Das WIN-Kolleg
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rische Bestandsaufnahme soll es erlauben, einzuschätzen, welche Formen von Soli-
darität und solidaritätsorientierter Politikkoordination unter welchen Bedingungen
praktikabel sind. Diese Bedingungen sollen auf der Ebene einzelstaatlicher Institu-
tionen, des internationalen Umfelds und des politisch-ideologischen Klimas unter-
sucht werden.
Aus primär rechtswissenschaftlicher Sicht soll der Begriff des der Solidarität
verpflichteten Europas in seinem verfassungsrechtlichen Inhalt sowohl im Grundge-
setz als auch im EU-Verfassungsentwurf erfasst werden.
Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Überlegung, dass die Europäische
Union sich durch den gemeinsamen Nutzen aller legitimiert. Ein gemeinsamer Nut-
zen ist aber nicht vorstellbar ohne Solidarität, ohne eine Verteilung von Ressourcen
an die einzelnen, die Gemeinschaft tragenden Staaten und damit die Staatsvölker.
Diese Verteilung ist aber nicht aus sich heraus legitim, sondern bedarf einer Verstän-
digung darüber, was und wieviel von jedem den anderen gegeben wird.
Der Ausgangspunkt ist dabei die Idee der Völkersouveränität. Die Staatsvölker
entscheiden darüber, ob und in welcher Form sie solidarisch mit anderen Völkern
sein wollen. Die Grundentscheidungen, die politische Organisation des Gemein-
wesens und seine Grundwerte sind in der nationalen Verfassung enthalten. Dies
bedeutet, dass die nationale Verfassung als erstes darüber entscheidet, welche Form
der Solidarität mit anderenVölkern geübt werden soll. Es ist also zunächst der natio-
nale Verfassungstext zu befragen. Dies soll exemplarisch am GG durchgeführt wer-
den.
Dabei wird es zunächst um die Frage gehen, was das Sozialstaatsprinzip in
Abgrenzung zum Begriff „soziales Europa“ fordert. Ist die Europäische Union eine
Solidargemeinschaft, die durch soziale Umverteilung einen Ausgleich der individu-
ellen Risiken bezweckt, also eine individuelle Solidarität fordert, oder ist das soziale
Europa ein Europa der Solidarität zwischen den Völkern? Im ersten Fall wäre die
Gemeinschaft legitimiert, Instrumente der klassischen sozialen Sicherheit zu ent-
wickeln, also eine Europäische Gesundheitspolitik, Rentenpolitik oder Beschäfti-
gungspolitik. Die übertragenen Hoheitsrechte sprechen hier allerdings eher dagegen.
Die wohlfahrtsstaatlichen Politiken sind weitgehend in den Mitgliedsstaaten verblie-
ben. Das soziale Europa kann also nicht mit dem Sozialstaat gleichgesetzt werden.
Dies bestätigt sich auch, wenn man die Legitimation der Gemeinschaft durch
die Staatsvölker im Sinne der von uns beschriebenen Völkersouveränität heranzieht.
Für eine sozialstaatliche Verantwortung fehlt der Gemeinschaft die Staatlichkeit. Es
ist also herauszuarbeiten, dass der Sozialstaat eine individuelle Solidarität der Staats-
bürger fordern kann. Die Gemeinschaft der Staatsbürger im Sozialstaat hat eine soli-
darische Verantwortung, den einzelnen die Grundlagen der Existenz zu sichern.
Diese Idee der gemeinschaftlichen Verantwortung für das Überleben des einzelnen
Gliedes der Gemeinschaft ist auch auf die Staatsbürger beschränkbar. So fordert der
EGV grundsätzlich nicht, dass Sozialhilfeleistungen in den Mitgliedstaaten auch für
EU-Bürger gewährt werden. Auch können dem Sozialstaatsprinzip ggf. auch weite-
re Postulate abgeleitet werden, wie das der Chancengleichheit und der prinzipiellen
Gleichheit der Lebensverhältnisse.
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rische Bestandsaufnahme soll es erlauben, einzuschätzen, welche Formen von Soli-
darität und solidaritätsorientierter Politikkoordination unter welchen Bedingungen
praktikabel sind. Diese Bedingungen sollen auf der Ebene einzelstaatlicher Institu-
tionen, des internationalen Umfelds und des politisch-ideologischen Klimas unter-
sucht werden.
Aus primär rechtswissenschaftlicher Sicht soll der Begriff des der Solidarität
verpflichteten Europas in seinem verfassungsrechtlichen Inhalt sowohl im Grundge-
setz als auch im EU-Verfassungsentwurf erfasst werden.
Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Überlegung, dass die Europäische
Union sich durch den gemeinsamen Nutzen aller legitimiert. Ein gemeinsamer Nut-
zen ist aber nicht vorstellbar ohne Solidarität, ohne eine Verteilung von Ressourcen
an die einzelnen, die Gemeinschaft tragenden Staaten und damit die Staatsvölker.
Diese Verteilung ist aber nicht aus sich heraus legitim, sondern bedarf einer Verstän-
digung darüber, was und wieviel von jedem den anderen gegeben wird.
Der Ausgangspunkt ist dabei die Idee der Völkersouveränität. Die Staatsvölker
entscheiden darüber, ob und in welcher Form sie solidarisch mit anderen Völkern
sein wollen. Die Grundentscheidungen, die politische Organisation des Gemein-
wesens und seine Grundwerte sind in der nationalen Verfassung enthalten. Dies
bedeutet, dass die nationale Verfassung als erstes darüber entscheidet, welche Form
der Solidarität mit anderenVölkern geübt werden soll. Es ist also zunächst der natio-
nale Verfassungstext zu befragen. Dies soll exemplarisch am GG durchgeführt wer-
den.
Dabei wird es zunächst um die Frage gehen, was das Sozialstaatsprinzip in
Abgrenzung zum Begriff „soziales Europa“ fordert. Ist die Europäische Union eine
Solidargemeinschaft, die durch soziale Umverteilung einen Ausgleich der individu-
ellen Risiken bezweckt, also eine individuelle Solidarität fordert, oder ist das soziale
Europa ein Europa der Solidarität zwischen den Völkern? Im ersten Fall wäre die
Gemeinschaft legitimiert, Instrumente der klassischen sozialen Sicherheit zu ent-
wickeln, also eine Europäische Gesundheitspolitik, Rentenpolitik oder Beschäfti-
gungspolitik. Die übertragenen Hoheitsrechte sprechen hier allerdings eher dagegen.
Die wohlfahrtsstaatlichen Politiken sind weitgehend in den Mitgliedsstaaten verblie-
ben. Das soziale Europa kann also nicht mit dem Sozialstaat gleichgesetzt werden.
Dies bestätigt sich auch, wenn man die Legitimation der Gemeinschaft durch
die Staatsvölker im Sinne der von uns beschriebenen Völkersouveränität heranzieht.
Für eine sozialstaatliche Verantwortung fehlt der Gemeinschaft die Staatlichkeit. Es
ist also herauszuarbeiten, dass der Sozialstaat eine individuelle Solidarität der Staats-
bürger fordern kann. Die Gemeinschaft der Staatsbürger im Sozialstaat hat eine soli-
darische Verantwortung, den einzelnen die Grundlagen der Existenz zu sichern.
Diese Idee der gemeinschaftlichen Verantwortung für das Überleben des einzelnen
Gliedes der Gemeinschaft ist auch auf die Staatsbürger beschränkbar. So fordert der
EGV grundsätzlich nicht, dass Sozialhilfeleistungen in den Mitgliedstaaten auch für
EU-Bürger gewährt werden. Auch können dem Sozialstaatsprinzip ggf. auch weite-
re Postulate abgeleitet werden, wie das der Chancengleichheit und der prinzipiellen
Gleichheit der Lebensverhältnisse.