I. Jahresfeier am 24. Juni 2023
Ich muss vermutlich nicht eigens festhalten, meine sehr verehrten Damen
und Herren, dass dieser Kultuiwandel weder einfach zu skizzieren noch leicht zu
bewerten ist; ich halte für heute Vormittag vielmehr ebenso knapp wie salomo-
nisch fest, dass der Kulturwandel so ambivalent ist wie viele gegenwärtige Verän-
derungen und gestaltet werden will. Man müsste ihn auch eigentlich noch präzise
von den Verhältnissen in anderen Ländern abgrenzen, denn viele Details des Kul-
turwandels verdanken sich natürlich der immer stärkeren Internationalisierung
der deutschen Wissenschaftslandschaft - oder vorsichtiger: unserer Art, Elemente
ausländischer Systeme zu rezipieren. Mich interessiert, nachdem ich meine Beob-
achtungen durch Anspielung auf die Kolleginnen und Kollegen Sachse, Schauz,
Schüttpelz und Strohschneider, wie angekündigt, wenigstens kurz vertieft habe,
nun noch, was diese Beobachtung für die Gemeinschaft der Akademien und je-
de einzelne Akademie in der Gemeinschaft bedeutet, wobei leider die Zeit fehlt,
zum Vergleich beispielsweise auf die Max-Planck-Gesellschaft oder die Leibniz-
Gemeinschaft zu blicken.
Zunächst einmal bietet der eben sehr grob skizzierte Kulturwandel uns Aka-
demien die Chance, ihn aktiv mitzugestalten. Meint: ihm nicht nachzulaufen, son-
dern in der Montagehalle dieses Wandels dabei zu sein, um eine frühere Tübinger
Philosophieprofessorin zu zitieren.6 Wir können in den Akademien zeigen, wie
freie Forschung jenseits eines übertriebenen Projektismus funktioniert, wirkli-
che Forschung über Disziplinengrenzen hinaus betrieben wird, die sich nicht in
bloßer Interdisziplinaritäts-und Transdisziplinaritäts-Rhetorik erschöpft und nach
wie vor Interpretation mit Kritik sowie grundlagenorientierte mit anwendungs-
bezogener Forschung verbindet.7 Und wir könnten demonstrieren, wie man eine
Akademie auch im Blick auf das Akademienprogramm nicht als Holding verschie-
denster Projekte, sondern als kohärente Forschungseinrichtung mit kohärentem
Forschungsprogramm betreibt, an der verlässliche Karrierewege für Spitzenwis-
senschaftler insbesondere aus kleinen Fächern ermöglicht werden und so auch den
Universitäten zugutekommen.
Natürlich, das alles müsste ich jetzt noch an Beispielen belegen, im Vergleich
präzisieren und überhaupt weiter erläutern, aber mir scheint, dass ich am Ende
des Grußwortes zum Beleg einfach auf die Akademie verweisen darf, die ich mit
New York/Oxford 2018, 163-186 sowie Nils Roll-Hansen, A Historical Perspective on the Di-
stinction Between Basic and Applied Science, in: Journal for General Philosophy of Science/
Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie 48, 2017, 535-551.
6 So Staatssekretärin Prof. Dr. Sabine Döring am 19. März 2023 in einem Post auf „x" (früher
Twitter): „Das heißt, es geht zurück in die Montagehalle. Für mich persönlich bedeutet das,
dass ich mich einbringen kann".
7 Christoph Markschies, Wie messen wir Qualität in den Geisteswissenschaften?, in: Quali-
tätssicherung und Qualitätsförderung in der Universität [Gedenksymposium für Dr. Klaus
Kübel, 9./10. Juli 2009, Jena], hg. v. Klaus Dicke, Lichtgedanken. Jenaer Universitätsschriften
1, Weimar 2012, 62-76.
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Ich muss vermutlich nicht eigens festhalten, meine sehr verehrten Damen
und Herren, dass dieser Kultuiwandel weder einfach zu skizzieren noch leicht zu
bewerten ist; ich halte für heute Vormittag vielmehr ebenso knapp wie salomo-
nisch fest, dass der Kulturwandel so ambivalent ist wie viele gegenwärtige Verän-
derungen und gestaltet werden will. Man müsste ihn auch eigentlich noch präzise
von den Verhältnissen in anderen Ländern abgrenzen, denn viele Details des Kul-
turwandels verdanken sich natürlich der immer stärkeren Internationalisierung
der deutschen Wissenschaftslandschaft - oder vorsichtiger: unserer Art, Elemente
ausländischer Systeme zu rezipieren. Mich interessiert, nachdem ich meine Beob-
achtungen durch Anspielung auf die Kolleginnen und Kollegen Sachse, Schauz,
Schüttpelz und Strohschneider, wie angekündigt, wenigstens kurz vertieft habe,
nun noch, was diese Beobachtung für die Gemeinschaft der Akademien und je-
de einzelne Akademie in der Gemeinschaft bedeutet, wobei leider die Zeit fehlt,
zum Vergleich beispielsweise auf die Max-Planck-Gesellschaft oder die Leibniz-
Gemeinschaft zu blicken.
Zunächst einmal bietet der eben sehr grob skizzierte Kulturwandel uns Aka-
demien die Chance, ihn aktiv mitzugestalten. Meint: ihm nicht nachzulaufen, son-
dern in der Montagehalle dieses Wandels dabei zu sein, um eine frühere Tübinger
Philosophieprofessorin zu zitieren.6 Wir können in den Akademien zeigen, wie
freie Forschung jenseits eines übertriebenen Projektismus funktioniert, wirkli-
che Forschung über Disziplinengrenzen hinaus betrieben wird, die sich nicht in
bloßer Interdisziplinaritäts-und Transdisziplinaritäts-Rhetorik erschöpft und nach
wie vor Interpretation mit Kritik sowie grundlagenorientierte mit anwendungs-
bezogener Forschung verbindet.7 Und wir könnten demonstrieren, wie man eine
Akademie auch im Blick auf das Akademienprogramm nicht als Holding verschie-
denster Projekte, sondern als kohärente Forschungseinrichtung mit kohärentem
Forschungsprogramm betreibt, an der verlässliche Karrierewege für Spitzenwis-
senschaftler insbesondere aus kleinen Fächern ermöglicht werden und so auch den
Universitäten zugutekommen.
Natürlich, das alles müsste ich jetzt noch an Beispielen belegen, im Vergleich
präzisieren und überhaupt weiter erläutern, aber mir scheint, dass ich am Ende
des Grußwortes zum Beleg einfach auf die Akademie verweisen darf, die ich mit
New York/Oxford 2018, 163-186 sowie Nils Roll-Hansen, A Historical Perspective on the Di-
stinction Between Basic and Applied Science, in: Journal for General Philosophy of Science/
Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie 48, 2017, 535-551.
6 So Staatssekretärin Prof. Dr. Sabine Döring am 19. März 2023 in einem Post auf „x" (früher
Twitter): „Das heißt, es geht zurück in die Montagehalle. Für mich persönlich bedeutet das,
dass ich mich einbringen kann".
7 Christoph Markschies, Wie messen wir Qualität in den Geisteswissenschaften?, in: Quali-
tätssicherung und Qualitätsförderung in der Universität [Gedenksymposium für Dr. Klaus
Kübel, 9./10. Juli 2009, Jena], hg. v. Klaus Dicke, Lichtgedanken. Jenaer Universitätsschriften
1, Weimar 2012, 62-76.
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