

wharen und lebendigen glauben, den man in-
wendig in dem herzen hat, bezeugen, wie der
Herr spricht Matt. 5 [16]: Lasset euer leicht
also leuchten vor den leuten, auf das sie eure
gute werke sehen und euren Vatter in dem
himmel preisen.

Darumb wo gemelte drey kennezeichen nicht
vorhanden seind, oder eins von denselben man-
gelt, da kan gewislich keine rechte, wahre, hei-
liche christliche kirche sein, sondern wie sehr
es auch gleizet und wie heriich es vor den leuten
scheinet, so ists doch in der warheit nichts dan
eitel heidensch wesen und lauter hucheleye, wie
ahn den phariseern und papisten etc. augen-
scheinlich zu sehende ist. Dan wo man das reine
wort Gottes nicht hat oder höret, da kan nim-
mer keine rechte und wahre erkentnus Gottes
sein, sondern ist eitel unwissenheit und finster-
nus, wie Esaiae 8 [20] geschrieben stehet: Nach
dem gesetze und gezeugnusse, werden sie das
nicht sagen, so werden sie die morgenröte nicht
haben, item Matth. 16. cap. [17]: Fleisch und
blutt hat dir das nicht geoffenbaret, sondern
mein Vatter in dem himmel.

Wo man die heiligen und hochwirdigen sacra-
menta nicht gebrauchet, da kan man keine ge-
meinschaft mit Christo haben, auch seiner gueter
und wolthaten nicht teilhaftig werden. Und wo
der christlich gehorsam nicht ist, da kan keiner
Gottes kind sein, wie der heilige apostel Jo-
hannes in seiner ersten epistel ahn dem dritten
capittel [7—9] sagt: Kindlein, lasset euch nie-
mand vorfuhren, wehr recht thuet, der ist ge-
recht, gleich wie ehr gerecht ist. Wer sunde
thutt, der ist von dem teufel, dan der teufel
sundiget von anfang. Dazu ist erschienen der
Sohn Gottes, das ehr die werke des teufels auf-
löse. Wehr aus Godt geboren ist, der thuet nicht
sunde, dan sein sahme bleibet bey ihme, und
kan nicht sundigen, dan ehr ist von Godt ge-
boren. Darahn erkennet man, welche die kinder
Gottes und die kinder des teufels seind. Wehr
nicht recht thuet, der ist nicht von Godt.

Das wir derwegen nun eine rechte und whare
erkentnus des gnedigen und gueten willen Got-
tes haben, uns von grund unsers herzen auf seine
grosse barmherzigkeit veste vorlassen mugen,
alls gutes zu ihme vorsehen konnen und unsern
glauben mit einem christlichen wandel vor der
ganzen welt, soviel muglich ist, bescheinen und
also ein gewisser unterscheid zwisschen uns und
den ungleubigen gespuret werde, so seind die
obermelte drey kennezeichen allen Christen
jederzeit vonnöten.

Und wie nun der almechtige Godt will, das
seine heilige christliche kirche uff erden von
allen andern volkern unterscheiden werden soll,
und zu der notturft auch solche gewisse kenne-
zeichen gnediglichst vorordnet hat, dabey sie
von ihnen erkant und unterscheiden werden
kan, so will ehr auch nicht alleine, das die sei-
nen der ungleubigen gesellschaft mit hochstem
vleisse vormeiden und sich von ihrer gemein-
schaft genzlich enthalten sollen, wie in der 1.
zun Gorinth. ahm 10. cap. [14] geschrieben ste-
het: Darumb, meine liebesten, fliehet von dem
gotzendienste, 1. Cor. 10 [21]: Ihr kunt nicht zu-
gLeich trinken des Hern kelch und der teufel
kelch, ihr kunt nicht zugleich theilhaftig sein
des Hern tisches und des teufels tissches, und
Ephe. 5. cap. [11]: Habt keine gemeinschaft mit
den werken der finsternus, straffet sie aber
vielmehr, sondern das sie auch vleissig auf-
sehen haben sollen, das unter ihnen nicht
falsche Christen und heuchler heufig ein-
schleichen, welche die gemeine ergeren und den
widersachern das evangelion zu lesteren, auch
sunst zu allgemeinen straffen und beschwerungen
ursach geben, daraus dan erfolget, das man die-
jennen, die falscher lehre beyfall geben, dieselbige
vortedigen oder aussprengen, 2. die da selten
oder nimmer zum hochwirdigen und heiligen sa-
crament gehen oder vorechtlich davon reden,
3. welche ein ergerliches leben fuhren, in offent-
lichen sunden stecken und vorharren, keines-
weges vor rechte oder whare Christen halten,

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