Bernhard Zimmermann
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Forschung und Lehre bis heute geblieben ist, und er brachte mir bei, daß man Lite-
ratur als Wissenschaftler nie ohne theoretische Fragestellung behandeln, man aber das
„Klappern mit dem Handwerkszeug“ — diese Formulierung blieb mir im Kopf —
vermeiden sollte. Entscheidende Weichenstellungen für meinen weiteren wissen-
schaftlichen Weg verdanke ich Eric W Handley, der mir 1981 während meines
Aufenthalts am Institute of Classical Studies in London die Welt der Papyrologie
eröffnete, und Kenneth J. Dover, der mich am Corpus Christi College (Oxford) in
die Kunst der Editionstechnik und des wissenschaftlichen Kommentars einführte,
und Jahre später während meiner kurzen Zeit als Assistenzprofessor in Zürich von
1990—1992 Walter Burkert, von dem ich in vielen Gesprächen nach gemeinsamen
Mittagessen — jeweils am Freitag — lernte, wie man fruchtbar religionswissenschaft-
liche mit philologischen, literaturwissenschaftlichen Fragestellungen verbinden kann.
All diese Gelehrten vermittelten mir aus ihren unterschiedlichen Ansätzen das Bild
einer für Fragestellungen und Methoden anderer geisteswissenschaftlicher Diszipli-
nen offenen Gräzistik, die allerdings bei aller Offenheit und „Anschlußfähigkeit“ den
Boden des philologischen Handwerks - der Textkritik, der Editionstechnik, der
Hilfswissenschaften — nie unter den Füßen verlieren sollte.
Meine Qualifikationsarbeiten - die Dissertation zu den Formen und zur
Metrik der Komödien des Aristophanes (drei Bände, erschienen 1985—1987), und
die Habilitationsschrift über die dionysische Gattung Dithyrambos (1992 erschie-
nen) — verdanken den genannten Gelehrten mehr, als vielleicht auf den ersten Blick
sichtbar ist. Dies gilt vor allem schon für mein Dissertationsthema: Eigentlich woll-
te ich im Anschluß an meine Magisterarbeit eine Studie über Gegenwelten, wie ich
heute sagen würde — damals dachte ich, ganz im Zeitgeist verhaftet, an Utopien — in
der griechischen Komödie des 5. Jahrhunderts v. Chr. schreiben. Mein Lehrer Hans-
Joachim Newiger drängte mich jedoch mit der ihm eigenen Bestimmtheit, die kei-
nen Widerspruch zuließ, dazu, etwas „Vernünftiges“ zu machen, das man nicht nur
so lange lese, wie die Fragestellung im Trend der Forschung liege, sondern das man
immer wieder zur Hand nehmen müsse, wenn man sich mit Aristophanes oder über-
haupt mit der griechischen Verskunst beschäftige. Etwas widerwillig angesichts der
trockenen Materie der aristophanischen Metrik folgte ich seinem Rat und habe es
bis heute nicht bereut, zumal mir die metrischen Studien die Tür zur italienischen
Philologie öffneten und bis heute bestehende gute wissenschaftliche und freund-
schaftliche Kontakte zu italienischen Universitäten verschafften.
Bereits in Zürich, dann durch einen ständigen Lehrauftrag in Basel und vor
allem nach meiner Berufung auf einen Lehrstuhl für Klassische Philologie an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, den ich von 1992—1997 innehatte, zwar
mit dem Schwerpunkt Gräzistik, aber ohne namhafte Zahlen von Studierenden der
griechischen Literatur, wandte ich mich, teils aufgrund der Umstände, vor allem
jedoch aus Forschungsinteresse, mehr der lateinischen Literatur zu, zunächst in der
Lehre, dann verstärkt auch in der Forschung. Obwohl ich aus der Konstanzer Schule
stamme, in der die Einheit der Gräzistik und Latinistik im Rahmen der Klassischen
Philologie zu Gunsten einer Integration der beiden Fächer in die Literaturwissen-
schaft aufgegeben wurde, haben mir die Wanderjahre mit den Stationen Zürich,
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Forschung und Lehre bis heute geblieben ist, und er brachte mir bei, daß man Lite-
ratur als Wissenschaftler nie ohne theoretische Fragestellung behandeln, man aber das
„Klappern mit dem Handwerkszeug“ — diese Formulierung blieb mir im Kopf —
vermeiden sollte. Entscheidende Weichenstellungen für meinen weiteren wissen-
schaftlichen Weg verdanke ich Eric W Handley, der mir 1981 während meines
Aufenthalts am Institute of Classical Studies in London die Welt der Papyrologie
eröffnete, und Kenneth J. Dover, der mich am Corpus Christi College (Oxford) in
die Kunst der Editionstechnik und des wissenschaftlichen Kommentars einführte,
und Jahre später während meiner kurzen Zeit als Assistenzprofessor in Zürich von
1990—1992 Walter Burkert, von dem ich in vielen Gesprächen nach gemeinsamen
Mittagessen — jeweils am Freitag — lernte, wie man fruchtbar religionswissenschaft-
liche mit philologischen, literaturwissenschaftlichen Fragestellungen verbinden kann.
All diese Gelehrten vermittelten mir aus ihren unterschiedlichen Ansätzen das Bild
einer für Fragestellungen und Methoden anderer geisteswissenschaftlicher Diszipli-
nen offenen Gräzistik, die allerdings bei aller Offenheit und „Anschlußfähigkeit“ den
Boden des philologischen Handwerks - der Textkritik, der Editionstechnik, der
Hilfswissenschaften — nie unter den Füßen verlieren sollte.
Meine Qualifikationsarbeiten - die Dissertation zu den Formen und zur
Metrik der Komödien des Aristophanes (drei Bände, erschienen 1985—1987), und
die Habilitationsschrift über die dionysische Gattung Dithyrambos (1992 erschie-
nen) — verdanken den genannten Gelehrten mehr, als vielleicht auf den ersten Blick
sichtbar ist. Dies gilt vor allem schon für mein Dissertationsthema: Eigentlich woll-
te ich im Anschluß an meine Magisterarbeit eine Studie über Gegenwelten, wie ich
heute sagen würde — damals dachte ich, ganz im Zeitgeist verhaftet, an Utopien — in
der griechischen Komödie des 5. Jahrhunderts v. Chr. schreiben. Mein Lehrer Hans-
Joachim Newiger drängte mich jedoch mit der ihm eigenen Bestimmtheit, die kei-
nen Widerspruch zuließ, dazu, etwas „Vernünftiges“ zu machen, das man nicht nur
so lange lese, wie die Fragestellung im Trend der Forschung liege, sondern das man
immer wieder zur Hand nehmen müsse, wenn man sich mit Aristophanes oder über-
haupt mit der griechischen Verskunst beschäftige. Etwas widerwillig angesichts der
trockenen Materie der aristophanischen Metrik folgte ich seinem Rat und habe es
bis heute nicht bereut, zumal mir die metrischen Studien die Tür zur italienischen
Philologie öffneten und bis heute bestehende gute wissenschaftliche und freund-
schaftliche Kontakte zu italienischen Universitäten verschafften.
Bereits in Zürich, dann durch einen ständigen Lehrauftrag in Basel und vor
allem nach meiner Berufung auf einen Lehrstuhl für Klassische Philologie an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, den ich von 1992—1997 innehatte, zwar
mit dem Schwerpunkt Gräzistik, aber ohne namhafte Zahlen von Studierenden der
griechischen Literatur, wandte ich mich, teils aufgrund der Umstände, vor allem
jedoch aus Forschungsinteresse, mehr der lateinischen Literatur zu, zunächst in der
Lehre, dann verstärkt auch in der Forschung. Obwohl ich aus der Konstanzer Schule
stamme, in der die Einheit der Gräzistik und Latinistik im Rahmen der Klassischen
Philologie zu Gunsten einer Integration der beiden Fächer in die Literaturwissen-
schaft aufgegeben wurde, haben mir die Wanderjahre mit den Stationen Zürich,